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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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entfaltete eine solche Phantasie.
    Der Ball
fand in den unteren Räumen der Botschaft statt. Mehrere große Zelte und
Gewächshäuser wurden zum Tanzen, für die Büffets und für die unvermeidlichen
Kartenspiele genutzt.
    Die Wände
der Gewächshäuser waren mit verschiedenfarbigen Moosen bedeckt, und auf die
Böden war frisch gemähtes Gras gestreut, auf dem Blumen zu wachsen schienen.
Am Fuße jedes Blumenstengels stand eine winzige Lampe, so daß die Blüten wie
Juwelen leuchteten. Die Gehwege zwischen den Gewächshäusern waren mit Lampen
erhellt, und ein klarer Vollmond zog feierlich über den Himmel, beinahe als ob
er ein besonders raffinierter Teil der Dekoration wäre.
    Die
duftgeschwängerte Atmosphäre schien vor Erregung zu pulsieren. Es war ein Abend
wie geschaffen für geheime Liebesspiele, eine Umgebung für verliebte Blicke und
verstohlene Küsse. Es war ein Abend, an dem man seine Anstandsdame loswerden
konnte, denn es war nichts dabei, wenn einen sein Kavalier auf einem dieser
geheimnisvollen Wege begleitete, um einem die Wunder der Gewächshäuser zu
zeigen.
    Die Luft
war lind und warm. Die dünnen Musselinkleider der Damen flatterten leicht über
den erleuchteten Blumen, und Minerva schickte ein stummes Dankgebet zum Himmel,
daß Lady Godolphin einen Unterrock angezogen hatte; die geschickte Beleuchtung
enthüllte nämlich die Tatsache, daß nicht alle Damen so vorsichtig gewesen
waren.
    Lord Sylvester
hatte offenbar schnelle Arbeit geleistet, denn einige Debütantinnen kicherten
und neckten Minerva damit, daß
sie sie beim Ball der Aubryns so zum besten gehalten hatte. Die romantische
Umgebung begann auf Minervas Sinne zu wirken, und als man begann zu tanzen,
mußte sie einfach zu Lord Sylvester hinüberschauen, der gerade mit
einer sehr hübschen Dame tanzte. Sie wünschte, er möge ihren Blick erwidern.
    Immerhin,
er hatte an sie gedacht, und er hatte sein Bestes getan, ihren Ruf
wiederherzustellen, und sie mußte ein braves Mädchen sein und an die
Bedürfnisse ihrer Familie denken. So flirtete und lachte sie, unterstützt vom
Mondlicht und der weichen Luft, die aus dem schönen Garten hereinkam, und kein
einziges ernstes Wort kam über ihre Lippen.
    Erst als
Lord Chumley zweimal mit ihr getanzt und ihre Hand zu fest gedrückt hatte, und
als Mr. Fresne um seinen zweiten Tanz bat, fiel Minerva wieder ein, was Lord
Sylvester über die Dandys gesagt hatte.
    Und deshalb
nahm sie Mr. Fresnes glutäugiges Angebot an, ihr die Gewächshäuser zu zeigen.
Sie wollte herausfinden, ob es diese Herren ernst mit ihr meinten.
    Mr. Fresne
sah auf seine finster brütende Art nicht schlecht aus. Aber das Vorderteil
seines Fracks war so ausgepolstert und die Taille so eingeschnürt, daß er einer
Kropftaube ähnlich sah. Überdies trug er feste Sporen, eine Mode, die Minerva
für schlicht gefährlich auf einem Ball hielt. Ihr Partner hatte deshalb auch
einen breitbeinigen, wiegenden Gang wie ein Seemann.
    »Ich
verabscheue die Dandys sehr, Sie nicht auch?« begann sie, als ihr Begleiter
sie aus dem Ballsaal auf einen der bezaubernden Spazierwege führte.
    Mr. Fresne,
der gerade festgestellt hatte, daß Miß Armitage doch ein sehr annehmbares
Mädchen sei und gar nicht so eine fürchterliche Moralpredigerin, wie er gedacht
hatte, blieb wie angewurzelt stehen und schaute sie ganz erstaunt an.
    »Aber die
Dandys sind die tonangebenden Leute in der Gesellschaft«, sagte er, als er
seine Sprache wiedergefunden hatte.
    »Ja, Mr.
Brummel ist ganz in Ordnung«, antwortete Minerva.
»Aber die, die sich so ausstopfen und anmalen, die kann ich nicht ausstehen.«
    Mr. Fresne
blickte an sich hinunter auf sein ausgepolstertes Vorderteil, das sein ganzer
Stolz war, und hätte sie erwürgen können.
    Schließlich
hatten auch eine Menge Damen einen falschen Busen aus Wachs oder Baumwolle, und
darüber durfte man kein Wort verlieren!
    »Natürlich
meine ich nicht Sie«, fuhr Minerva fort, froh, daß die nächtliche Dunkelheit
ihr Erröten verbarg. Es war so schwierig zu lügen.
    Mr. Fresne
plusterte sich auf. Das hätte er sich denken können; männlich, wie er war,
dachte jede Dame, daß sein Brustkorb von Natur aus so breit war.
    »Ich gebe
Ihnen ganz recht, Miß Armitage«, sagte er mit fester Stimme. »Aber Sie müssen
Verständnis für die armen Kerle
haben, die nicht so ... äh ... so gebaut sind, daß sie bei den Damen Erfolg
haben. Ich muß schon sagen, Miß Armitage, Sie sehen sehr hübsch im Mondlicht
aus.«
    Und

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