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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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auszutreiben«, flüstert Frida. »Wer weiß.«
    »Und du«, sage ich, »willst du’s noch mal probieren?«
    »Mein herrlicher Li-Po. Vielleicht ist er ohne mich los, und jetzt ist er irgendwo mit einer anderen glücklich.«
    Frida und ich spritzen Wasser in die verdreckten Aristokäfige. Die Männer, in einer Ecke zusammengekauert, beobachten uns feindselig.
    »Ihr werdet noch zu Kreuze kriechen, ihr Mistkerle«, brüllt Frida und richtet den Schlauch auf sie.
    »Nicht beschädigen«, sagt lächelnd eine Aufseherin, die vorbeikommt.

NIN
    Unter der flirrenden Kuppel – ich muss den Kopf in den Nacken legen, um zu sehen, wie sie sich hoch über mir rundet – sitze ich auf einem Flugkissen aus weichem Sintoleder im Lotossitz, wie man mich angewiesen hat. Bello, ein paar Meter hinter und natürlich unter mir, kniet auf den leuchtenden Glasplatten des Bodens, Fische schwimmen unter ihm durch. Ich bin gegen meinen Willen beeindruckt.
    Ich dufte. Sie haben mir die Augen verbunden, ehe sie mich gebadet haben. Frauenhände, das konnte ich spüren, aber keine sprach zu mir. Es ist kein Bad der Oberstadt, ich kenne unsere Bäder. Es gab auch keine anderen Badenden hier, nur mich und die Frauen, die mich schweigend wuschen.
    Das Gewand habe ich erst gesehen, als sie mich durch die Tür in diesen Saal schoben und mir das Tuch von den Augen nahmen, aber ich habe es schon vorher an mir gespürt. Es ist eins von diesen lebenden Organismen aus den verlorenen Kolonien, ein Tier, das sich an den Körper schmiegt und die Farbe wechselt, je nachdem, was sein Träger gerade fühlt. Im Augenblick ist es ein klares Grün. Ich wollte schon immer so ein lebendes Kleid.
    Gleich werden Mama und Papa hereingeführt werden. Ich glaube nicht, dass sie lange böse auf mich sein können.Sie werden so froh sein, mich wiederzuhaben, und von der Gedächtnislöscherei wird dann keine Rede mehr sein, da bin ich mir sicher. Trotzdem weiß ich nicht, was sie sonst noch mit mir vorhaben. Vielleicht muss ich in den Hungerstreik treten. Dazu habe ich keine große Lust. Man hat mir zu essen gegeben. Wunderbares Essen. Sintohuhn mit saftigen grünen Knollen aus der Aquakultur. Bello lässt sich nicht lumpen. Sicher kriegt er massig Energiepunkte von meiner Familie. Es wundert mich aber schon, dass der Präsi uns empfängt. Ich wusste nicht, dass Papa ihm so nahesteht. Ich glaube, er hat den neu geklonten Präsi noch nie in Person erlebt.
    Der Präsi. Plötzlich ist er da. Ich habe ihn nicht kommen sehen. Er schwebt über uns auf einer hellblauen Wolke. Er ist groß und ausladend und sieht aus wie aus nacktem Fleisch, so als hätte er keine Haut. Auf seinem Kopf und seinen Armen wachsen kupferrote Haare. Mein Kleid wird braun. Ein langer silberner Robo neben ihm reicht ihm eine kleine Maschine, aber der Präsi wirft sie mit wütendem Gesicht durch den Raum. Er spricht, ich sehe es an seinem Mund, aber ich höre nichts. Ich warte.
    »Verneig dich«, flüstert Bello. Und ich neige im Sitzen den Kopf bis hinunter auf meine nackten Füße. Der Präsi mag nicht, wenn Leute aufrecht stehen.
    »Ich höre ihn nicht«, flüstere ich.
    »Keine Stimme«, zischt Bello. »Schlechte Klonung! Kein Wort darüber!«
    Der Robo hebt den Arm. Er spricht für den Präsi. Seine Stimme ist melodisch und weich, wie die Stimme einer Mutter, die mit ihren Kindern spricht.
    »Tochter des Krawitz. Willkommen. Du willst deinem Land helfen. Das gefällt uns. Sprich!«
    Bello will mir etwas zuflüstern, aber der Robo ruft nun mit einer strengen Kindermädchenstimme: »Du nicht!!«
    »Was … was soll ich tun?«, frage ich.
    »Unser Land braucht Soldaten.
    Unser Land braucht Soldaten.
    Unser Land braucht Soldaten«, säuselt der Robo. Der Präsi gibt ihm einen harten Schlag mit dem Handrücken. Der Robo schwankt.
    »Wo ist der Tiermensch?«, flötet der Robo. »Wo sind die Papiere zur genetischen … zur genetischen … zur genetischen …« Der Robo raucht an der Brust, und Lichter an seinem Schädel blinken auf und erlöschen wieder.
    Der Präsi richtet sich auf und öffnet weit den Mund. Er schreit, aber kein Ton ist zu hören. Ich warte, bis er den Mund wieder zumacht.
    »Ich habe diesen Mann kurz nach unserer Rettung zum letzten Mal gesehen, ehe ich weggebracht wurde, also zurück zu meinen Eltern. Wo sind meine Eltern?«
    Ein Gedränge entsteht, als man einen neuen Robo hereinbringt und den alten abtransportiert. Bello will etwas sagen, er stottert. Ein Lichtstrahl des neuen Robos

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