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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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Ändere das Datum.«
    »Sofort, Meister.«
    »Was hört man von unserer Chimäre, Alia?«
    »Sie sagen, er sei tot.«

MINGUS
    Das Haus ist leer.
    Fast hätten sie mich niedergezwungen. Es waren vier Männer, oder waren es Robos? Sie rochen seltsam. Aber alles hier riecht seltsam. Ich bin stark und wendig. Meine Krallen sind nachgewachsen. Meine Wut macht mir Flügel. Tara würde lachen und sagen: »Gefährlich! Du bildest dir ein, du seiest unschlagbar.« Ja, das glaube ich, Tara, und wie du siehst …
    Ich habe keinen getötet. Ich kann nicht töten. Nicht Menschen. Tara glaubt, Papa hätte mir das eingepflanzt. Ich kann mich verteidigen, aber nicht töten. Bei Beutetieren ist das was anderes.
    Ich komme los von dem Haufen, weg, über die Mauer, durch einen Garten. Das schreckliche Schrillen der Alarmsirenen macht mich taub. Über eine zweite Mauer, durch Büsche und Blumen, falle in ein Wasserloch, renne weiter, weiß nicht genau, wo ich bin, weiter, über Dächer, immerzu gefoltert von diesem entsetzlichen Schrillen. Ich stoße mich ab von Balkongittern, rutsche über Solarpaneele, quetsche mich durch Schächte, schramme an Mauern entlang. Der Regen macht alles rutschig und nimmt mir die Sicht.
    Der Krawitz Garten.
    Ich erkenne ihn sofort an dem Brunnen mit dem geflügelten Mann. Ich falle in die blühenden Sträucher, nass bisauf die Haut. Es regnet, milchige Schleier. Blüten kleben an mir. Ich höre jenseits der Mauer Stimmen und das metallische Klicken von sich drängenden Robos. Sie haben ihre eigene Ordnungspolizei hier oben, die O-Po.
    Es ist aus mit mir.
    Und da ist der Hund. Es ist kein Hund, das erkenne ich sofort, obwohl er so aussieht. Ich hänge in den Zweigen und warte auf seinen Sprung. Meine Krallen bereit, meine Zähne entblößt. Ich brülle, aber das geht unter im Getöse der Alarmsirenen. Da springt er. Aber sein Sprung trägt ihn nur näher heran zu mir.
    »Hierher«, ruft er und rennt hinüber zum Brunnen. »Hierher, los.«
    Ein sprechender Hund, der kein Hund ist. Ein Robohund. Ich lasse mich zu Boden fallen. Was soll’s, gleich haben sie mich sowieso. Ich springe über die metallene Klappe, die er für mich aufgestemmt hat. Wie, das weiß ich nicht. Ich lande in einem engen Raum, unter dem Brunnen. Dumpfe Luft. Es ist eine Falle.
    »Bleib!«, sagt der Hund und lässt die Klappe zufallen. Ich bin im Dunkeln. Ich zittere. Ich keuche. Oben schrillt der Alarm weiter.
    »Bleib.« Er spricht zu mir, als sei ich ein Hund.
    Ich höre seine Pfoten hastig über die Klappe tapsen, und sofort höre ich auch das Geräusch rennender Füße. Haben Robos Füße, oder wie nennt man das?
    »Durchsuchen!«
    »Ausschwärmen!«
    »Laser bereit!«
    »Macht schon!«
    Ich halte mir die Ohren zu. Ich versuche einzuschlafen. Nur kurz, um Kraft zu sammeln.
    Dann, mit einem Mal Stille. Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon hocke, an die feuchte Wand gelehnt, blind, mit zugehaltenen Ohren.
    Die Klappe öffnet sich.
    »Fehlalarm!«, sagt der Hund. Der Hund hat einen Witz gemacht. Das war Ironie. Was ist das für ein Wesen? Ich klettere aus meinem Gefängnis.
    »Mingus«, sagt der Hund, »meine Herrin Nin will dich. Sie ist fort. Ihr Sender ist tot. Wir müssen sie suchen. Sofort. Kannst du das?«
    »Natürlich«, sage ich und versuche, so ruhig wie möglich zu klingen. Und der Hund lacht. Ich habe noch nie einen Robo lachen hören. Es klingt gut. Ich weiß, er lacht über mich.
    »Ich bin Gonzo«, sagt der Hund. »Komm ins Haus. Sie sind alle weg. Ich habe die Alarmanlage und alles abgestellt. Du kannst baden und essen. Meine Herrin will das so. Dann suchen wir sie. Der Chopper ist noch da.«
    Ich laufe mit Gonzo über den nassen Rasen zum Habitat. Es ist ganz aus Glas, und drinnen gibt es riesige weiße Möbel, weich, geformt wie Sanddünen, und die Wände sind voller Bilder. Es gibt dort auch eine Tiefkühltruhe, wie Papa sie hatte. Aber diese hier ist viel, viel größer, und nicht nur Fleisch ist drinnen.
    Ich will in ihr Zimmer. Gonzo bellt. Ich betrachte ihn verblüfft. »Keine Zeit«, sagt er, aber ich stürme die Treppe hinauf, und da ist ihr Bett, groß wie ein Schiff, sogar Segel hat es. Papa hat Schiffe geliebt, es gibt keine mehr, hat ergesagt. Der Mann in dieser Geschichte, die ich gelesen habe, segelte auf einem Schiff.
    Es riecht hier nach ihr. Ich würde gerne in dieses Bett kriechen und in ihrem Geruch einschlafen. Gonzo bellt.
    »Genug geschaut?«, sagt er.
    Wir kehren zurück in das große

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