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Mio, mein Mio

Mio, mein Mio

Titel: Mio, mein Mio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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dir.«
    Sie gab mir Brot, und ich dankte ihr. Dann wandte ich mich zu Jum-Jum. »Sind wir fertig, Jum-Jum?« »Ja, wir sind fertig«, sagte Jum-Jum. Wir gingen zur Tür hinaus. Wir folgten dem Pfad zwischen den Apfelbäumen. Wir bestiegen Miramis. Da breitete Trauervogel seine großen schwarzen Schwingen aus und flog den Bergen zu. Die hundert weißen Pferde standen unbeweglich und sahen uns nach, als wir zwischen den Bäumen davonritten. Sie folgten uns nicht. Die Apfelblüten leuchteten wie Schnee im Mondschein. Sie leuchteten wie Schnee – vielleicht sollte ich nie mehr so schöne weiße Apfelblüten sehen …

Die verzauberten Vögel
    Vielleicht sollte ich niemals mehr Apfelblüten und grüne Bäume und weiches Gras sehen. Denn nun zogen wir einem Land entgegen, wo es keine Blumen gab und wo keine Bäume wachsen konnten und kein Gras. Wir ritten durch die Nacht. Wir ritten und ritten. Bald gab es keinen freundlichen Mondscheinwald mehr. Er lag hinter uns. Und vor uns wurde es dunkler. Der Mondschein war ausgelöscht.
    Der Boden wurde steinig und hart. Kahle Felswände stiegen überall empor. Sie rückten näher und näher an uns heran. Schließlich ritten wir auf einem engen, düsteren Pfad tief unten zwischen zwei hohen schwarzen Bergen vorwärts.
    »Wenn nur der Weg nicht so düster wäre«, sagte Jum-Jum. »Wenn nur die Berge nicht so schwarz wären und wir nicht so klein und einsam.«
    Der Pfad schlängelte und krümmte sich, und es war, als lauerten hinter jeder Biegung tausend Gefahren. Sicher empfand das auch Miramis. Er bebte am ganzen Leib und wollte umkehren. Aber ich hielt die Zügel fest und zwang ihn weiter. Schmaler wurde der Pfad. Die schwarzen Berge daneben wurden höher. Das Dunkel verdichtete sich. Endlich kamen wir an eine enge Öffnung zwischen den Felswänden, die einer Pforte glich. Und dahinter lag eine Finsternis, schwärzer als alle Finsternisse der Welt.
    »Das Land Außerhalb« flüsterte Jum-Jum. »Der Eingang zum Land Außerhalb.«
    Miramis bäumte sich wild und wieherte, daß es kaum zu ertragen war. Er hörte sich grauenvoll an, und es war das einzige, was man hörte. Denn die Finsternis hinter der Pforte war stumm. Sie war stumm und schien auf uns zu lauern. Sie wartete nur darauf, daß wir die Grenze überschritten.
    Ich wußte, daß ich in die Finsternis hinein mußte, aber ich hatte keine Furcht mehr. Nun, da ich wußte, es war seit tausend und abertausend Jahren bestimmt, daß ich durch diese dunkle Pforte sollte, fühlte ich mich mutiger.
    Ich dachte: Was geschehen muß, mag geschehen. Vielleicht würde ich nie mehr zurückkommen, aber ich wollte nicht mehr furchtsam sein. Ich trieb Miramis in die Finsternis hinein. Er spürte, daß ich nicht daran dachte, ihn umkehren zu lassen, und er sprengte durch die enge Pforte, als wolle er durchgehen. Dann sprengte er weiter auf den finsteren Wegen. Wir rasten durch die Nacht. Um uns her war es schwarz. Wir sahen weder Weg noch Steg. Aber Jum-Jum war bei mir. Er saß hinter mir und hielt sich an mir fest und drückte sich an meinen Rücken. Ich liebte ihn noch mehr als sonst. Ich war nicht allein. Ich hatte einen Freund, der mir folgte, einen einzigen Freund, genau wie es gesagt war. Wie lange wir durch die Finsternis rasten, weiß ich nicht. Vielleicht war es nur eine kurze Weile, vielleicht waren es viele, viele Stunden. Oder, fast schien es so, waren es tausend und abertausend Jahre? Es war, als ritte man in einem Traum, einem dieser bösen Träume, aus denen man mit einem Schrei erwacht und noch lange Zeit danach von Entsetzen gepackt ist. Dies jedoch war kein Traum, aus dem man erwachte. Wir ritten und ritten. Wir wußten nicht, wo. Wir wußten nicht, wie weit. Wir ritten nur immer durch die Nacht.
    Plötzlich blieb Miramis mit einem Ruck stehen. Wir waren an einen See gekommen. Und kein Traum konnte so entsetzlich sein wie dieser See. Manchmal hatte ich von großem schwarzem Wasser geträumt, das sich vor mir öffnete, aber niemals habe ich, niemals hat wohl irgendein Mensch von einem Wasser geträumt, so schwarz wie das Wasser vor uns, das ich mit meinen Augen sah. Es war das wüsteste, schwärzeste Wasser der Welt. Und um den See herum gab es nichts als nur hohe schwarze, kahle Felsen. Über dem finsteren Wasser kreisten Vögel, viele Vögel. Man sah sie nicht, aber man hörte sie. Und nie habe ich etwas Kläglicheres gehört als ihre Schreie. Sie taten mir so leid. Es hörte sich an, als riefen sie um Hilfe. Es hörte sich

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