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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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das
stimmt, dachte Mr. Fresne überrascht. Das ganze Vorhaben, sie zu demütigen und
all dieser Unsinn waren doch
eigentlich unnötig. Er würde ihr einen Kuß rauben und die Geschichte dann
triumphierend seinen Kumpanen erzählen. Vielleicht gelang es ihm, ein kleines
Stück Stoff von ihrem Kleid abzureißen, damit er es als Andenken herzeigen
konnte.
    Aber um ihr
ungestört einen Kuß stehlen zu können, mußte er sie von den Lichtern weg und
ins dunkle Gebüsch locken. Die Wege waren ziemlich leer, da die meisten Leute
gerade am Büffet oder im Ballsaal waren.
    »Ich denke,
wir sollten weitergehen«, sagte Minerva.
    »Was? O ja,
Donnerwetter, natürlich, ja, ja. Ich meine ...« Er hörte wieder ganz plötzlich
auf zu sprechen, legte seine Hand ans Ohr, lehnte sich über das dunkle Dickicht
und sagte: »Pst!«
    »Pst, was?«
fragte Minerva und dachte, daß Mr. Fresne unsagbar theatralisch sei.
    »So hören
Sie doch, und seien Sie ganz still«, fuhr Mr. Fresne fort. »Ich höre ein
kleines Kätzchen, dem etwas fehlt.«
    »Ich bin so
still und lausche, wie ich nur kann, aber ich höre keine Katze.«
    »Aber«, Mr.
Fresne ließ nicht locker, »ich habe es ganz deutlich gehört. Den Gedanken an
ein Tier in Not kann ich nicht ertragen.«
    Minerva
zögerte. Und dann war aus dem Gebüsch ein ganz deutliches »Miau« zu hören.
    »Da ist
wirklich eine Katze!« rief Minerva aus.
    »Was habe
ich gesagt«, rief Mr. Fresne und dankte dem Gott der Dandys.
    »Dann
müssen wir sie unbedingt retten«, sagte Minerva. Sie zögerte wieder.
»Vielleicht ist ihr gar nichts passiert, und sie miaut einfach nur so ... zum
Zeitvertreib.«
    Aber jetzt
kam ein so schrecklicher, halb erstickter Schrei von der unsichtbaren Katze,
daß Minervas Zweifel vollends verflogen. Sie stürzte sich ins Gebüsch, dicht
gefolgt von Mr. Fresne.
    Die Zweige
schlossen sich hinter ihnen; von der Festbeleuchtung war nun nichts mehr zu
sehen, die warme Dunkelheit hüllte sie ein.
    »Miau«,
machte die Katze klagend ganz in der Nähe.
    Mr. Fresne
vergaß die Katze. Er war allein mit Minerva in der lauen Nacht. Sie waren sich
so nahe, daß er ihr blumiges Parfüm riechen konnte. Plötzlich schlang er seine
Arme um sie und preßte sie an seine ausgepolsterte Brust.
    »Mr.
Fresne!« rief Minerva und versuchte, sich mit aller Kraft zu befreien. »Die
Katze!«
    »Die soll
der Teufel holen«, sagte Mr. Fresne mit belegter Stimme. Er hielt ihr Kinn mit
einer Hand brutal nach oben, und seine Lippen suchten ihren Mund.
    Mr. Fresne
führte die ihm so willkommene Dunkelheit auf das Gebüsch zurück. Aber jetzt kam
der Mond, der kurz hinter einer Wolke verschwunden war, wieder zum Vorschein
und beleuchtete Minervas vor Wut verdunkelte Augen.
    »Miau«,
machte es spöttisch an seinem Ohr.
    An diesem
letzten Miau war etwas so Menschliches, daß Mr. Fresne mit dem Kopf herumfuhr.
    Lord
Sylvester saß auf einem niedrigen Ast, so daß sich sein Kopf ein Stückchen über
dem Kopf von Mr. Fresne befand.
    »Miau«,
sagte er, diesmal ganz menschlich.
    »Was, Sie
...«, stieß Mr. Fresne hervor.
    »Lassen Sie
Miß Armitage los«, sagte Lord Sylvester ganz lässig.
    »Wie können
Sie es wagen, mich hinters Licht zu führen!« schrie Mr. Fresne, ließ Minerva
los und nahm augenblicklich die Haltung eines Faustkämpfers ein. »Kommen Sie
herunter, Sie Geck. Ich werd's Ihnen schon zeigen.«
    Er tänzelte
mit den Fäusten fuchtelnd auf Lord Sylvester zu und erwartete offenbar, daß
dieser vor lauter Schrecken von seinem Ast fallen würde.
    Lord
Sylvester sah sich die grotesken Bewegungen belustigt an, ließ dann plötzlich
seinen Fuß vorschnellen und traf den überrumpelten Mr. Fresne so fest an der
Brust, daß dieser Herr mit fürchterlichem Krachen rücklings im Dikkicht
landete.
    »Bitte
nehmen Sie meinen Arm, Miß Armitage«, sagte Lord Sylvester und kletterte
geschickt von seinem Hochsitz herunter. Er bahnte Minerva den Weg, indem er die
Zweige zur Seite hielt und führte sie auf den Gartenpfad zurück.
    Im Gebüsch
hinter ihnen war es merkwürdig still.
    »Vielleicht
ist er verletzt«, vermutete Minerva.
    »Nur in
seiner Würde. Sie müssen lernen, daß man nicht mit fremden Herren in die Büsche
geht, Miß Armitage.«
    »Ich wäre
nicht mitgegangen, hätte ich nicht eine Katze jammern hören. Sie waren die
Katze, Mylord.«
    »Aber Sie
hätten auf jeden Fall hereingelegt werden können. Ich mußte Ihnen beibringen,
auf der Hut zu sein.«
    »Es gab
keinen Grund, mir eine derart

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