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Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)

Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)

Titel: Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Theis
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guten Geistern verlassen?“, sagte Zack mehr zu sich selbst als zu Willi. „Wenn ich dem Kartenspieler zuerst begegnet wäre, wäre ich ein toter Mann.“
    „Stell dir vor“, sagte Willi feierlich. „Hätte sie es nicht getan, wäre ich ebenso tot!“
    „Bin ich nur noch von Wahnsinnigen umgeben?“, fragte er entsetzt. „Meine Freundin sabotiert mich, während du einen Massenmörder frei rumlaufen lässt und sich das ganze Dorf wundert, warum ich dich um jeden Preis stoppen möchte.“
    „Nicht das ganze Dorf wundert sich“, sagte Willi nachdenklich. „Zumindest ich hätte an deiner Stelle genau so gehandelt.“
    „Warum hast du ihn am Leben gelassen, Willi?“, fragte Zack. „Du hättest uns das alles ersparen können.“
    „Vor einem halben Jahr lehrte mich die Menschheit etwas, was ich mir früher nie erträumen konnte. Es war Freundschaft, eine Freundschaft die bereit war, meine damaligen Taten zu dulden und auch zu verzeihen.“ Willi sah unter sich. „Ich hatte euch alle getäuscht und verraten und beinahe euer aller Leben gefährdet. Dennoch habt ihr mir verziehen. Alle haben mir verziehen, außer einem: Mir selbst. Wie an jenem Tag als mir der Kartenspieler wehrlos gegenüberstand. Ich hatte es in der Hand über sein Leben zu entscheiden, doch wie? Wie sollte ich jemanden verurteilen, an dessen Händen das gleiche Blut klebte? Es wäre heuchlerisch gewesen als großer Held vom Schlachtfeld zu gehen. Ihm nie vergeben zu können, hätte gleichzeitig auch bedeutet, mir selbst nie zu verzeihen. Wie sich herausstellte lebte ich ein halbes Jahr ziemlich gut mit der Illusion eines inneren Friedens. Ich lief vor meiner Schuld davon, doch wie es das Schicksal so wollte, wurde ich am Ende doch von ihr eingeholt. Es wäre mehr als gerecht gewesen, hätten mich deine Kugeln tatsächlich niedergestreckt, doch wie es scheint, bleibt mir noch die Zeit meine Fehler gerade zu rücken.“
    Als Willi seinen Revolver wegsteckte, machte Zack große Augen. „Soll mich deine Gnade besänftigen?“
    „Sagen wir einfach, wir sind quitt“, sagte Willi. „Lass es mich wieder gutmachen. Danach werde ich Blutwäldchen verlassen und lasse dir und Lüc euren wohlverdienten Frieden.“
    „Das mit uns ist noch nicht vorbei“, knurrte Zack.
    Als Willi vorbeigehen wollte, stellte sich Zack ihm in den Weg, woraufhin Willi seinen geladenen Revolver zog und Zack entgegen hielt.
    „Wir sind quitt“, wiederholte Willi. „Beim zweiten Mal bin ich nicht so nachgiebig.“
    Zack ging respektvoll einen Schritt zurück und ließ den Pinguin das Baumhaus zu verlassen. Wortlos setzte er sich auf den Boden des Baumhauses und betrachtete die Patronenhülsen. Nicht er, sondern sie hatte den gefährlichen Mittelweg gewählt.

6. Phantomschmerz
     
     
     
    1
     
    Die ersten Sonnenstrahlen erhellten das rustikale Zigeunercamp. Bereits zu dieser frühen Stunde waren alle Zigeuner auf ihren Beinen. In einem riesigen Personenzug trugen sie gemeinsam die Leichen von Vilgot, Ulv, Berto, Vivicia und auch von Friedjof auf Tragen zu dem lichterloh brennenden Scheiterhaufen. Kaum glitten sie von der Trage in das Feuer hinab, wurden ihre Körper von den Flammen verzehrt. Die Reise in das Leben danach war geebnet. Die Zigeuner, darunter auch Merlin, konnten das Schauspiel nur mitansehen und für ihre Freunde hoffen, dass sie auf der anderen Seite ein friedlicheres Leben erfahren konnten.
    Eine Minute lang standen sie vor dem aufglühenden Feuer und
    schwiegen respektvoll. Danach verteilten sich die Zigeuner in ihrem Camp. Sie nahmen Holzlöffel und Gabel, Schraubenzieher und Messer zur Hand. Sie klopften auf Fässer, Blecheimern und Glasflaschen, um die skurrilste Ansammlung von Geräuschen zu kreieren. Sie füllten ihre Tassen mit Bier, legten sich gegenseitig ihre Arme auf die Schultern und blickten zum Scheiterhaufen.
    Gemeinsam sangen sie im Chor:
    „Nun zum guten Schluss
    einen Abschiedsgruß,
    waren die Zeiten auch schlimm,
    ist euch ein Platz in unserm’ Herz bestimmt.“
    Sie stoßen mit ihren Tassen an und schrieen aus vollen Leib:
    „Weiiiiil wir Zigeuuuuuner sind.
    Weeiiiill wiiiir Zigeuner siiiiind.“
    Gleichzeitig setzten alle Zigeuner, ob jung oder alt, zu einem kräftigen Schluck an, ehe sie weiter ihren Chor trällerten.
    „So oft sich die Wege auch entzwei’n,
    gute Freunde sich stets verei’n,
    ob im Jenseits oder diesem Platz
    wir zählen schon die Tage ab.“
    Mit Tränen in den Augen und brüchiger Stimme schrieen sie es

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