Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Morast auf, vermischt mit dem von Salzwasser.
Stephen Marano, der technische Leiter des Projekts, trabte herbei, um sie zu begrüßen. Er war Mitte Vierzig und steckte in einem hellgrauen Anzug, der ihm nicht richtig paßte. Er war die perfekte Wahl, um die Arbeitsmannschaften zu kommandieren, aber völlig überfordert mit der Aufgabe, Julia anzusprechen. Sein Lächeln war mal da, mal nicht, Wörter blieben ihm im Hals stecken, und er schien betroffen von ihrer gotischen Aufmachung.
Am liebsten hätte sie ihm erklärt, er bräuchte nichts zu sagen, um seine Qualen etwas zu erleichtern, aber er hätte das nur als Zurechtweisung empfunden. So erlaubte sie ihm, sich weiter abzustrampeln und sie dem fünfzehnköpfigen Managementteam aus Architekten und Bauingenieuren vorzustellen. Eine ausgedehnte Übung in Langeweile und Unbehagen.
Drei Fernsehkameras verfolgten das Geschehen aus der Distanz. Sie erkannte eines der Teams am Globecast-Emblem auf ihren Jacken. Nach der Vorstellung strömten alle eine lange Rampe zum Grund der Ausgrabung hinunter. Julia stellte fest, daß sie sich wirklich unterhalb des Schlamms draußen befanden. Gelbe Großbagger parkten auf dem schwarzen Torf, und ihre Besatzungen hatten ringsherum Aufstellung bezogen. Sie pfiffen und jubelten, als Julia vorbeiging. Buhrufe konnte sie nicht heraushören, aber ihr folgten viele anzügliche Pfiffe. Stephen Marano zuckte jedesmal zusammen.
Der Boden war naß; glücklicherweise endete Julias Kleid fünf Zentimeter über dem Matsch, aber ihre Stiefel wurden reichlich vollgespritzt.
Der ganze Platz war kreuz und quer von Entwässerungsgräben durchzogen, und die Pumpen surrten lautstark im Hintergrund.
Die Gruppe blieb an einem mit Holz ausgekleideten, rechteckigen Loch unweit der schroff aufragenden Buhne stehen. Ein großer Betonmischlaster stand daneben und hörte auf zu rumpeln, als der Bedienungsmann einen Schalter an der Seite drückte.
Einer der Manager reichte Julia ein Mikrophon.
Zugriff auf Ansprache zur Grundsteinlegung.
Sie räusperte sich, und das Geräusch kaum lautstark von den Buhnen ringsherum zurück. Die Kameraleute konzentrierten sich auf sie. Rachel und Ben hatten unauffällig zu beiden Seiten Position bezogen und bewegten die Köpfe hin und her, während sie die versammelte Mannschaft musterten.
»Ich denke nicht, daß Sie eine lange Ansprache hören möchten«, sagte Julia und fühlte sich auf einmal sehr befangen, was ihren Pensionatsakzent anging. »Und Sie werden auch keine bekommen, nicht, solange Sie meine Zeit beanspruchen.« Sie sah, wie unter den bunten Schutzhelmen gelächelt wurde. »Ich möchte Ihnen einfach nur sagen, daß ungeachtet der ganzen Aufmerksamkeit, die das Raumfahrtprogramm des Unternehmens durch die Medien erfährt, ihr Leute hier draußen, die ihr euch durch den Schlamm kämpft, genauso wichtig seid. Der Weltraum ist nicht die einzige Richtung, in der die Zukunft liegt. Hier draußen haben wir ein gewaltiges Ödland, das jeder verachtet und verabscheut, während drüben am Ufer zu viele Menschen zu dicht beieinander hausen. Dieser Turm, zu dem wir heute das Fundament legen, wird eine Führungsrolle dabei spielen, einen Teil des Drucks zu mildern, der aus der Überbevölkerung resultiert, und der Belastung, die die Industrie für den Grüngürtel darstellt. Boden entwickelt sich zu einer sehr kostbaren Ressource, und ich bin sehr stolz auf dieses Beispiel von Event Horizon dafür, daß Expansion möglich ist, ohne die Umwelt zu schädigen. Bei der wilden Hatz, unsere Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, dürfen wir niemals die Gründe für die Erwärmung vergessen. Wir können es uns nicht leisten, die schmerzlichen Lektionen der Vergangenheit zu ignorieren, wenn wir vermeiden wollen, unsere grotesken Fehler in der Zukunft zu wiederholen.«
Ansprache zur Grundsteinlegung beenden.
Sie gab das Mikrophon zurück, während die Managergruppe lautstark applaudierte.
»Hier entlang, Miss Evans«, sagte Stephen Marano. Er deutete auf den Betonmischer.
Der Bedienungsmann war ein stämmiger Kerl in gelbem T-Shirt, einer dreckigen Jeans und orangefarbenem Schutzhelm. Er grinste breit und deutete auf die kleine Steuerungstafel an der Rückseite des Lasters. Fünf chromumringte Schalter lagen in der Mitte der Tafel übereinander. Der grüne Schalter war mit einem neuen Aufkleber versehen, auf dem stand: HIER DRÜCKEN.
»Nicht mal ich kann da noch etwas falsch machen«, erklärte Julia dem Mann. Himmel, was
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