Mindstar 03 - Die Nano-Blume
ein. Greg erstarb ein Schrei im Hals; seine Sicht funktionierte verkehrt herum, was ihn für einen Moment aus dem Konzept brachte, aber der Kraterboden stand senkrecht zur rotationsbedingten Schwerkraft des Asteroiden. Der Schutt hätte die Kraterwand hinunterrollen und schließlich aus dem Krater hinausstürzen sollen; statt dessen war der Sturz horizontal verlaufen.
»Es hat angefangen«, sagte er schwach.
»Wo?« zischte Julia.
»An der Basis der Spindel.«
Ein weißer Wurm aus außerirdischem Fleisch kroch aus dem neuen Loch, wachsfarben und klar. Die Spitze schwankte langsam, als suchte sie nach etwas. Greg dachte an eine Made, die sich aus einem Apfel herausgrub, aber dann wurde ihm der Maßstab deutlich.
»Meine Fresse«, murmelte Victor.
Julia kicherte nur.
Ein zweites Loch entstand durch einbrechendes Gestein. Risse breiteten sich im Kraterboden aus. Die Wurmspitze wurde größer und umschloß die ihr zugewandte Sektion des Ringlagers. Weitere weiße Spitzen drangen blind aus dem aufgebrochenen Fels hervor.
»Was macht er?« fragte Maria.
»Er stellt die zweite Habitathöhle für mich fertig«, sagte Julia. »Das gehört zum Abkommen. Ich werde eine Menge Kohlenwasserstoffe heraufschaffen müssen, um das zu ersetzen, was er verbraucht hat, aber ich spare Geld bei den Bergbauarbeiten. Es ist eigentlich gehupft wie gesprungen, aber letztlich müßte Profit dabei herausspringen.«
Die weiße Masse des Außerirdischen hatte sich inzwischen völlig um das Ringlager der Spindel gewickelt. Tatsächlich sah Greg den gesamten Kraterboden inzwischen als wogenden weißen Morast. Von den Stützstreben war keine Spur mehr zu erkennen. Ein Zittern lief an der Spindel empor.
»Ich hoffe, sie verdreht sich nicht«, sagte Julia besorgt.
Greg glaubte, der Außerirdische würde an der Spindel hinauffließen, stellte dann aber fest, daß es die Spindel selbst war, die sich bewegte. Mit einer schwerfälligen Unerbittlichkeit, über die er ungläubig den Kopf schüttelte, glitten die Träger jetzt an der Nase der Falcon vorbei. Der Außerirdische schob die Spindel aus dem Krater hinaus aufwärts.
Licht und Schatten flossen durch die Kabine, als der gewaltige Gießereispiegel vom Asteroiden weggedrängt wurde. Seit einiger Zeit schon hatte niemand mehr etwas gesagt; sogar Sean Francis blieb still. Greg entspannte sich allmählich und saugte alles in sich auf; im Pub von Hambleton würde er nie mehr eine Runde ausgeben müssen.
Ich war dabei!
Eine weiße Fleischsäule des Außerirdischen bildete sich unter der Spindelbasis und drückte sie vom Asteroiden weg. Greg schätzte die Höhe auf etwa dreihundert Meter, als sich die Spitze abschälte und den goldenen Ring des Lagers freigab. Dabei mußte er einen letzten Stoß erhalten haben, denn Greg war sicher, daß die Spindel Tempo zulegte. Die weiße Säule sank in den Krater zurück. Für einen Moment blieb der Kraterboden von einem See aus weißem Fleisch bedeckt, dann bildete sich eine Delle im Mittelpunkt und wurde allmählich tiefer.
»Sie sagen, er würde die zweite Habitathöhle für sie ausgraben?« fragte Rick.
»Ja. Er baut das Gestein ab und raffiniert es. Genau das, wovon Royan geträumt hat. Sehen Sie, er hatte recht. Letzten Endes.« Das Lächeln schwand von ihrem Gesicht, und sie sah Victor an, hoffte, eine Bestätigung von ihm zu erhalten. Er schenkte ihr ein schmales Lächeln.
Vom Außerirdischen war jetzt nur noch ein dünner weißer Rand rings um die Basis der Kraterwand zu sehen; der Rest war außer Sicht, war abgesunken und hatte einen klaffenden Schacht hinterlassen. Eine taubengraue Kugel von dreihundert Metern Durchmesser schwebte aus dem Mittelpunkt herauf. Die Szene erinnerte Greg an ein aktives Hologrammposter, das er Oliver zum achten Geburtstag geschenkt hatte, ein Erdaufgang im Zeitraffer, vom Mond aus gesehen. Bedächtig und unaufhaltsam. Schweigend sahen sie zu.
»Ich frage mich, was das da ist«, sagte Julia, nachdem die graue Kugel aus dem Schacht hervorgetreten war. »Es kann kein Metall sein, nicht mit dieser Albedo.«
Das Ringlager der Spindel war inzwischen aus dem Krater heraus, gefolgt von der Kugel in einem Kilometer Abstand. Eine zweite Kugel tauchte aus dem Schacht auf, diesmal in einem hellen metallischen Blau.
»Du meinst, sie werden alle verschieden sein?« fragte Greg.
»Absolut, ja. Minerale und Metalle werden getrennt ausgeschieden, mit einer Reinheit, an die unsere großformatigen Raffinerien nicht heranreichen.
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