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Minerva - sTdH 1

Minerva - sTdH 1

Titel: Minerva - sTdH 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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für eure Verlobung gewesen.«
    Lady
Wentwaters teigiges Gesicht bildete einen weißen Fleck in dem dunkel werdenden
Raum.
    »Meine
Freundschaft mit Mr. Wentwater ist vorbei«, sagte Annabelle bestimmt. Sie
zündete eine Kerze auf dem Tisch neben sich an und begann zu lesen.
    »›Werden
Sie bei dem Treffen sein?‹
    ›Ich
glaube nicht, Mylord.‹
    ›Nein! –
Wie um alles in der Welt vertreiben Sie sich dann die Zeit?‹
    ›Auf
eine Art, die Euer Lordschaft für sehr ungewöhnlich halten werden‹, rief
Mrs. Selwyn, ›die junge Dame liest nämlich.‹«
    Lady
Wentwater spielte mit den Elfenbeinrippen ihres Fächers und betrachtete das
Gesicht ihrer jungen Gesellschafterin. Sie sagte sich, daß Guy schon einen Weg
finden würde, ihre Zuneigung aufs neue zu gewinnen.
    Schließlich
trat Annabelle aus Lady Wentwaters Haus in die kühle Abendluft hinaus.
    Die Sonne
war untergegangen; nur ein schwaches Abendrot am Horizont war noch zu sehen.
    Schläfrige
Vögel piepsten müde im Efeu, der die Hauswände bedeckte. Die Wärme des Tages
war nicht mehr spürbar, und die großen Eisentore am Ende der kurzen Auffahrt
fühlten sich feucht und kalt an.
    Annabelle
fiel wieder ein, daß Guy zurück war. Sie erinnerte sich widerstrebend seiner
heißen Küsse auf ihren Lippen. Damals war ihr das Ganze so ... so
gefühlsduselig erschienen. Warum war jetzt die Erinnerung daran so aufregend?
    Sie eilte
in der hereinbrechenden Abenddämmerung nach Hause. Als sie sich dem Portal zum
Herrenhaus näherte, hörte sie schrilles Gelächter. Emily und Josephine bemühten
sich krampfhaft, ihrem Gelächter einen silbrigen, glockenreinen Klang zu geben.
Aber sie brachten nur ein abgehacktes, halb unterdrücktes Lachen zustande, das
immer tiefer wurde.
    Emily und
Josephine sprachen mit einem großen, eleganten Herrn, der sie offenbar besucht
hatte und sich gerade verabschiedete.
    Guy!
    Sein Rücken
war ihr zugewandt. Emily und Josephine taten so, als sähen sie Annabelle nicht,
und sprachen fieberhaft weiter.
    Aber er hörte
ihren leichten Schritt auf der Straße und drehte sich um.
    Annabelle
hatte vergessen, wie gut er aussah.
    Er machte
eine tiefe, weitausholende Verbeugung vor ihr. »Ich nehme an, es geht Ihnen
gut, Miß Armitage?«
    »Sehr gut,
Mr. Wentwater«, sagte Annabelle knicksend. Er nickte ihr zu und wandte sich
dann wieder Emily und Josephine
zu, die ihr triumphierende Blicke zuwarfen. Annabelle wurde ein bißchen rot,
warf ihren Kopf in den Nacken und
ging schnell die Straße hinunter.
    Er hatte
also sein Interesse an ihr verloren!
    Und er
machte diesen falschen Katzen, Emily und Josephine, den Hof.
    Nun gut,
wenn dümmliche, langnasige Langweiler nach seinem Geschmack waren, sie wünschte
ihm viel Vergnügen.
    Aber er
handelte nicht mehr mit Sklaven. Und er sah so gut aus. Und sie konnte es
einfach nicht ertragen, daß sie den einzigen Freier, den sie je hatte, an Emily
und Josephine verlieren sollte.
    Sie
erinnerte sich an seine Hand um ihre Taille. Aber es war besser, wenn sie ihn
vergaß. Einmal ein Sklavenhändler, immer ein Sklavenhändler.
    Aber ach!
Es war so langweilig in Hopeworth. Warum durfte Minerva mit all diesen
wundervollen Freiern spaßen, flirten und lachen? Annabelle hielt inne und
versuchte sich ihre Schwester vorzustellen, wie sie flirtete und lachte und in
den Armen eines Mannes lag.
    Minerva lag genau in diesem Augenblick in
den Armen eines Mannes, der sie ganz fest hielt.
    Lord
Sylvester hatte seinen Diener gebeten, die Pferde zu halten, war vom Wagen
gestiegen und hatte seine Arme Minerva entgegengestreckt, um ihr zu helfen.
    Minerva
wollte ihre Hände leicht auf seine Schultern legen, um sich dann von dem hohen
Sitz seines Zweispänners hinabzuschwingen.
    Sie trug
goldfarbene Schuhe mit goldbraunen Quasten, und eine dieser hinterhältigen
Quasten blieb an einer scharfen Holzkante unter dem Sitz hängen. Minerva
stolperte und fiel direkt in seine Arme. Der eine Schuh war im Wagen
eingeklemmt.
    Den
Bruchteil einer Sekunde lang war sie erstaunt über die Entdeckung, daß von
einem Mann, der so kühl und elegant wie
Lord Sylvester war, solch eine pochende Erregung
ausgehen konnte. Sein ganzer Körper schien von Leben und Sinnlichkeit und
Männlichkeit zu pulsieren. Der schön
geschnittene Mund war ihrem ganz nah, als er sie eng an seine Brust gedrückt
hielt. Minerva schloß die Augen.
    »Was für
eine unangenehme Dame Sie sind!« kam seine kühle spöttische Stimme. »Immer
wieder fallen Sie der Länge nach

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