Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
den Eindruck, als wollte sie gleich protestieren, aber Derek packte sie an der Hand und drückte sie warnend.
»Wo wohnen Sie?« fragte Eleanor.
»Ich muß wieder nach Hause«, antwortete Derek. »Wegen der Schafe und allem. Maria hat allerdings ein Zimmer in einer Frühstückspension an der Northgate Street, nicht weit von der Polizeiwache.«
»Okay, wir melden uns wieder.«
»Weshalb hast du ihnen das nur gesagt? Ich kann einfach nicht glauben, daß du das gesagt hast!«
»Beruhige dich«, entgegnete Eleanor.
»Mich beruhigen? Dieser Junge ist ein psychopathischer Mörder, und du sagst seinen Eltern, wir würden ihn rauspauken?«
»Du bist doch gar nicht dieser Meinung.«
»Welcher Meinung bin ich nicht?«
»Daß er es getan hat«, erklärte sie geduldig.
»Scheiße, ich hab’ gesehen, wie er es getan hat! Und du auch!«
»So habe ich es nicht gesagt, Gregory. Ich sagte, du bist nicht der Meinung, daß er es getan hat.«
»Ich …« Er bedeckte das Gesicht mit den Händen und massierte sich die Schläfen. Sie hatte recht. Eleanor hatte immer so entsetzlich recht, besonders im Hinblick auf das, was in ihm vorging.
Verdammt unfair war das!
Er lächelte sie vorwurfsvoll an. »Wie machst du das?«
»Ich hatte einen guten Lehrer.«
»Was sind das für unklare Punkte, von denen du gesprochen hast?«
»Die Tatsache, daß deine außersinnliche Wahrnehmung kein Schuldgefühl bei ihm festgestellt hat.«
»Psi ist nicht perfekt«, erklärte er mechanisch.
Eleanor sah ihn einfach nur an.
»Yeah, in Ordnung. Ich könnte einfach nichts übersehen, das so offensichtlich ist. Aber wir haben gesehen, wie er es getan hat.«
»Wir, oder eher ich, hatten eine Vision, daß er es tat. Mehr nicht.«
»Eine Vision, für die auch das aufgefundene Messer spricht, komplett mit Fingerabdrücken.«
»Falls jemand Nicholas vorsätzlich belastet hat, dann hat er natürlich auch materielle Beweise plaziert, um die Vision zu bekräftigen.«
»Und wie kam es, daß du die Vision hattest, wenn es nicht die tatsächlichen Ereignisse waren?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht jemand mit einer Psifähigkeit, die solche Bilder real erscheinen läßt? Ein Künstler, der Phantasieszenen erschafft? Sag du es mir. Du bist der Experte.«
»Ich habe damals bei Mindstar nie etwas von einer Psifähigkeit gehört, die auch nur ansatzweise so was könnte, nicht einmal gerüchteweise. Am nächsten käme ihr noch Eidolonik, das Arbeiten mit Trugbildern, aber kein Eidopath könnte ein solches Bild hervorbringen.«
»Bis letzten Mittwoch hattest du auch noch nie etwas von einem retrospektiven Neurohormon gehört.«
»Nein, Eleanor. Ich glaube einfach nicht daran. Es ist zu kompliziert. Der Mörder hat versucht, jede Spur von dem retrospektiven Neurohormon zu beseitigen, erinnerst du dich? Er wollte nicht, daß irgend jemand es einnimmt. Deshalb hat er auch auf keinen Fall ständig einen Übersinnlichen bereitgehalten, nur für den Fall, daß wir das Zeug einnehmen und mal nachsehen, was in jener Nacht geschehen ist. Obendrein hätte ich es gespürt, wenn ein weiterer Übersinnlicher auf Launde tätig geworden wäre, und vergiß auch nicht, daß Nicholas dich gesehen hat. Das gibt den Ausschlag. Er bestätigt tatsächlich, daß du in der Zeit zurückgegangen bist und Zeugin des Mordes wurdest. Und jedes Ereignis, das wir in der fraglichen Nacht beobachtet haben, paßt zu den Aussagen der Studenten.«
»Alles außer dem Mord.«
»Falls alles andere paßt, wieso sollte dann für den Mord etwas anderes gelten?«
»Du denkst also wirklich, daß Nicholas Kitchener umgebracht hat?«
Greg dachte darüber nach, über all die Zweifel und die ganze innere Spannung, die ihn in den letzten Tagen geplagt hatten. Die Intuition war die Ursache, stark genug, um wider den Stachel aller Logik zu locken, wie ein Ausschlag, der sich an seinen Synapsen ausbreitete, eine juckende Stelle, an der er sich einfach nicht kratzen konnte. Alles lief letztlich auf die Frage hinaus: Glaubte er an die eigene Fähigkeit? An sich? »O Scheiße!« Er holte Luft. »Nein, ich denke nicht, daß Nicholas es getan hat. Ich weiß, daß er es nicht getan hat. Aber wie der wirkliche Mörder diese Nummer mit ihm und dem Messer durchgezogen hat …«
»Komm schon, Greg, vergiß die Einzelheiten, und fang an zu denken. Vorausgesetzt, du hast recht und Nicholas ist unschuldig, was unternehmen wir dann als nächstes?«
»Wir beweisen, daß man ihm die Sache angehängt hat. Und
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