Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Orakel, einer passiven Präsenz, die jeden ihrer Kampfeinsätze mit der cleversten Aufklärung unterstützte, die in allen Speicherkernen der Stadt und darüber hinaus die Positionen und die Stärke der Schwarzhemden ermittelte und den Gegner angreifbar machte, wo immer er sich versteckte.
WAR TANZEN, SURFEN, RADFAHREN. DAS ÜBLICHE.
»Ich hab’ dir die hier mitgebracht«, sagte Eleanor und zog den Umschlag mit dem Samen aus der Jeanstasche. »Es sind Orchideen, Ludisia discolor, sie haben rote Blätter und eine weiße Blüte. Ich denke, sie werden dir gefallen.«
Sein Mund ging auf und zeigte ein paar vorstehende gelbe Zähne. DANKE DANKE DANKE.
Qoi trat vor und nahm Eleanor den Umschlag ab, wobei sie sich leicht verbeugte. Greg brachte Royan immer allerlei Krimskrams mit, aber Eleanor zog Ableger oder Samen vor. Royan gab sich viel Mühe mit seinem kleinen Garten; nirgendwo war eine kranke Pflanze zu sehen. Nachdem Qoi in der Küche verschwunden war, duckte sich Eleanor unter einer Blumenampel mit rosa Begonien hindurch und setzte sich auf einen schlichten Admiralsstuhl aus Eiche.
KAFFEE???
»Bitte.« Das war Teil des Besuchsrituals.
Einer der Roboter kam herangerollt, eine Kanne Kaffee auf dem flachen Kopf. Eleanor goß sich eine Tasse ein. Er schmeckte perfekt.
DU SIEHST MÜDE AUS.
»Ich habe viel gearbeitet.« Es klang abweisender, als sie gewollt hatte.
AUF DEM HOF?
»Nein. Das Detektivbüro Mandel wurde genötigt, wieder einen Fall zu übernehmen.«
JULIA JULIA JULIA. DAS MUSS ES SEIN. GREG WÜRDE ES FÜR NIEMANDEN SONST TUN.
»Du hast nachgesehen.«
NEIN. ICH KENNE EUCH ALLE ZU GUT. MEINE FREUNDE. ICH HABE JULIA HEUTE MORGEN IM FERNSEHEN GESEHEN. EINE MILLIARDÄRIN GIESST BETON, KOMISCH KOMISCH KOMISCH. ICH SEHE SIE JEDEN TAG, WEISST DU. KEIN PROGRAMM OHNE SIE.
»Ich weiß. Sie könnte noch ein Vermögen verdienen, wenn sie den Nachrichtensendern eine Gebühr für ihre Auftritte berechnen würde.«
SIE IST HÜBSCH HÜBSCH HÜBSCH, GENAU WIE DU. ICH HAB’ ECHT GLÜCK GLÜCK GLÜCK. DIE BEIDEN HÜBSCHESTEN MÄDCHEN IM LAND SIND MEINE FREUNDINNEN.
Eleanor nahm einen weiteren Schluck und stellte überrascht fest, daß sie sich entspannte. »Hast du nicht vor, mich zu fragen, warum ich hier bin?« fragte sie verschmitzt.
ICH KENNE DEN GRUND. ER MÖCHTE ETWAS, ALSO HAT ER DICH GESCHICKT. ER WEISS, DASS ICH EINE FÜRCHTERLICHE SCHWÄCHE FÜR HÜBSCHE MÄDCHEN HABE, UND RECHT HAT ER.
»Eigentlich mußten wir uns heute trennen. Es gibt zuviel zu tun.«
WAS IST DAS FÜR EIN FALL?
»Der Kitchener-Mord.« Sie machte sich daran, ihm die Daten vorzutragen, die sie gesammelt hatten. Soweit sie feststellen konnte, hörte er aufmerksam zu; jedenfalls verschwanden die etwas unheimlichen Buchstaben von den Bildschirmen, ein sicheres Zeichen seiner Konzentration. Dieser Besuch entwickelte sich gefühlsmäßig nicht so anstrengend, wie sie erwartet hatte. Der Trick bestand darin, Royans übriges Leben auszublenden, den täglichen Horror des Essens, Scheißens, Pinkelns, der Schmerzkrämpfe, die ihn alle paar Stunden schüttelten. So zu tun, als würde alles aufhören, wenn sie nicht da war, als würde er nichts anderes tun, als Besucher zu empfangen, die ihm Klatsch und Probleme erzählten, deren Lösung ihm eine gewisse Befriedigung verschaffte. Es war schwach, sogar feige von ihr, so zu denken, aber es war die einzige Möglichkeit, wie sie es durchstehen konnte. Sein Leid war eine Tragödie epischen Ausmaßes.
FALLS ES KEINER DER STUDENTEN WAR UND AUCH KEIN TEKSÖLDNER-ANSCHLAG, WER WER WER HAT ES DANN GETAN?
»Gute Frage. Ich behaupte nicht, daß definitiv kein Teksöldner beteiligt war, aber jedenfalls ist niemand mit dem Auto hingefahren oder ins Tal geflogen. Natürlich schließen wir nicht aus, daß jemand zu Fuß hingegangen ist, aber Greg hält das nicht für wahrscheinlich.«
WENN ER SAGT, DASS ES NICHT SO WAR, DANN WAR ES DAS AUCH NICHT NICHT NICHT.
»Er sagt, er wäre sich nicht sicher.«
Sein schiefes Lächeln zeigte sich wieder. WAS DENKST DU???
»Ich halte es für unmöglich, daß irgend jemand am fraglichen Abend ins Chatertal hinein- und später wieder hinausgewandert ist. Selbst gestern war es noch schwierig genug, mit unserem EMC Ranger hinzukommen. Launde Abbey liegt sehr abgeschieden.«
ICH GLAUBE DIR. WAS SOLL ICH FÜR DICH TUN?
Sie stellte die leere Kaffeetasse weg und hielt ihr Cybofax hoch. »Ich habe eine schematische Darstellung des Sicherheitssystems der Abtei
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