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Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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war einer der Gründe, warum er sich bei ihnen nie wohlgefühlt hatte. Dieser Mangel an Geschmack!
    Aber wie zufrieden sie wirkten und wie ihre Augen vor Wiedersehensfreude glänzten! Sie waren – Freunde. Ein kurzes Stechen ging durch das Herz des alten Katers. Freunde! Nie hatte er so etwas gehabt.
    Und für einen Moment spürte er einen Anflug von Neid. Ein heftiges Gefühl, das seinen Körper wie Gift durchlief. Dann schüttelte er sich kurz und spähte weiter aufmerksam durch die winzige Astöffnung.
    Jetzt benutzten sie die Zeitsichtkugel! Wie konnten sie es wagen! Wo sie doch wussten, dass ein Blick in diese Kugel sie alle ins Verderben stürzen konnte.
    Nie hätte er selbst das getan. Dazu hatte er Madame Pythia.
    Da fiel plötzlich Licht aus der Kugel auf den Tisch. Und dieser alte Zauberer wischte sich eine Träne aus den Augen. Wie gefühlsduselig! Wenn er dabei nur nicht mit seinem Körper die Kugel verdecken würde!
    Der Kater schlug unruhig mit dem Schwanz auf den Ast.
    Da! Der Zauberer trat einen Schritt zurück, und der Kater musste sich mit seinen Krallen festhalten, sonst wäre er vor Überraschung nach hinten gekippt. Natürlich! Wie einfach es war. Warum war er nicht selbst darauf gekommen? Sie sahen mit der Kugel nicht in die Zukunft, sie sahen mit ihr in die Vergangenheit. In eine Vergangenheit, die weit zurücklag.
    Er war in der Kugel, Cyril de Montignac. Der Drache!
    Ach, könnte er doch nur verstehen, was das Geistwesen sagte! Der Kater spitzte die Ohren und nach einer Weile konnte er ganz leise die Stimme des Drachen vernehmen. Das, was er hörte, ließ ihn erstarren.
    Es gab noch ein zweites Buch der Metamorphosen ! Ein zweites Exemplar des Zauberbuchs, nach dem alle suchten. Und dieser alte vertrottelte Zauberer in dem hässlichen T-Shirt sollte es bekommen. Am dunkelsten Tag im Winter. Dann, wenn die Macht der schwarzen Hexe am größten sein würde.
    Der Kater wandte sich ab. Er hatte genug gehört. Mehr, als er sich erhofft hatte. Sein Maul verzog sich zu einem zufriedenen Lächeln, denn sein Hunger war plötzlich gestillt. Mit etwas, das sogar besser war als Essen.
    Ja, jetzt wusste er mehr als alle anderen zusammen, und er würde sein Wissen gut nutzen, sehr gut nutzen!
    Der Kater hüpfte vom Baumhaus herunter, sprang von Ast zu Ast und landete mit einem großen Satz zwischen den knotigen Wurzeln der alten Eiche. Kurz darauf verschwand er mit einem leisen Rascheln im Schilf am Ufer des Weihers.

2. Kapitel

    in dem Mira verfolgt wird
    Wenn Mira genau darüber nachdachte, dann fühlte sie sich eigentlich schon seit Längerem beobachtet.
    Es geschah oft, wenn sie von der Schule nach Hause ging. Oder aus heiterem Himmel, wenn sie mit ihrer Freundin Ina schwatzte oder Schneebälle auf Verkehrsschilder warf. Dann war es so, als ob sich ein Blick in ihren Rücken bohrte. Immer wenn sie sich umdrehte, war niemand zu sehen. Doch die Augen waren noch zu spüren. Einmal waren es helle stechende Augen, die wie gestaltlos in der Luft schwebten. Dann wieder dunkle Augen, die sie von unten anstarrten. Und wieder ein anderes Mal waren es große aufmerksame Augen, die sie ganz in sich aufzusaugen schienen.
    Es war ein unbehagliches Gefühl. Immer wenn sie es spürte, zog sie die Schultern hoch und bemerkte ein Kribbeln in ihrem Magen. Manchmal lief sie zurück und spähte um die Straßenecke. Oder sie blickte in die Hinterhöfe, die auf ihrem Schulweg lagen. Doch nie fand sie jemanden, zu dem die Augen gehörten.
    Manchmal suchte Mira auch den Himmel ab, um herauszufinden, ob ein Sperber dort seine Kreise zog. Aber das war noch nie der Fall gewesen. Nur die Zugvögel waren in großen Schwärmen in den Süden gezogen und ab und an flogen Gänse über die Stadt.
    Es schneite seit Wochen. Anfangs hatte Mira dieses Wetter geliebt. Der Schnee hatte die Stadt verwandelt und das hässliche Graubraun des Winters gnädig mit einer sanften, weiß strahlenden Decke überzogen. Wenn Mira morgens aus dem Haus trat, funkelten kleine Schneekristalle in der Luft. Dann streckte sie die Zunge heraus und spürte die Flocken. Kalt und stechend. Sie konnte mit ihrem Schlitten den Berg im nahe gelegenen Park hinabsegeln. Wenn sie mit gestreckten Füßen lenkte oder abbremste, dann spritzte ihr der nasse Schnee ins Gesicht.
    Das war in der ersten Woche gewesen, als die Sonne noch schien.
    Dann war die Sonne verschwunden und es hatte nicht mehr aufgehört zu schneien.
    Die Tage wurden immer kürzer, und nach ihnen kam die

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