Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
gemocht!
Sich so geirrt zu haben, so blind gewesen zu sein, brachte einen fundamentalen Zweifel an seiner ganzen Empathiefähigkeit mit sich. Aber da war wirklich nichts gewesen, nicht der geringste Hinweis.
Zwei Kaninchen hatten Spaß miteinander, ein großer alter Rammler und ein verspieltes Weibchen. Er erledigte den Rammler zuerst und kochte dann das Gehirn des Weibchens, während sie noch verwirrt und erschrocken zitterte.
Fünfzehn geschafft, noch tausend Glücksbringer unerledigt.
Ranasfari war enorm aufgebracht gewesen. Schockiert, daß ein Launde-Mitschüler seinem alten Mentor so etwas hatte antun können. Hatte seine Trauer hinter einer dünnen Schicht Schroffheit versteckt und sich darüber beunruhigt gezeigt, daß in der Vergangenheit keine Alternativen erkennbar gewesen waren. Das paßte nicht zu den Theorien. Gabriel hatte ihn nach Hause gebracht, dieses eine Mal selbst still und mitfühlend.
Die Vorstellung von alternativen Universen hatte Greg für einen kurzen Augenblick Hoffnung gemacht. Mal angenommen, die ungeschulte Eleanor war bei ihrer ersten Einnahme eines Neurohormons auf Abwege geraten und über eine dieser Zeitlinien gestolpert, auf der Hitlers Enkel aus einer glänzenden Metropole Berlin heraus die Welt regierten und wo ihr Nicholas Beswick nachweisbar verrückt war. Das hätte Greg die Hintertür geboten, die er brauchte, hätte bedeutet, daß er den Jungen auch weiterhin sympathisch finden konnte.
Aber hier wie in allen Fällen blieb das Messer zu berücksichtigen. Hier in der realen Zeit, der realen Geschichte. Und so viele Details am Rand, der Zeitpunkt des Duschens, Isabel, eine mögliche Komplizenschaft mit dem Unternehmen Randon, die Unglaubhaftigkeit einer Teksöldner-Aktion.
Nur durch eigene Begriffsstutzigkeit hatte Greg es nicht geschafft, den Psychopathen zu erkennen. Und aufgrund der Intuition. Er konnte es nicht gewesen sein, doch nicht dieser Junge!
Er rammte das Gewehr auf Schnellfeuermodus und schickte eine ganze Salve Laserimpulse in das hohe Gras. Kaninchen kippten um, und kleine orangene Flammenzungen stiegen aus dem toten Unterholz auf. Der ganze Bau ergriff die Flucht und hoppelte durchs Gras. Fast der halbe Erdboden schien in Bewegung zu sein.
Verdammte vegetarische Nagetiere!
»Greg.«
Das war Eleanors Stimme.
Er zupfte sich das Monokel der Zielerfassung vom Gesicht, und ein Ring Haut ums Auge kribbelte, als sich das Gerät löste. Greg hatte sich auf den hölzernen Lattenzaun gelehnt, der das Gehölz umgab, und bemerkte jetzt, daß feuchte Algen auf den Vorderseiten von Jeans und Sweatshirt verschmiert waren. Er unternahm einen halbherzigen Versuch, sie abzuwischen, während er das Gewehr in einer Hand hielt.
Drei Personen begleiteten Eleanor, kamen vom Hof vor dem Haus zu ihm herüber. Ein Paar in den mittleren Jahren und ein kleines Mädchen. Das Gesicht der Frau war stark abgehärmt, sonnengebräunt und faltig; durch das lockige braune Haar zogen sich hellere Strähnen, noch nicht grau, aber schon an der Grenze. Das knöchellange Kleid war graubraun, ein jahrzehntealtes Sonntagskleid, schick, aber schon leicht verblaßt, und Saum und Ausschnitt fransten aus. Ihr Mann – sie waren so eindeutig verheiratet – war so groß wie Greg, aber schmaler, Arme und Beine geschmeidig, die Arbeitshände mit blauen Adern überzogen. Er trug einen Anzug, die Hose mit einer Vielzahl von Bügelfalten, die sich niemals entlang derselben Linie knicken konnten, das graue Hemd am Hals offen, darunter ein V aus gebräunter Haut. Die Farbe des allmählich dünner werdenden rotblonden Haares war Greg unangenehm vertraut. Greg spürte, wie die heftige Wut über die Kaninchen aus ihm heraussickerte und eine dunkle Leere in ihm zurückließ.
Eleanor bedachte ihn mit einem gefühlvollen Blick, hatte die Hände vor sich verschränkt und knetete aufgeregt an den Fingern. »Greg, das sind Derek und Maria Beswick.« Sie lächelte das Mädchen zögernd an. »Und Emma, nicht wahr?«
Das Mädchen nickte schüchtern, machte große Augen und starrte besorgt auf das Jagdgewehr. Sie war etwa dreizehn und hielt sich an der Hand der Mutter fest. Kein hübsches Mädchen und auch nicht dazu bestimmt, eines zu werden, fand Greg; die Wangen wirkten zu plump, und das Fettgewebe unter dem schlaffen Kinn gab bereits nach. Bluse und Rock schienen handgefertigt, mit grünem und blauem Aufdruck und großzügig geschnitten.
Zu den Anfängen von Mindstar hatten Spezialisten und Generäle davon
Weitere Kostenlose Bücher