Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Minus 0: Märchen-Thriller (German Edition)

Minus 0: Märchen-Thriller (German Edition)

Titel: Minus 0: Märchen-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Theis
Vom Netzwerk:
viel einfacher gestrickt und hielt sich schlicht an bestimmte Rhythmen, während die Welt der Menschen voller Gefahren steckte. Hier wurde er von einem engen Vertrauten hintergangen und belogen. Hier konnte er sich nicht sicher sein, wer Freund oder Feind war. Dennoch steckte auch die Welt der Menschen voller Wunder. Was ihn noch in dieser Welt hielt, war vielleicht das Wunder der Freundschaft, die ihm die Tierwelt bislang vorenthielt.
    Er strich mit seiner Flosse über die Kratzer im Holz.
    „Noch eine Nacht...“, sagte er. „Ich hab euch nicht vergessen.“
    Er wollte etwas Bedeutendes sagen, aber ihm fielen nicht die passenden Worte ein. Um das zu sagen, was er wollte, schien das menschliche Vokabular nicht auszureichen.
    „Wahrscheinlich wolltet ihr nie, dass es soweit kommt, dass ich solche Dinge für euch mache - aber ich muss.“
    Er ließ von den Eingravierungen ab.
    „Wisst ihr, die Menschen sagen: Wer einen Fehler nicht korrigiert, begeht einen Zweiten. Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen.“
    Er drehte sich um, kehrte nach Blutwäldchen zurück mit einem gefestigten Entschluss. Alle paar Schritte nippte er an dem köstlichen Theison-Schnaps.
     
     
    13
     
    Auch an diesem Tag lachte die Sonne über Blutwäldchen. Die Dorfbewohner waren erstaunt, als sie zum ersten Mal eine kleine, schwarzweiße Gestalt durch das Dorf wandeln sahen. Sie trauten ihren Augen kaum, als sie dieses Wesen als Pinguin identifizierten, der seelenruhig durch das idyllische Blutwäldchen spazierte und mit seiner Flosse ein kleines, rotes Wägelchen hinter sich herzog. Mit diesem Wägelchen transportierte er kleine Bretter, einen Hammer und Nägel. Als ihnen der kleine Pinguin entgegen kam, taten viele so als wäre er nicht da und als würden sie durch ihn hindurch sehen. War er an ihnen vorbei gegangen, so drehten sie sich schnell um und starrten ihm hinterher. Der Pinguin grüßte jeden freundlich mit einem „Guten Tag!“, das die Dorfbewohner zu ignorierten wussten. Das kleine Kerlchen machte sich nichts daraus und schob fröhlich sein Wägelchen hinter sich her. Die Dorfbewohner flüsterten untereinander, warum dieses Wesen denn sprechen könnte. Eine Hand voll Dorfbewohner folgten dem kleinen Pinguin auffällig, verfolgten ihn neugierig auf Schritt und Tritt. Ab und zu blieb sein Wägelchen auf dem Schotterweg stecken oder fiel zur Seite, woraufhin das kleine Kerlchen geduldig sein Wägelchen aufrichtete und die heruntergefallenen Materialien wieder hinein legte.
    Endlich kam der Pinguin am Ort seiner Begierden an; der größte Ahornbaum im ganzen Dorf. Er steckte zwei Nägel zwischen seinen Schnabel, packte ein kleines Brett und seinen Hammer. Die Dorfbewohner waren verwundert, als der kleine Pinguin die erste Sprosse am Fuß des großen Ahornbaums festnagelte. Die zweite und dritte Sprosse folgte. Er kletterte auf die zweite Sprosse, hielt sich mit einer Flosse an der dritte Sprosse fest und klopfte die vierte Sprosse in den Baum. Die Dorfbewohner starrten weiterhin diese kleine, lustige Gestalt an und amüsierten sich über seine tollpatschige Art, vermieden es allerdings ihm eine helfende Hand zu reichen.
    Kaum saß die vierte Sprosse fest, so kletterte der Pinguin mit neuen Baumaterialien auf die dritte Sprosse, bis diese sich löste und er mit seinem Brett auf den Boden fiel.
    Die schaulustige Menge brach in Lachen aus und amüsierte sich über diesen tollpatschigen Vogel. Der kleine Pinguin blieb auf dem Boden sitzen und rieb sich mit den Flossen über seinen schmerzenden Hinterkopf. Enttäuscht schaute er auf sein zerbrochenes Brett.
    Gerade als er sich aufrichten wollte, kamen kleine Kinder angerannt, schnappten sich kichernd das kleine rote Wägelchen und liefen davon.
    „Hey, das ist mein Wägelchen!“, rief er, doch darum scherten sich die Kinder einen feuchten Kehricht. Die Menge hatte jedenfalls ihren Spaß und amüsierte sich weiterhin.
    Nur ein älterer Mann kam aus der Menge, gesellte sich zu dem Pinguin und reichte ihm die Hand.
    „Alles in Ordnung?“
    Der Pinguin ergriff die Hand des Fremden und ließ sich hochziehen. „Vielen Dank. Ach, ist alles in Ordnung, ich muss mir nur neues Baumaterial besorgen.“
    „Optimistische Einstellung. Was baust du da eigentlich?“
    „Es soll mal ein Baumhaus werden“, sagte der Pinguin lachend. „Sieht zwar nicht so aus, aber vielleicht wird es ja noch.“
    „In meinem Schuppen hab ich noch jede Menge Bretter. Die brauch ich alle nicht mehr, wenn du möchtest

Weitere Kostenlose Bücher