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Mingus

Mingus

Titel: Mingus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keto von Waberer
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durchwühlt, als ich nach meinem Anfall ohne Bewusstsein war. Ich weiß, dass er an den Früchten unserer Suche als gleichberechtigterPartner beteiligt werden will. Obendrein hofft er auf weiteres Gold. Das berühmte Gold, das Leo angeblich aus dem von der Ci-Po zerstörten Museum geborgen, sagen wir besser, entwendet haben soll. Ich selbst bin mir sicher, dass er es versteckt hat. Nur wo? Wir werden es finden, Matt und ich. Was dann mit dem guten Matt geschieht, werden wir noch sehen. Wahrscheinlich muss ich ihn fallen lassen. Und zwar tief.
    Es geht mir so gut wie selten. Wir sind seit Tagen unterwegs. Wie aufregend, die verlassenen und zerstörten Dörfer unter uns zu betrachten, an die schwarzen Adern der Flüsse geklumpt wie kleine Wucherungen im Fleisch einer Leiche. Ich habe diese Aufnahmen von krankem Gewebe immer gerne betrachtet. Das ist Kunst für mich.
    Die Steppengebiete sind langweilig, wenn auch prächtige Sonnenuntergänge in allen Regenbogenfarben uns abends belohnen. Das Zeug aus den Proviantboxen des Hospitals schmeckt nicht mal so übel, nur das Wasser hat einen chemischen Nachgeschmack. Matt ist ein leidenschaftlicher Pilot und pfeift ein Liedchen, während ich mit dem Glas die Landschaft unter uns absuche. Ich weiß nur ungefähr aus den Berichten der Ci-Po, wo unser Ziel liegt.
    Ich sehe Matts zufriedenes Profil, seine vorgeschobene Unterlippe, sein entschlossenes Kinn, die bebenden Löckchen über seiner Stirn. Pfeif du nur, sage ich mir. Du goldgieriger kleiner Rübenkopf ! Und so vergehen unsere Tage.
    An diesem Abend landen wir neben einer Ausgrabungsstätte. Robos und Archäologen wühlen in der Erde. DieMenschen in dem Haufen sind alle alt, haben mein Alter. Sie stammen wie ich noch aus der Zeit, als man sich für unsere Vergangenheit und unsere Historie interessierte und Geld dafür ausgab, sie auszubuddeln.
    Beim Essen, zu dem man uns einlädt, werfe ich die Frage auf, was sie hier suchen und wer die Grabung finanziert. Danach ist mir alles klar. Frühe Vorfahren der zweiten Präsi-Klonung sollen hier einen Palast bewohnt haben. Welche Klonung das war, frage ich.
    »Natürlich Hatabal, der Alchimist«, ruft Julian, der bärtige Metallurge, »aber ich fresse einen Besen, wenn das hier ein Palast war. Es war eine Fabrik für Waffen mit dazugehörigen Arbeitersiedlungen.«
    »Und?«, frage ich. »Was sagt unser Präsi dazu?«
    »Wir graben hier einen Palast aus und basta«, sagt Zaz, eine rothaarige Frau. »Einen reich mit Waffen bestückten Palast!« Sie lachen alle.
    »Er will hier eine Gedenkstätte errichten, für seine Ahnen.«
    »Kommt er oft vorbei, um die Grabung zu besichtigen?«
    »Es gibt keine Tiere hier. Unser Präsi geht nur da hin, wo er auch jagen kann«, sagt Julian. »Das trifft sich gut.«
    Sie erzählen mir spätabends endlich von der Chimäre. Ein Tiermensch und eine Menschenfrau kamen eines Tages hier hereingeschneit und erhielten medizinische Versorgung, Nahrung und Unterkunft. »Beide stumm, kein Wort«, sagt die rothaarige Frau. »Aber er, er war hochinteressant. Ich habe als Studentin im Museum eine kleine Figur gesehen, aus Knochen geschnitzt. Ein Tiermensch. Halb Mann, halb Löwe. Ein Fetisch, Jagdfetisch, nehme ich an …«
    Matt unterbricht sie kichernd. »Deshalb ist auch unser Präsi, lang möge er leben, so irrsinnig hinter dem Kerlchen her, was?« Natürlich kenne ich dieses Artefakt.
    »Das Figürchen kam aus einer unvorstellbar fernen Urzeit«, sagt Zaz bekümmert. »Die haben ja die Museen ausgeplündert und alles geraubt, was sie für wertvoll hielten. Seid ihr regierungstreu, ihr beiden?«
    »Nee«, ruft Matt. »Nee, früher mal, aber jetzt … Wir suchen ja …« Ich trete ihn unterm Tisch.
    »Dieser Halblöwe war ziemlich helle«, sagt Julian. »Ein richtiges Trüffelschwein. Er hat uns ja geholfen. Fand alles Mögliche. Er hat bei Tisch immer zwei Portionen gegessen, der Arme. Ausgehungert, sag ich euch.«
    »Der war noch nicht ausgewachsen«, sagt die Rothaarige versonnen. »Wir hätten ihn gerne hierbehalten. Sie auch, die Kleine.«
    »Na ja«, sagt Julian. »Gregor, unser damaliger Grabungsleiter, wollte sie beide in die Stadt schaffen. Geld machen, wenn ihr mich fragt. Witterte eine Riesenprämie. Letzten Sommer hat ihn ein Löwe gefressen. Das ist ja irgendwie eine Ironie des Schicksals.«
    »Ein Löwe?«, ruft Matt. »Ein biologischer Löwe? Ich dachte, die seien seit Urzeiten ausgestorben. Ihr sagt doch, es gibt hier keine Tiere.«
    Julius

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