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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Griffith hielt ihr eine schmale, weiße Blumengeschenkbox hin.
    Julia nahm sie mit Fingern entgegen, die auf einmal zitterten. Die Blume sah komisch aus; so eine hatte sie noch nie gesehen. Sie war trompetenförmig, fünfzehn Zentimeter lang und lief in etwas aus, was, wie Julia vermutete, eine kleine Samenkapsel war. Die Farbe war ein zartes Purpur, und als Julia einen Blick ins offene Ende warf, war innen alles ganz weiß. Sie bemerkte ein komplexes System von Staubgefäßen mit zitronengelben Staubbeutelausbuchtungen. An der Außenseite der Trompete wuchsen kurze seidige Härchen.
    Julia sandte eine Anfrage zur Identifizierung an die Pflanzenenzyklopädie in ihren Speichernetzknoten.
    Der Umschlag war schon geöffnet; sie zog die handgeschriebene Karte hervor.
     
    Paß auf dich auf, Schneeglöckchen.
    Ich liebe dich ewig,
    Royan.
     
    Julias Augen wurden naß. Es war seine Handschrift, und niemand sonst nannte sie Schneeglöckchen.
    Sie hielt den Blick weiter auf die Karte gerichtet und fragte: »Woher stammt sie?«
    »Irgendein junges Mädchen hat sie mir gestern abend auf dem Newfieldsball übergeben.« Rachel klang besorgt. »Ich habe keine Ahnung, wer sie war, aber sie kannte mich. Hat ihren Namen nicht genannt, sondern mir nur die Schachtel in die Hand gedrückt und mir gesagt, ich sollte sie an dich weitergeben.«
    Julia blickte auf. »Was für ein Mädchen? Hübsch?«
    »Sie war eine Hure.«
    »Rachel!«
    »Sie war eine, ich kenne den Typ. Anfang zwanzig, total umwerfend, makellos gekleidet, Manieren, an die keine Heilige heranreichen würde, und ein verlorener Blick.«
    Dagegen konnte sie nichts einwenden, wußte Julia. Rachel kannte sich mit sowas aus; ihre Jahre als Hardlinerin und Leibwächterin, geprägt von ständiger Wachsamkeit, hatten ihr ein fast übersinnliches Gespür für Menschen vermittelt. Außerdem kannte Julia die Art Mädchen, von der Rachel sprach; Kurtisanen traf man auf Veranstaltungen wie dem Newfieldsball häufig an.
    Die Netzknoten meldeten, daß sie keinen Eintrag mit der Spezies dieser Blumen hatten.
    Kanal zu den SelfCores öffnen. Könnt ihr mal nach einem Gegenstück hierfür suchen, ja? bat sie lautlos. Es war wichtig zu erfahren, was Royan für sie ausgesucht hatte.
    Sie sah wieder die Karte an, die kraftvolle Handschrift mit den übergroßen Schleifen. Sie erinnerte sich daran, wie er seine Handschrift perfektioniert hatte – an einem schmalen Holztisch in Julias Inselbungalow, die Stirn konzentriert gefurcht, während das Meer draußen auf den Strand rauschte.
    Und die Blume – die Blume war das Siegel. Royan verehrte Blumen, und Julia brachte sie immer mit ihm in Verbindung, seit sie sich zum erstenmal persönlich begegnet waren.
    Zugriff auf Genesung Royan. Sie hatte für diese Erinnerungen ein Netzknotenverzeichnis angelegt, weil sie wußte, daß sie für sie immer etwas besonderes bleiben würden, und weil sie die Einzelheiten deshalb vor dem entropischen Verfall über die Jahre bewahren wollte.
     
    Zu sechst waren sie an diesem Nachmittag vor fünfzehn Jahren in die Siedlung Mucklands Wood gezogen, alle in Uniformen der englischen Armee: Morgan Walshaw, damals Sicherheitschef von Event Horizon, der insgeheim wütend auf Julia war. Es war das erste (und letzte) Mal, daß sie sich in Fragen ihrer eigenen Sicherheit je über seine Wünsche hinweggesetzt hatte. Dann war da Greg Mandel, der Royan ebenso nahe stand wie sie und der eingewilligt hatte, sie zu führen, sobald er von ihrem Plan erfuhr. Dazu kamen noch Rachel, die damals ihre Leibwächterin gewesen war, und zwei zusätzliche Hardliner, John Lees und Martyn Oakly.
    Mucklands Wood war die Heimat der Trinities, eine öde Siedlung aus Hochhauswohnblocks, die der Stadtrat in den ersten paar Jahren nach der Überflutung der Fens hochgezogen hatte. Sie lag auf erhöhtem Grund westlich der A15 und bot Aussicht auf das tieferliegende Walton, wo die Blackshirts ihren Stützpunkt hatten. Zwei mörderische Feinde, getrennt nur von einem einzelnen Streifen aus schmelzendem Asphalt und dem unglücklichen Wohnbezirk Bretton.
    Die Rettung Royans bedeutete mehr, als nur eine Schuld abzutragen. Zwei Jahre zuvor hatte er Philip Evans vor einem Virus gerettet, das SVP-Überbleibsel in den NN-Kern übertragen hatten. Als einer der besten Hacker im Ring hatte Royan eine Antithese geschrieben, die den Kern von dem Virus säuberte. Eine Bezahlung hatte er nicht verlangt. Daraufhin entwickelte sich ein seltsames Band zwischen ihm und

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