Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton

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Julia. In der Praxis werden Sie das nie erleben. Die Regierungen sind zu engstirnig, zu besorgt. Das müssen sie auch sein; dazu wählt man sie schließlich.«
    Sie schenkte ihm ein träges Lächeln. »Es sei denn, es handelt sich um die walisische Regierung.«
    »Touché. Also, was hat Ihnen dieser kleine Scheißer Harcourt angeboten?«
    »Er behauptet, einen direkten Draht zu Jepson zu haben und ihn nutzen zu wollen, um mir zu sagen, wie die übrigen Gebote ausfallen. Das war der zentrale Punkt. Der Rest war ein übliches Paket: Regierung bietet Industrie Anreize.«
    »Hmmm.« David Marchant rieb sich den Nasenrücken und dachte konzentriert nach. »Na ja, das Anreizpaket bleibt natürlich bestehen, das versteht sich von selbst. Schließlich habe ich meine natürlichen Nachfolger sowohl im Schatzamt als auch in Nummer zehn sitzen. Damit bleibt nur das Problem des eigentlichen Angebots. Glücklicherweise kann der Premier aus Haushaltsmitteln jedes Gebot absichern, das Sie Jepson unterbreiten. In welchem Fall alles irrelevant wird, was Harcourt Ihnen sagt. Ich könnte mir denken, daß Wheaton anschließend über eine angemessenere Position für sich selbst nachdenkt; als Minister, dem wir alle für Verkehrsstaus die Schuld geben können, oder sowas. Ich vermute mal, daß Sie bereits mit Ihrem Finanzkonsortium eine angemessene Summe für Jepson arrangieren.«
    »Ja«, räumte sie widerstrebend ein. Noch so ein verdammtes Problem. Der Chef ihrer Finanzabteilung hatte sie auf dem Rückflug von Listoel informiert; die Banken und Finanzhäuser waren über die Aussichten der atomaren Strukturierung erschrocken und liefen herum wie kopflose Hühner. Das machte Geschäfte auf dem Geldmarkt extrem schwierig.
    »Gut. Legen Sie einfach eine Zahl vor, von der Sie wissen, daß die Kombinate nicht mithalten können. Wir decken die Lücke zwischen dieser Zahl und dem, was die Banken Ihnen vorschießen. Ein Blankoscheck, Julia. Und zinsfrei.«
    »Das wird sich auf zig Milliarden belaufen, wenn nicht Hunderte.«
    »Und? Der Steuerzahler ist eine unerschöpfliche Geldquelle für eine Regierung. Und er kann nicht weglaufen.«
    »Als Steuerzahlerin protestiere ich.«
    »Ah, aber Julia, Sie zahlen keine hohen Steuern, nicht wahr? Die neokonservative Politik achtet schon darauf.«
    »Was ist mit Wales?«
    »Ich bin sicher – falls Sie ein Schwätzchen mit Joshua Wheaton halten, wird er Sie von unserem Standpunkt überzeugen. Vielleicht könnten Sie ein paar Worte in diesem Sinn äußern, wenn Sie Nummer zehn verlassen; vor der Tür hängen immer eine Menge Reporter herum.«
    »Sagen Sie mir eins, David: Wieso möchten die Neokonservativen an Wales festhalten?«
    »Ein großes Land ist ein stabiles und starkes Land. Ohne Wales wären wir geschwächt, möglicherweise tödlich. Ich habe nicht vor, das hinzunehmen und alles zu vergeuden, was wir in den letzten siebzehn Jahren aufgebaut haben. Es wäre nationaler Selbstmord.«
    »Und Sie würden Ihre Mehrheit in Westminster verlieren.«
    David Marchant zuckte leicht die Achseln. »Wenn wir verlieren, verlieren auch Sie.« Der Flachbildschirm ging aus.
    Das wird einer von diesen Tagen, denke ich, Juliet, meinte ihr Opa.
    Ja. Und wenn ich nicht extrem vorsichtig bin, könnte es der letzte sein.
    Du hättest ihm von dem Außerirdischen erzählen sollen.
    Nein. Ich möchte nicht, daß Leute wie er den ersten Kontakt herstellen; wir müssen schließlich an den ersten Eindruck denken.
    Und Royan ist dafür die perfekte Wahl, was, Mädchen?
    Darauf wußte sie keine Antwort.

    Julia ging nach der Telekonferenz nach oben, um zu duschen. Das Hauptschlafzimmer von Wilholm war groß und hoch; die Fenster boten Ausblick auf den See. Ein Pariser Designerhaus hatte die Dekoration durchgeführt: Wände in königlichem Purpur und Smaragd, ein moosartiger grüner Teppich, vergoldete Einrichtung, schwere Vorhänge von der Decke bis zum Boden. Ein massives Himmelbett aus Eiche mit schlichtem weißem Seidenbaldachin.
    Auf eine Eingebung hin setzte sie sich auf Royans Bettseite und öffnete die Tür seines Nachttisches. Sie fand darin ein paar Flaschen Aftershave, einen Kamm, eine gebundene Ausgabe des Herrn der Ringe, Videomemoxkristalle mit Schwarzweißfilmen aus den vierziger und fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, ein Cybofax, das zehn Jahre alt sein mußte, so sperrig war es.
    Sie holte alles hervor und arrangierte es auf dem Bett, reihte es der Größe nach auf. Kein großes Erbe. Sie