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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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auf mich.«
    Er stellte
sie auf die Beine und bat den Diener, den Slipper herunterzureichen. Höflich
hielt er sie um die Taille gefaßt, während sie sich bückte und den Schuh anzog.
    Seine
Wohlerzogenheit und Unerschütterlichkeit hatten wieder die Oberhand gewonnen.
Minerva, die außer Atem und zittrig
war, konnte sich die heftige Erregung, die ihres Erachtens von ihm ausgegangen
war, nur als ihre eigene deuten.
    »Bis heute
abend«, sagte er, »auf dem Ball«.
    »Ja. Heute
abend«, sagte Minerva im Gehen.
    »Vielleicht
suche ich mir in dieser Saison auch eine Frau.«
    Minerva
drehte sich schnell zurück und riß überrascht die Augen auf. Dann senkte sie
die Lider, um ihre Augen zu verbergen.
    »Warum
nicht?« lachte sie.
    Er nickte,
sprang auf seinen Zweispänner und ergriff die Zügel.
    Minerva fühlt
sich niedergeschlagen und traurig. Da Lord Sylvester sie nicht heiraten wollte,
hatte sie überhaupt nicht bedacht, daß er ja jemand anderen heiraten könnte.
    Ach, es
kostete sie so unendliche Anstrengung, diese Londoner Saison durchzustehen!

Siebtes
Kapitel
    Die Gräfin Lieven war eine Meisterin
darin, die abgestumpften Sinne der eleganten Welt auf raffinierteste Weise zu erregen.
    Ihr Ball in
der russischen Botschaft versprach eines der aufregendsten Ereignisse des
Jahres zu werden.
    In den
verschiedensten Londoner Vierteln mühten sich die Gäste, die die Ehre hatten,
eingeladen zu sein, mit ihren Toiletten
ab.
    Die drei
Dandys, Barding, Yarwood und Fresne, hatten sich schweren Herzens darauf
geeinigt, daß die Wette ungültig war, da Yarwood und Fresne ihren Ehestand
doch als zu großes Hindernis ansahen. Trotzdem blieb die Wette im Wettbuch
stehen, und sie bedrängten Mr. Hugh Fresne, sein möglichstes zu tun, Minerva zu
erobern. Es wäre eine zu große Schmach, wenn solche albernen Gecken wie Bryce
und Genossen bei ihr Erfolg hätten.
    Bryce und
Genossen waren in ihrem Entschluß ebenfalls leicht wankend geworden, da sie
glaubten, mit Lord Sylvester sowieso nicht konkurrieren zu können. Mr. Silas
Dubois wurde aber für alle Fälle die Aufgabe zuteil, Comfreys Ruf als Wüstling
und seine bekannte Geschicklichkeit, der Ehe zu entgehen, zu betonen.
    Minerva
hatte es wieder einmal fertiggebracht, Lady Godolphin zur Verzweiflung zu
bringen, weil sie darauf bestanden hatte, ihr ein Kapitel aus der Bibel
vorzulesen, während diese sich anzog.
    Dabei
wollte Minerva nur ihren eigenen Charakter stärken, bevor
sie auf den Ball ging, auf dem sie nach besten Kräften flirten und ihren Charme
spielen lassen wollte.
    Aber Lady
Godolphin schnitt Minerva schließlich die Rede ab und erklärte, daß alle diese
›Zeugungen‹ ihr Kopfschmerzen
verursachten, so trocken und langweilig seien sie.
    Als sie
schließlich bereit zum Aufbruch waren, war Minerva entsetzt, daß Lady
Godolphin ein feucht gebügeltes durchsichtiges
Musselingewand tragen wollte. Und irgendwie brachte sie es fertig, Lady
Godolphin, die sich bisher immer für ausgesprochen durchsetzungsfähig gehalten
hatte, zu überreden, einen Unterrock unter dem bis dahin trockenen Musselin zu
tragen. Lady Godolphin wußte selbst nicht, wie Minerva sich hatte durchsetzen
können.
    Minerva –
so entschied sie verärgert – besaß jedenfalls eine außerordentliche Gabe, in
ihrer Umgebung Schuldgefühle zu wecken.
    Dennoch
mußte sich Lady Godolphin eingestehen, daß ihr Schützling bezaubernd aussah.
Minerva trug eine weiße Tunika, die mit goldener Stickerei eingefaßt war. Ihre
mitternachtsschwarzen Locken waren mit einem schönen Schildpattkamm auf dem
Oberkopf festgesteckt. Die Keilabsätze ihrer Sandalen machten sie größer.
Ihrer Haut sah man fast nicht mehr an, daß sie die Hunde ihres Vaters bei Wind
und Wetter ausgeführt hatte; ihr Gesicht war jetzt wieder ganz zart, nur die
Wangen waren rosig und gesund.
    Lady
Godolphin freute sich genauso auf den Ball wie eine Debütantin. Oberst Arthur
Brian hatte versprochen, zu kommen und sie zum Walzer aufzufordern, zu diesem
köstlichen frivolen Tanz, der noch nicht den Segen von Almack hatte.
    Lady
Godolphin und ihr Schützling waren gezwungen, ihren Wagen in einiger Entfernung
von der russischen Botschaft zu verlassen, da es dem Kutscher wegen des
fürchterlichen Gedränges nicht möglich war, näher heranzufahren. Die Kutscher
fluchten und mühten sich ab und drohten einander mit ihren Peitschen.
    Minerva
fand bald die Ursache für den gesellschaftlichen Erfolg der
Gräfin Lieven heraus. Niemand sonst in London

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