Mingus
Gartenzimmer. Ich breite die Arme aus, ich lege den Kopf in den Nacken. Alles dreht sich um mich. Ich muss lachen. Ich stehe auf dem weißen Rasen, mitten im Raum, und lache. Ich werfe mich auf eine der hellen einladenden Sandbänke und strecke alle viere von mir. Gonzo sieht mir zu und wedelt ein bisschen mit dem Schwanz.
»Keine Zeit für Spiele«, sagt er. »Komm essen.«
Und ich gehorche ihm.
ALAN
Meine Männer sind zurück.
Alle sind krank und kriechen klagend herum. Das war eine Giftattacke. Ich weiß nicht, mit was man sie besprüht hat oder was man ihnen gespritzt hat. Aber sie sind am Leben. Es ist wie ein Wunder.
Sie sind zu elend, um zu bemerken, dass ich unseren Gott vom Sockel gestoßen habe und dass er am Boden liegt, in der Asche seiner Brandopfer.
Gosswin ist fort. Er wird schweigen. Ich habe ihn bedroht, und er weiß, wozu ich fähig bin. Er weiß nicht, wie schwach und mutlos ich mich fühle. Ich habe meinen Glauben verloren. Das ist alles.
Am Abend landet ein Chopper auf der Wiese. Es hat aufgehört zu regnen, und wir alle hören das Schlagen seiner Propeller. Wir rücken angstvoll zusammen, zu schwach, um mehr zu tun als das. Jetzt werden sie uns den Rest geben. Die Männer beten. Ich nicht. Ich fasse den Entschluss, mit Würde in den Tod zu gehen.
Jemand versucht, die schweren Eisentore aufzuschieben. Ich schaue gar nicht hin. Was werden sie uns antun? Die Tore sind lange nicht geöffnet worden und kreischen widerwillig. Es ist nicht so leicht, sie zu bewegen. Ich halte die Augen geschlossen und warte. Es geht in Rucken unddann wieder in heftigen Stößen, das höre ich. Es dauert lange. Vielleicht kriegen sie die vermaledeiten Tore gar nicht auf. Ich öffne die Augen.
Da ist Mingus, unser großer Khan. Er lebt. Er winkt uns zu, ihm zu helfen. Keiner rührt sich.
»Schnell«, brüllt er. »Wir müssen das Ding verstecken. Hoch mit euch, Männer. Was ist los mit euch?«
Ein paar Männer rappeln sich auf. Sie schieben den Chopper herein. Sie schließen die Tore.
Da steht das Ding, mitten unter uns, ein Wunderwerk, eine überirdisch schöne Maschine, steht da und tickt leise beim Abkühlen. Und da steht Mingus, der große Khan.
Ob ich unseren Mono wieder auf seinen Sockel hebe? Nein. Ich habe abgeschlossen mit ihm.
»Wo ist deine Aristo?« Das ist Beppo, er ist schon wieder etwas munterer.
»Was ist passiert?«, rufen andere.
»Du lebst!«
»Dafür werden sie uns töten, alle. Nur dafür.«
»Du kannst so ein Ding fliegen?«
Mingus nimmt seine Mütze ab und hockt sich vor das Feuer.
»Er hat es geflogen«, sagt er ganz gelassen. Und nun erst sehe ich den Hund neben ihm. Eines von diesen absolut fantastischen Robotieren, die sie vor Jahren hergestellt haben, ehe Pit, sein Erschaffer – ein Ama übrigens –, in Ungnade fiel und seine Werkstatt abgefackelt wurde. Man sagt freilich, alle seine Kreaturen seien damals beschlagnahmt und zerstört worden.
Die Männer umringen die Flugmaschine. Jemand legtHolz nach für mehr Licht. Der große Khan sitzt nahe am Feuer, er schaut sich nicht um, er schweigt, er kümmert sich nicht um die Fragen, die man ihm zuruft. Ich sehe, wie der Robohund unruhig die Maschine umkreist, als müsse er sie bewachen. Und dann sehe ich, dass der große Khan – denn noch immer nenne ich ihn in Gedanken so, obwohl ich nicht mehr an ihn glaube – seine Tunika über den Kopf zieht, zittert und sich zusammenkrümmt. Er schluchzt. Es klingt fürchterlich.
Wir hören es alle.
NEILA
Die Regen haben aufgehört. Morgen ist Vollmond. Da werden wir Alan und seinen Amas einen kleinen Besuch im Park der verbotenen Zone abstatten.
Die Frauen bereit. Alle Flugmaschinen frisch gewartet. Eine freilich wird genügen, um diese alten Männer einzuschüchtern. Ihren Gefangenen werden wir ihnen abjagen. Das ist diesmal so einfach wie Tautreten. Wir kennen ihr Versteck.
Der Plan ist gut. Die Große Mutter hat ihm zugestimmt. Einen ganzen Tag lang haben wir gefastet und vor ihrem Schrein gekniet. Dann flog die Eule, ihr besonders bevorzugtes Tier, durch das große Dachfenster herein und setzte sich auf den Kopf der Großen Mutter. Es steht also zum Besten. Wir haben ein Dankfasten angesetzt.
Am Avatar unterbrechen sie um die Mittagszeit die übliche Kriegsberichterstattung. Ich bin gerade im Gespräch mit unserem Stadtläufer Anton, das Wiesel, wie wir ihn nennen. Er hat ausgekundschaftet, wie die Lage im Präsipalast nach dem angeblichen Attentat und der Verhaftung der
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