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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Flugzeugrumpf wegsackte. Es konnte unmöglich eine der »spontanen« Demonstrationen gewesen sein, die sich die PR-Abteilung in einem fort ausdachte. Dort hätten sie sich auf etwas viel Ausgeklügelteres geeinigt. Die schiere Unbeholfenheit hatte es so unglaublich anrührend gemacht.
    Sie hatte Caroline Rothman den Strauß gegeben, sobald sie wieder in der Schwenkdüsenmaschine waren. »Stellen Sie ihn ins Wasser. Und ich möchte ihn heute abend auf dem Tisch im Eßzimmer sehen.« Ein Ehrenplatz.
    Sie wurde das Bild von Lewis Walker nicht mehr los, wie seine Kameraden ihn foppten und ihm auf den Rücken schlugen, als er zu ihnen zurückkehrte. Und sie kehrte zur Dornier zurück, in ihre Welt.
    Dieser arme, arme Junge; jemand, der so verloren aussah, hatte etwas absolut Unwiderstehliches an sich. Und sein T-Shirt hatte eng genug gesessen, um einen harten flachen Bauch zu zeigen. Echte Muskeln, nicht Patricks Designerfitneß aus dem Studio.
    Julia erlaubte sich exakt ein einzelnes lüsternes Grinsen.
    Es durfte nicht sein, nicht mit Lewis Walker, aber Phantasien waren dazu da, um sie zu genießen.
    Komisch, wie unterschiedlich sie beide waren, und doch trennten sie nur ein paar Jahre. Er mit seinem Stottern, begeistert und erschrocken zugleich darüber, ins Rampenlicht gestoßen zu werden, während sie spielend und wie ein Automat alle öffentlichen Auftritte absolvierte, gelangweilt und voller Widerwillen.
    Sie konnte ihn aus der Ferne im Auge behalten, um sicherzustellen, daß es ihm gutging, wie eine moderne gute Fee, die dafür sorgte, daß sich ihm günstige Gelegenheiten eröffneten. Event Horizon betrieb Dutzende von Stipendienprogrammen für Arbeiter, die vorankommen wollten. Und Julia saß im Vorstand von zwei Wohltätigkeitsvereinen, die Weiterbildung förderten.
    Natürlich würde er es nicht wagen abzulehnen, wenn ihm ein Platz angeboten wurde. Niemand im Konzern schlug jemals Julias Geschenke aus. Sie sah wieder vor sich, wie das Managementteam der Baustelle gewissenhaft klatschte – gehorsam. Aber wäre Lewis glücklich darüber, wenn man ihn aus dem herausriß, was er jetzt tat, und ihn auf Abendschulen und in polytechnische Ausbildungskurse schickte?
    Sollte ich mich einmischen?
    Darauf lief es letztlich hinaus.
    Nein. Die einzig mögliche Antwort. Nicht unaufgefordert. Nicht in das Leben einzelner Menschen. Die Leute mußten für sich selbst Verantwortung tragen.
    Sie schaltete das Telefon ein und rief bei Horace Jepson an. Onkel Horace, obwohl er kein echter Onkel war, sondern nur ein Freund ihres Großvaters, jetzt auch ihr Freund. Ein unerschütterlicher Fels der Unterstützung, als sie Event Horizon übernahm. Und er war Vorsitzender von Globecast, dem größten Satelliten-Fernsehsender der Welt.
    Sein rotbackiges Gesicht erschien auf dem Flachbildschirm am Schott. Er war Anfang Sechzig, hatte aber durch kosmetische Chirurgie die Entropie umgekehrt und sich in die späten Vierziger zurückversetzen lassen. Ziemlich pummelige späte Vierzig, fand Julia mißbilligend.
    »Julia! Wie geht es meiner Lieblingsmilliardärin?«
    »Ich mache unverdrossen weiter, Onkel Horace.«
    »Du machst nicht den Einruck, als würdest du dich plagen. Sie siehst hinreißend aus. Verdammt, du bist wirklich hübsch geworden. Ich wünschte, ich wäre zwanzig Jahre jünger.«
    Sie zeigte ihren unschuldigsten Ausdruck und klimperte mit den Wimpern. »Onkel Horace, wie kannst du dir nur wünschen, wieder sechzig zu sein?«
    »Julia!« Er wirkte geknickt.
    »Hast du wieder deine Diät vernachlässigt?« fragte sie streng.
    »Klasse! Drei Wochen lang höre ich kein Wort von ihr, und dann ruft sie nur an, um zu nörgeln.«
    »Du hast also. Na ja, Schluß damit. Du weißt, was dein Arzt gesagt hat. Du solltest das Büro verlassen und lieber das Fitneß-Studio des Vorstands aufsuchen.«
    »Klar doch, Julia. Ich fange morgen an.«
    Sie saugte an der Unterlippe, Ausdruck einer Verlegenheit, die nicht nur gespielt war. »Onkel Horace?«
    »O mein Gott! Wieviel wird mich das kosten?«
    »Nichts. Ähm, du mußt mir einen Gefallen tun.«
    »Du schuldest mir fünfzehn.«
    »Können wir auf sechzehn gehen?«
    Er verdrehte dramatisch die Augen. »Du möchtest doch nicht noch einen Schauspieler kennenlernen, oder? Einige meiner Gäste reden seit dieser Party immer noch nicht wieder mit mir.«
    Sie spürte ein warmes Kribbeln in den Wangen, als sie daran zurückdachte.
    Sie war überzeugt, daß sie nicht ganz so beschwipst gewesen war, wie

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