Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
ihm. Er blickte mit flehendem Gesicht zu ihnen auf. »Ich war es nicht.«
»Gibt es einen Beweis, einen soliden Beweis, meine ich?« fragte Langley. »Finden wir etwas an den Kleidern, die er anhatte?«
»Ich kann Ihnen noch was Besseres geben«, antwortete Greg. »Ich kann Ihnen zeigen, wo er das Messer versteckt hat.«
»Ich habe es nicht getan!« Wieso wollte ihm einfach niemand zuhören?
»Es ist unten in der Küche«, sagte Greg.
»Wir haben die Küche durchsucht!« erwiderte Amanda entrüstet.
»Nicht ganz.«
»Sie beide …« Langley gab seinen Kollegen ein Zeichen. »… nehmen ihn mit und behalten ihn im Auge. Ich habe keinen Bedarf an plötzlichen Spurts durch den Park.«
»Ich bleibe hier«, sagte Eleanor mit zittriger Stimme.
»Ich auch«, sagte Gabriel.
»Okay.« Greg tätschelte Eleanor die Schulter. »Ich komme gleich wieder.«
Sie nickte matt und schlang die Arme um sich, als fröre sie.
Nicholas spürte Jon Nevins Hand auf dem Unterarm. Er protestierte nicht. Seine seltsam bleiernen Glieder brauchten jede Hilfe, die sie kriegen konnten, um vom Stuhl hochzukommen. Gabriel hatte sich neben Eleanor gesetzt; die beiden steckten die Köpfe zusammen und murmelten leise.
In der Küche ging Greg schnurstracks zu dem eisernen Herd hinüber. »Es ist da drin.« Er deutete auf den Bettwärmer aus Kupfer, der an der Wand hing. »Er hat es versteckt, während er die Schürze verbrannte.«
»Nicht anfassen«, sagte Denzil. Er und Nicolette räumten den Küchentisch frei und bedeckten ihn mit einer breiten Polyäthylenplane. Sie zogen dünne gelbe Handschuhe an und hoben den Bettwärmer vorsichtig vom Haken. Die drei Detectives drängten sich um Denzil, als er den Behälter öffnete; Nicholas konnte nichts erkennen.
Langley drehte sich um und bemühte sich, einen Ausdruck des Abscheus zu unterdrücken. »Nicholas Beswick, ich verhafte Sie wegen Verdachts des Mordes an Edward Kitchener.«
»Nein!«
Ein langes Messer steckte im Bettwärmer, die Klinge am Heft abgebrochen, damit es in den angelaufenen Kupferbehälter paßte. Der Griff rollte am Boden hin und her. Beide waren schwarz verklebt vor lauter getrocknetem Blut.
»Sie brauchen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts zu sagen, aber wenn Sie es doch tun, wird alles festgehalten und kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden.«
Man zerrte ihm die Hände auf den Rücken. Ringe aus kaltem Metall schlossen sich um die Handgelenke. Die Schlösser klickten.
»Ich habe es nicht getan.«
Sie waren taub, hörten nichts von dem, was er sagte. Und sie verabscheuten ihn. Er hatte so was noch nie erlebt. Menschen nahmen ihn nur so selten überhaupt zur Kenntnis. In den ersten Tagen nach dem Mord hatte ihn die Polizei von Oakham mit leicht verwirrter Nachsicht behandelt, als wäre er irgendein exotisches Tier, von dem sie nicht wußten, wie sie es richtig füttern mußten.
Aber nachdem Nevin ihn von der Abtei zurückgebracht hatte, wurde es anders. Die Nachricht war ihnen vorausgeeilt. Beamte, die nicht im Dienst waren, standen unter den Türen, als er durch die Flure der Wache zu seiner Zelle geführt wurde. Er schreckte vor ihren Blicken zurück, dem nackten Abscheu, rechnete schon damit, angegriffen und verprügelt zu werden. Aber es kam zu keinen Übergriffen. Die Handschellen saßen allerdings eng, und die Hände schwollen immer mehr an, bis er glaubte, sie würden ihm platzen. Man nahm ihm die Handschellen eine Ewigkeit lang nicht ab, bis lange, nachdem die Finger schon taub geworden waren, während die Beamten die erkennungsdienstliche Behandlung in die Länge zogen.
Er konnte nur einen kurzen Blick auf Isabel werfen, in dem Augenblick, als er in seine Zelle gebracht wurde. Nevin nahm ihm auf dem Flur davor endlich die Handschellen ab; in diesem Augenblick tauchte sie aus der Zelle auf, in der sie geschlafen hatte. Nicholas rief Isabels Namen, und sie drehte sich um. Da sah er, daß sie das gleiche Gesicht machte wie alle anderen.
»Ich habe es nicht getan.«
Sie legte den Kopf auf die Seite, leicht verblüfft, der Welt nahezu entrückt, wie bei Gelegenheiten, wo er ihr zugesehen hatte, wie sie eine schwierige Gleichung löste. Sie gab nicht zu erkennen, daß sie ihn überhaupt wiedererkannte.
»Bitte, Isabel, ich war es nicht.«
Sie schob die Unterlippe vor, als wäre das alles völlig bedeutungslos und trivial. Sie war immer noch wunderschön.
Nicholas erhielt einen Stoß zwischen die Schulterblätter und stolperte in die Zelle, wobei ihm
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