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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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zurückliegenden fünf Jahre festgestellt, daß sie seine Entscheidung immer häufiger bedauerte. Wheaton war Harcourt zu ähnlich, ein Imageverkäufer, der verzweifelt hinter öffentlicher Unterstützung herhechelte, der Cyborg eines Frankensteins. Marchant hatte wenigstens hin und wieder den Mumm gehabt, eine unpopuläre Entscheidung zu treffen. Heutzutage gab er sich mit der behaglichen Rolle des älteren Staatsmannes und großen Alten der Neokonservativen zufrieden. Immer in den Nachrichtensendungen präsent und mit einer Meinung und einer geistreichen Bemerkung bei der Hand. Man hielt ihn für die graue Eminenz hinter Wheatons Thron. Eine recht präzise Einschätzung.
    Als Marchants Bild auf dem Flachbildschirm des Arbeitszimmers auftauchte, spürte Julia, wie sie sich entspannte. Früher hatten viele solcher direkten Gespräche stattgefunden und waren Absprachen zum beiderseitigen Vorteil getroffen worden. Heute lief das über eine Armee aus Assistenten und Anwälten, über Abteilungs-Interfaces, Arbeitsgruppen von Industrie und Regierung und beratende Komitees. Einer der Gründe, warum sich das ganze Harcourt-Problem überhaupt erst entwickelt hatte. Keine unmittelbare Kontrolle mehr.
    »Hallo, Julia«, sagte Marchant. Wie immer mit einer klangvollen Stimme, die sofort Vertrauen erweckte.
    »Morgen, David. Ich habe ein Problem.«
    »Was immer ich tun kann, Julia. Das wissen Sie.«
    »Einen besseren Nachfolger zu wählen wäre ein guter Anfang gewesen.«
    David Marchant lächelte weise. »Joshua ist der richtige Mann für die heutige Zeit, wie ich es für meine war. Wir brauchten damals eine starke Führung, um uns von der Erwärmung und der SVP zu erholen, und jetzt müssen wir die Zügel ein wenig lockern und die Lage konsolidieren.«
    »Lockern und auseinanderfallen, das sind zwei paar Schuhe. Wheaton hat so gut wie seine ganze Autorität eingebüßt, sowohl im Land wie in der Partei. Und deshalb sitzt mir nun Michael Harcourt im Nacken.«
    »Michael ist ein ehrgeiziger Mann, zugegeben.«
    »Michael ist ein gekaufter Mann.«
    David Marchant lachte. »Sie ärgern sich doch nur, weil Sie es nicht sind, die ihn in der Tasche hat.«
    »Er gehört nicht zu Ihrem Parteiflügel. Und falls es ihm gelingt, Wheaton als Premier nachzufolgen, wird er das Kabinett säubern. Danach müssen Sie schon Moderator einer aktuellen Magazinsendung werden, damit man Ihre Stimme noch hört. Das Problem ist, Jepson leitet auch Globecast. Damit sind Sie draußen. Eine Chance, Ihr Golf-Handicap zu drücken«, gab sie boshaft zu bedenken. Marchant verabscheute Sport; als Peterborough United den englischen Vereinspokal gewann, hatte sie neben ihm in der königlichen Loge von Wembley gesessen. Er leerte während des Spiels zwei Flachmänner Whisky. Aus Langeweile, behauptete er dabei immer.
    »Hätten Sie Wheaton in der Walesfrage ein bißchen unterstützt, wäre nichts dergleichen passiert, Julia.«
    »Das Leben ist nicht mehr nur schwarz und weiß wie zu Ihrer Zeit, David. Die Politik ist nicht mehr so einfach; nichts ist mehr so einfach. Was ein Schritt in die richtige Richtung ist.«
    »Wohl kaum, Julia. Komplexität ist ein Schritt zum Chaos.«
    »Und Einfachheit erleichtert Kontrolle«, konterte sie ironisch. »Sie ist repressiv.«
    »Die SVP war repressiv, Julia, wir hingegen nie. Wir haben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geschaffen, unter denen Sie so erfolgreich sind; es gibt eine Menge, wofür Sie dankbar sein können. Und solange wir in Westminster am Ruder bleiben, wird Event Horizon expandieren. Sie genießen Carte Blanche; das wissen Sie.«
    »Event Horizon ist bereits groß genug, danke. Außerdem ist reiner Kapitalismus so abstoßend wie reiner Kommunismus. Ich war nie für eines dieser Extreme. Wir brauchen ein gewisses Maß an Regulierung und Verantwortung. Eine soziale Marktwirtschaft, die irgendwo in der Mitte angesiedelt ist.«
    »Das klingt großartig – aus Ihrem Mund. Sie wissen, welche Vorteile unsere Politik bietet. Ohne die Zusammenarbeit zwischen uns wäre unser Land nur ein zweitrangiger europäischer Staat, nicht die Führungsmacht, die wir heute sind.«
    »Ihr Politiker hängt immer so an der Geographie, nicht wahr? Das stört Ihr Denken. Der Rest Europas – eigentlich der Rest der Welt – müssen sich wirtschaftlich auf das gleiche Niveau entwickeln wie England. Und sei es aus keinem anderen Grund, als daß arme Länder sich unsere Produkte nicht leisten können.«
    »In der Theorie ganz nett,

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