Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
selbst befaßte sich mit harten Fakten; das war alles, worauf er sich verstand.
»Ich habe es nicht getan«, sagte er. »Also war es jemand anderes. Diese andere Person hat mich auch belastet. Und sie hat es auf spektakulär clevere Art getan. Sie hat sogar mir selbst Zweifel eingeflößt. Um also meine Unschuld zu beweisen, müssen wir sie finden.«
Er wußte, daß Lisa Collier ihn für verrückt hielt. Stimmungsschwankungen zwischen einem zurückgebliebenen Kind und einem übergenauen Cyborg. Wer hätte anders von ihm gedacht? Es bedeutete aber nichts, weil sie ihn ohnehin niemals aus eigener Kraft herauspauken konnte. Aber sie war Anwältin; sie mußte sich an die Regeln halten.
»Ja, Nicholas«, sagte sie. »Aber wie möchten Sie sie finden?«
»Ich selbst gar nicht. Dazu bin ich nicht gut genug, wie ich zugeben muß. Wir brauchen einen professionellen Detektiv.«
»Wen?«
»Den besten.« Es war so einfach; raffiniert, vielleicht sogar hinterhältig, aber praktisch. Und das letzte, was er sich jetzt noch leisten konnte, waren Skrupel. In seinem Hinterkopf nickte die Mähne von Edward Kitchener beifällig. Er freute sich über dessen Billigung. Nicholas Beswick, der endlich menschlichen Gefühlen auf die Schliche kam, dem, was in den Menschen vorging. Wie war es zur Abwechslung damit? »Und ich weiß auch, wie wir ihn kriegen.« Er grinste Lisa Collier begeistert an und deutete auf ihr Cybofax. »Darf ich jemanden anrufen?«
Kapitel siebzehn
Da war sie, eine Sichel aus graubraunem Fell, teilweise von den hohen Grasspitzen am Rand des Orangenhains bedeckt. Das Bild dominierte Gregs Sehnerven, eingespeist von der Zielerfassung seines Heckler-&-Koch-Jagdgewehres. Ein Fächer aus fast unsichtbarem rosa Laserlicht fuhr von links nach rechts durchs Blickfeld und produzierte winzige Funken, wo er die noch an den Gräsern hängenden Tautropfen erfaßte. In seinem Kielwasser tauchte ein Gitter aus rotem Neonlicht auf. Das Auflöseprogramm schaltete sich ein, analysierte die Gestalt hinter dem Grasbüschel anhand der spärlichen Laserreflexion, und schon faltete sich das Gitter zusammen und schweißte das Kaninchen ein. Comicblaue Zielkreise tauchten auf, und Greg verlagerte das Gewehr ein wenig, den Finger am Abzug.
Der infrarote Laserimpuls bohrte sich direkt durch den Schädel des Karnickels. Eine winzige Fahne aus blauem Rauch kräuselte sich von dem fünf Millimeter durchmessenden Ring aus versengtem Fell empor. Das Tier kippte einfach zur Seite und machte keinen Mucks mehr.
Ich hoffe, es hat richtig weh getan, du pelzverkleidete verfluchte Heuschrecke!
Eleanor hatte in den letzten paar Nächten nicht viel geschlafen. Sie hatte zusammengekuschelt in seinen Armen gelegen, und gelegentlich schimmerte das Mondlicht auf ihrem ruhigen Gesicht. Sie war bislang nicht bereit, über ihre Angst zu sprechen, also blieb er selbst friedlich und duldete es, daß sie sich an ihn klammerte und sich dadurch den Trost verschaffte, den sie brauchte.
Selbst er, abgehärtet durch seine Erfahrungen in der Türkei und die Neigung zu mörderischer Wut, die einige Squaddies unvermeidlicherweise gezeigt hatten, fand es schwierig, die Lästerung wieder abzuschütteln, die Nicholas Beswick begangen hatte.
Ein Kaninchen hockte am Fuß eines Apfelsinenschößlings auf den Hinterläufen und schnupperte mit der feuchten Nase in der Luft, wobei die Schnurrhaare heftig zitterten. Dank der Vergrößerung durch das Zielrohr durchmaß das melancholische glänzende Auge dreißig Zentimeter. Der Laserstrahl spießte das beschissene kleine Ungeziefer direkt durch die Pupille auf.
Wie es möglich gewesen war, daß die außersinnliche Wahrnehmung einen so abscheulichen Mahlstrom aus Wahnsinn in den ungebärdigen Gedanken des Jungen übersah, konnte Greg einfach nicht begreifen. Mit dem, was in Köpfen los war, kannte er sich schließlich aus, vom Traurigen und Jämmerlichen bis hin zum gefährlichsten, grübelnden Psychotiker. So was stellte er sofort fest. Der Blick in Liam Burskens Bewußtsein war eine abscheuliche Erfahrung gewesen – niemals hatte er Gemeinsamkeiten mit einer so verrückten Persönlichkeit gehabt, und er konnte sie auch niemals haben. Aber Nicholas Beswick, er war so einnehmend gewesen mit seiner Schüchternheit und Unbesonnenheit, eine heitere Erinnerung an Gregs eigene Jugendfehler, eine Verstärkung all der Sorgen und Leidenschaften, die für diese Altersgruppe so wunderbar typisch waren.
Ich habe ihn
Weitere Kostenlose Bücher