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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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Eltern Krawitz ist. Das Wiesel hat einiges zu melden:
    Die Krawitzens sind im Sondertrakt in Isolation.
    Der Präsi startet in Kürze das große Bauprojekt.
    Der Gesundheitsminister – entlassen.
    Atox steht vor dem Ruin.
    »Gut so«, sage ich.
    Weiter geht’s: Verstärkte Razzien im Kanalnetz.
    Nichts, was uns betrifft.
    Anton gibt mir ein Zeichen. Ich folge seinem Blick. Ein Kerl mit einer Nase wie eine Kartoffel unterbricht die Kampfparolen und Marschmusik mit einer Bekanntmachung: »Familie Krawitz, Vater, Mutter und Tochter, sind gestern Nacht bei einem Absturz ihrer Flugmaschine ums Leben gekommen. Die Trümmer der Maschine wurden im Wüstengürtel um Olvio von Einheiten der Ci-Po geortet. Elmar Krawitz, ein Vertrauter unseres …«
    Ich höre nicht mehr zu. Anton zuckt die Schultern. Auch für ihn ist das eine Überraschung.
    Ich sage ihm nicht, dass wir die Tochter haben. Ich sage ihm nicht, dass diese Nachricht eine Propagandalüge ist. Wir trennen uns rasch, wie immer nach solchen Treffen.
    Bin froh, aus dem Getümmel in unser gelobtes Tal zurückzukehren. Die Kleine darf unter keinen Umständen davon erfahren, auch wenn dieser Absturz eine Presseente ist. Das würde ihre mühsam aufgebaute innere Harmonie stören. Das werde ich nicht zulassen. Sie macht sich gut.
    Ein langer, elend langer Flug mit tückischen Windböen und durch Vogelschwärme. Die Maschine schüttelt sich und stottert. Ich hasse es zu fliegen. Ich werde erst ruhiger, als wir uns senken und ich die aufgespannten Tarnnetze sehe, die sich im Wind bewegen wie Wasser, so weit mein Auge reicht. Ich sollte sie überprüfen lassen nach dem Regen. Zuerst aber sind die Amas dran. Bald wird die kostbare Chimäre in unserer Hand sein.

NIN
    Daisy ist meine Freundin. Sie ist im Bogenschießen besser als ich, schneller als ich, stärker als ich. Das macht mir nichts aus. Ich weiß, sie glaubt mir nicht recht, wenn ich das sage. Daisy ist wahnsinnig ehrgeizig. Ich bin die bessere Pilotin, das ist mal sicher, aber das behalte ich für mich. Schließlich verdanke ich ihrem Ungeschick im Cockpit mein Leben, oder so ähnlich.
    Wir gehen immer Arm in Arm, wenn ich rausdarf, am Nachmittag, nach den Religionsstunden, in denen ich halb verrückt werde vor Langeweile. Die alte Sophie, die mir die Texte erklärt, riecht wie angebrannter Käse. Ich soll Ehrfurcht vor ihr haben, sagt Neila. Neila ist nett, aber wahnsinnig gebieterisch und schrecklich neugierig. Sie fragt mich nach allem Möglichen. Ich erzähle ihr Lügengeschichten. Ich bin gut in so was.
    Daisy und ich gehen Arm in Arm durch den Ashram. Sie zeigt mir die heiligen Gewölbe von außen, noch darf ich nicht hinein. Durch die offenen Flügeltüren sehe ich die Große Mutter auf ihrem Altar. Eine weißliche, eher kleine Figur, nicht sehr beeindruckend. Ich denke an den geflügelten Dämon in unserem Garten. Wasser springt aus seiner Nase. Die Große Mutter sitzt einfach nur da, in ihrem Wald von Blumen und immer umweht von einer duftenden Rauchwolke. Man kann das bis hier auf der Treppe riechen.
    Daisy will nicht über sie sprechen.
    Ich hab ihr erzählt, was Mama mir gesagt hat. Man braucht nur die Ahnen zu verehren und mit ihnen zu reden. Das genügt völlig. Unsere sitzen in ihrem kleinen hochbeinigen Haus im Garten, allerdings brauchen auch sie, wie die Große Mutter hier, Blumen und Rauch, aber auch Früchte und Wasser. Wasser in einem kleinen goldenen Schälchen. Jeden Tag frisches. Ich habe ihnen oft frisches Wasser gebracht. Man grüßt sie, wenn man vorbeigeht. Mama sagt, einen Götzen anzubeten sei lächerlich und unterstadtmäßig. Sie sagt, Sekten hätten unser Land fast zugrunde gerichtet. Davon spreche ich nicht mit Daisy.
    Ich überlege, wie Mingus’ Ahnen aussehen. Einer davon muss ein Löwe sein. Ob er ihnen ein Häuschen gebaut hat, da, wo er gerade ist? Sicher nicht. Auf der Flucht kann man nirgends lange bleiben. Ich wollte, ich könnte ihn danach fragen.
    Daisy zeigt mir das Männerhaus. Wir dürfen nicht zu nahe herangehen, das ist uns verboten. Sie musizieren, jonglieren, spielen den ganzen Tag Karten und Ball oder planschen im Becken. Einige arbeiten auf den Feldern oder kümmern sich um die Pferde, sagt Daisy. Aber nur für ein paar Stunden, man will sie nicht ermüden oder riskieren, dass sie krank werden.
    »Wir dürfen uns noch nicht paaren«, sagt Daisy. »Das ist gemein.«
    »Warum nicht?«, frage ich, obwohl ich ihren Unwillen nicht verstehen kann.
    »Das dürfen nur

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