Mindstar 03 - Die Nano-Blume
an die Arbeit, sagte NN-Kern zwei. Victor hat angerufen, während du mit Michael Harcourt gesprochen hast. Er hat den Raumgleiter und die Nutzlasthalle gefunden, wo Kiley geborgen wurde. Ich nehme gerade Zugriff auf die Speicherkerne.
Schön. Die Fuchsien auf der Veranda schwankten im leichten Wind; sie waren vollkommen schön, etwas, was Gottes persönlicher Origamikünstler gefaltet hatte. Etliche Bienen hatten sie gefunden und krochen in den Halskrausen der Blüten herum. Julia sah ihnen zu, während sie auf die Ergebnisse der Speicherabfragen wartete, und dachte dabei an andere Blumen auf dem Felsvorsprung hinter dem Bungalow zurück. Auch sie waren künstlich, zwar nicht genmanipuliert, aber dort systematisch angeordnet. Jede Umgebung, in der Julia lebte, war organisiert, ob nun das Prior’s Fen Atoll, Wilholm, die Mahone-Bay-Insel, die Ferienorte. Sie verbrachte ihr Zeit in Kuppeln der Vollkommenheit.
Kurz trat eine außerirdische Blume auf dem Gelände von Wilholm vor ihr geistiges Auge. Beinahe hatte sie Klarheit, so kräftig war der Eindruck, so stark kristallisiert. Dann verschwand die Idee schon wieder.
Wir haben ihn gefunden, meldete NN-Kern- zwei.
Diesmal flackerten die Emotionen nicht auf, als Royan in ihren Gedanken materialisierte. Die Liebe wäre zu schmerzhaft gewesen. Hallo, Schneeglöckchen. Ich schätze, es wird allmählich übel. Daß du dieses Paket aufgespürt hast, heißt wohl, daß ich es verpfuscht habe, nicht wahr?
Ich weiß nicht. Ich suche nach einem außerirdischen Sternenschiff.
Sein Bild wirkte nachdenklich. Denkst du, daß ich dir dabei helfen könnte?
Du hast mich gewarnt, was den Außerirdischen angeht.
Tut mir leid, ich erinnere mich nicht daran. Es muß noch in meiner Zukunft liegen.
Wann bist du aufgezeichnet worden?
Im Juni.
Was hast du getan, seit die Sonde zurückgekommen ist?
Ich habe Fortschritte erzielt. Sobald ich mich überzeugt hatte, daß Kiley mit Mikroben zurückgekehrt war, ließ ich mir drei weitere Prozessor-Netzknoten implantieren.
O Royan! sagte sie verzweifelt. Wie oft hatten sie über Implantate gestritten? Er hatte sich so sehr welche gewünscht, nachdem er genesen war und Interesse entwickelt hatte, ihr mit Event Horizon zu helfen. Widerwillig hatte sie vier Netzknoten bezahlt, zwei Prozessoren, zwei Speicher.
Ich kann damit umgehen, entgegnete er ruhig. Ich wußte, daß du dich darüber beschweren würdest.
Ich werde mich nicht mit einem Datenpaket auseinandersetzen, sagte sie. Was ist mit den Mikroben passiert?
Ich habe meine Implantate mit Biochemie- und Genetikkenntnissen geladen und damit begonnen, die Chromosomenstruktur aufzuzeichnen.
Das Paket übertrug ihr ein Bild von der genetischen Struktur der Mikroben. Es erinnerte Julia an Christbaumschmuck, eine weich leuchtende, metallisch-purpurne Kugel, die mitten im Nullraum des Netzknotenuniversums hing. Als sie größer wurde, sah Julia, daß die Oberfläche mit winzigen Ringen überzogen war und allmählich einem Ball aus ineinander verschlungenen Ketten ähnelte.
Die Vertrautheit des Anblicks überwältigte sie. Allmächtiger, das ist die gleiche genetische Struktur, wie sie die Blume hat!
Welche Blume, Schneeglöckchen?
Du hast mir eine Blume geschickt, eine außerirdische Blume. Sie weist ringförmige Äquivalente zu unseren Chromosomen auf, angeordnet in konzentrischen Schalen. Genau wie das da.
Ich verstehe das nicht. Stammt die Blume aus einem Sternenschiff?
Ich … Ja, nein, irgendsowas. Greg sagte, irgendwas würde hinter dieser Blume stecken und warten. Er muß das Sternenschiff gespürt haben. Was könnte es sonst sein?
Und ich habe dich davor gewarnt?
Das ist richtig. Ihre Gedanken überstürzten sich, und sie rief eine Logikmatrix aus dem Prozessornetzknoten ab. Die Frage war recht einfach; es ging darum, einen Zusammenhang zwischen den Mikroben, die Kiley gebracht hatte, und einem Sternenschiff zu formulieren; es konnte kein Zufall sein. Der Prozessor reduzierte die Frage auf Gleichungen, nackte Ziffern, und speiste sie in die Matrixkanäle ein. Das Konstrukt entsprach nicht der Art prismatischer Graphiken, die man in einem Terminalkubus sah, war eher ein instinktives Bewußtsein von Mathematik, den wahren Eigenschaften der Zahlen. Farblos, fast formlos, so daß Julia auf die Bioware angewiesen war, um es für sie in analoge Angaben umzuwandeln.
Die Gleichungen strömten durch die Matrixkanäle, verschmolzen, traten in Wechselwirkung, boten Lösungen. Könnten
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