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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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Kriegerinnen beim Training aufeinander losschlagen mit ihren Bambusstöcken und wie gesund und wohlgelaunt unsere Männer sind, na ja, fast alle.
    Ich besuche die Kleine in ihrer Zelle und scheuche Daisy auf, die dort mit ihr hockt, plaudert und lacht, wann immer ich vorbeikomme. Daisy ist die junge Pilotin, die mit der Bruchlandung auf dem Dach des Präsipalasts. Sie ist diejenige, die Nin gerettet hat.
    »Lass mich mal eben allein mit ihr«, sage ich zu Daisy. Die beiden wollen nicht gestört werden und betrachten mich übellaunig.
    »Du hast mir nichts zu befehlen«, sagt Daisy. »Du bist nicht mal Stufe zwei.«
    »Und ich heiße Nin«, sagt die kahlköpfige Kleine. »Und wie heißt du? Lass mich raten, wie gefällt dir Hortensia?« Und sie lachen.
    Ich stehe in der Tür und lächle milde.
    »Tara«, sagt Daisy. »Einfach nur Tara.«
    »Mingus«, sage ich. »Ich habe Mingus gerettet, bei mir hat er sich verkrochen und überlebt, viele Monate unter meinem Dach …«
    »Lass uns allein, Daisy, Liebste«, sagt die Kleine schnell, und Daisy packt vor sich hin maulend die Bohnenkerne und das Spielbrett zusammen.
    »Geht das wieder los?«, sagt sie. »Mingus, Pinkus, Stinkus!«
    Wir sitzen auf Nins Bett, draußen hört man die Männer vom Ballplatz herüberschreien und das satte »Paff-paff« der getroffenen Bälle. Sie kratzt sich den Kopf, und ihr Gesicht ist rot wie eine Tomate.
    »Alles, Tara, alles sollst du mir sagen. Jede Kleinigkeit, alles. Lass nichts aus«, sagt sie streng und schaut mir dabei in die Augen, ohne zu blinzeln. Sie ist es gewöhnt zu befehlen, diese kleine Aristo, aber nicht mit mir.
    »Tee und Gebäck!«, sage ich.
    Sie steht sofort auf und holt eine Tasse für mich, schenkt mir ein, öffnet die Pergamentdose, die sie unter Anleitung mit Mas Auge verziert hat, und reiht die unförmigen Teigklümpchen, die sie selbst gebacken hat, sorgsam auf das Bananenblatt.
    »Meine ersten«, sagt sie.
    »Nett«, sage ich und stecke zwei davon in den Mund.
    »Sprich«, sagt sie.
    Ich trinke Tee und kaue geräuschvoll.
    »Honig«, sage ich, und sie beeilt sich, Honig in meine Tasse zu träufeln. Tränen stehen in ihren Augen.
    »Bitte!«, flüstert sie.
    »Ruhig Blut«, sage ich und strecke mich auf ihrem Bett aus.
    »Bitte, Tara.«
    Und dann erzähle ich ihr alles von Anfang an.

BORIS
    Es gab einen Anschlag auf den Präsi. Er blieb unverletzt. Die Schuldigen sind gefasst. Alles alte Amas. Ich dachte, die Jungs gebe es längst nicht mehr. Alle sind, so heißt es, bereits hingerichtet. Zur Feier seiner Rettung wird der Präsi ein großes Fest geben im Präsipalast. Ich bin nicht gebeten. Dr. Matthäus, mein Medizinmann, geht hin und will mir berichten.
    Man hat die Krawitzens festgenommen. Unerhört! Spione der Gayaner heißt es. Anderswo habe ich gehört, sie hätten schon lange mit verbotener Biomasse gehandelt, die Feinde damit beliefert, Gold gehortet. Ich glaube kein Wort. Krawitz ist linientreu und geradezu naiv rechtschaffen. Traditionsbewusster Präsiunterstützer. Politischer Musterschüler. Da sieht man, wohin das führt. Ich kann nichts erfahren über den Verbleib der Tochter. Auch eingesperrt? Dann ist was Ernstes im Busch.
    Meine Anfälle kommen immer öfter.
    Meine Forschung stagniert. Wiedemann hat das »Sono« hingeschmissen. Geplatztes Trommelfell, Burn-out-Syndrom. Ich habe ihn gefeuert. Die Mittel der Atox sind fast aufgebraucht.
    Alia, die Beste aller Assistentinnen, legt mir die neuen Labortabellen vor. Das Algenprojekt.
    »Meister, wie blass Ihr seid, was kann ich nur für Euch tun?«
    »Nichts. Gib her. Wie sieht’s aus?«
    »Nicht gut. Das Eiweiß ist wieder instabil. Es gibt einen Bakterienherd, man muss eine neue Versuchsreihe starten.« So viel zu unserem Prototypen, Brot für die Menschheit! Dass ich nicht lache.
    »Der Gesundheitsminister wird in fünfzehn Minuten erwartet«, flüstert Alia.
    »Er ist nicht angemeldet«, schreie ich.
    »Es wurde eben durchgegeben«, flüstert Alia. Sie stellt mir den Becher mit Honiglösung zurecht.
    »Was hört man aus dem Palast?«, frage ich.
    »Der Präsi, möge er lange leben, hat einen Sonettzyklus auf seine Rettung verfasst.«
    »Wie lange diesmal?«
    »Drei Stunden soll’s dauern. Anwesenheitspflicht im Auditorium. Am Avatar wird schon das Volk aufgestellt. Fähnchen verteilt. Großer Ci-Po-Aufmarsch und alles.«
    »Wann?«
    »Heute um Punkt halb sechs, Meister.«
    »Bring mir die alten Labortabellen, die von vor drei Wochen, rasch.

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