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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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die …« Ich heule.
    Gonzo hechelt. Das bringt mich sonst zum Lachen. Heute nicht.
    »Warum tut das denn so weh? Ich dachte, verliebt sein macht glücklich und ist schön.« Ich heule.
    »Soll ich in der Biblio nachsehen, da gibt’s alles über ›lieben‹ nach Jahrhunderten geordnet. Vielleicht was aus der Vortechnozeit, da haben die …«
    »Ach, hör auf.«
    »Pass auf, das ist gut:
    ›Wenn nie durch Liebe Leid geschah,
    dem war auch Lieb durch Lieb nie nah.
    Leid kommt zwar ohne Lieb allein
    Lieb kann nicht ohne Leiden sein …‹ «
    »So ein Schmarrn …« Ich heule.
    »Oder das?« Gonzo klackert leise:
    »›Nicht Feuer, nicht Kohle
    Kann brennen so heiß
    Als heimlich stille Liebe,
    Von der niemand nichts weiß.‹ «
    »Was ist Kohle?«, frage ich.
    »Soll ich nachsehen? Warte …«
    »Mingus hat immer so lieb geschnarcht, wenn er geschlafen hat«, sage ich. »Der hat mir das Gesicht geleckt, wenn ich geweint habe …« Ich heule. »Der hat so schöne Augen, so grünbraune Augen mit schwarzen Flecken drin …«
    »Ja?«, sagt Gonzo. »Und …«
    »Ich hab geschlafen mit dem Gesicht in seinem Brustfell …« Ich heule.
    »Aha«, sagt Gonzo.
    »Er ruft nach mir. Ich höre ihn rufen«, sage ich und schau hinauf in den Nachthimmel.
    »Na komm«, sagt Gonzo, »ich brauche jetzt einen Boxenstopp, eine Wartung – nötigst ! Hast du das Öl dabei?«
    Natürlich habe ich das Öl dabei. Ich krame in meinem Rucksack. Gonzo hat ja ein Fell, ein kurzes, seidiges, schimmerndes Fell. Nougatbraun. Wenn ich ihn warte, zieht er es ein, und dann ist er ganz aus blankem Metall, mit all den winzigen Löchern, aus denen er die Haare rausschieben kann.
    Ich öle seine Gelenke, mach seine Pfoten sauber, sie sind aus weichen Teflonpolstern. Ich reibe seine Augen blank, schau nach, ob was in den Ohren ist. Er schnurrt und bebt ganz leise. Sein Schwanz klemmt ein bisschen, und ich fiesle einen Grassamen aus dem Scharnier.
    »Ja«, sagt er. »Ja, ja, ja, ja, gut so.«
    Er lässt sich auf den Bauch fallen, und wie jedes Mal sehe ich entzückt zu, wie er sich erneut mit Fell überzieht und mit den Augen blinzelt.
    »Schlafen«, sagt er. Und ich lege mich an ihn gekuschelt. Er heizt sich ein bisschen auf für mich.
    »Schlafen«, murmelt er.

MINGUS
    »Hör zu!«, sage ich zu Alan, dem Nasenkerl, und er hockt sich sofort vor mir nieder und ordnet seine Tunika.
    »Sprich, großer Khan«, sagt er. Ich darf nicht lachen.
    »Ich hatte heute Nacht … eine Erscheinung. Ich weiß jetzt, wie wir alles planen werden. Der … dieser schwarze Idolo … unser Mono hat es mir gesagt.«
    »Kommt alle her, Brüder.« Alans Stimme zittert. »Kommt her. Es ist so weit, unser Gott hat ihn berührt, er spricht …«
    Alle hören auf zu essen und kriechen herbei, husten und murmeln, sammeln sich um uns. Jetzt muss ich alles richtig machen.
    »Hört den großen Khan«, sage ich mit lauter Stimme. »Wir können nicht antreten mit unseren Waffen gegen den Präsi und seine Roboarmee. Wir müssen ihn überlisten. Wir müssen uns in seine Nähe, seine Umgebung einschleichen, wir müssen einen … einen Agenten, jemanden, der das kann, also einen von den Aristos, für uns gewinnen und … ihn einschleusen.«
    Alle murmeln ungläubig. »Ach, nur einen Aristo für uns gewinnen … nichts leichter als das …«, ruft jemand.
    »Woher nehmen und nicht stehlen«, brüllt ein anderer.
    Alan sagt: »Lasst den Khan sprechen!«
    »Dieser unser Agent muss Zugang zu den höchsten Kreisen haben«, rufe ich tapfer. »Wie man weiß, hat derPräsi drei Schwächen: die Jagd, den Krieg und schöne Frauen …«
    »Vor allem den Krieg!« Gelächter.
    Ich lasse mich nicht beirren.
    »Unser Agent kann nur …« – ich mache eine wichtige Pause – »eine Frau sein.«
    »Und welche von unseren vielen schönen Aristofrauen hier im Lager schlägst du vor?« Beppo, der Einzige, der noch Haare hat, ist jünger als die anderen und von Anfang an mein Feind.
    »Ich weiß genau, welche Frau«, sage ich mit fester Stimme. »Sie ist mir gezeigt worden, heute Nacht. Ich kenne sie. Ich weiß, wo wir sie finden.« Tara hat mir genau beschrieben, wo in der Oberstadt das Habitat der Krawitzens liegt. »Wir müssen sie nur holen«, sage ich nachlässig.
    Das Gelächter ist ohrenbetäubend.
    »Und wie sollten wir, wenn wir sie denn hätten, dieses Mädchen dazu bringen, für uns zu arbeiten?«, fragt Alan.
    »Die soll ihn wohl vergiften, oder soll sie es abstechen, mit ihrem kleinen Aristodolch,

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