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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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klappernd den Topf mit der Käferbouillon und nahm eine Brotscheibe aus dem Brotkorb. »Aber dann vielleicht doch mit ein paar rohen Krabben darauf?«, fragte er Mira hoffnungsvoll.
    »Äh, nein danke!«, sagte Mira, »ich esse es einfach so.«
    Hippolyt seufzte, nahm das Brot, schwenkte es in einer Pfanne und ließ es hüpfen wie einen Pfannkuchen. Dann bestrich er es dick mit Kräuterbutter, legte es auf einen kleinen Porzellanteller und reichte es Mira. »Voilà.« Mira biss misstrauisch in das Brot. Wider Erwarten schmeckte es himmlisch. Besser als jedes andere Butterbrot, das sie je zuvor gegessen hatte.
    Hippolyt rückte einen Schemel heran und setzte sich zu ihr. »Für eine kleine Hexe hast du aber einen ungewöhnlichen Geschmack.« Mira hörte auf zu kauen und sah Hippolyt an. »Wie meinen Sie das?«, fragte sie langsam. »Jedes Hexenkind, das ich kenne, wäre spätestens bei den Mehlwürmern in helle Begeisterung ausgebrochen!«
    Mira sagte nichts, sondern konzentrierte sich darauf, ihr Brot zu essen.
    »Nun«, Hippolyt stand wieder auf und begann die Krümel vom Brotbrett zu putzen, »vielleicht liegt es ja daran, dass du gar keine Hexe bist.« Jetzt verschluckte sich Mira und musste husten. Hippolyt klopfte ihr auf den Rücken. »Na, na, keine Angst, das gibt es öfter. Du ahnst gar nicht, wie viele Menschen mit Zauberern befreundet sind. Aber die wenigsten ahnen, dass ihr alter Freund oder ihre Nachbarin ein Zauberer oder eine Hexe ist. Sie finden sie vielleicht interessant, manchmal auch ein bisschen seltsam, aber wer glaubt schon noch an Magie?« Er schrubbte jetzt die Pfanne und hielt sie gegen das Fenster, wo sie im Sonnenlicht blitzte.
    »Schau dir nur die vielen Menschen an, die in mein Restaurant kommen. Sie essen Schnecken oder andere Dinge, vor denen ihnen ekelt, nur um den schwarzen Zauberern zu gefallen. Sie möchten auch so mächtig, erfolgreich und geheimnisvoll sein wie sie.« Er ging zurück zu dem großen Topf, hob den Deckel und streute ein paar Kräuter in die Suppe. »Und? – Lohnt sich das? Wie mächtig sind sie denn wirklich, die schwarzen Zauberer?« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Pah! Weißt du, warum alle schwarzen Zauberer in dieses Restaurant kommen?«
    Mira schüttelte den Kopf.
    »Weil sie Sehnsucht haben. Weil sie es vermissen, ein Tier zu sein.«
    Mira hörte Hippolyt aufmerksam zu. »Aber ich dachte, die schwarzen Zauberer können sich nicht in Tiere verwandeln«, sagte sie mit vollem Mund. Hippolyt nahm einen großen Kochlöffel und rührte in der Suppe herum. »Als Kinder können sich alle Zauberer verwandeln. Nur wenn sich ein Zauberer entscheidet, nur noch schwarze Magie anzuwenden, verliert er die Fähigkeit, sich zu verwandeln.« Mira hörte auf zu essen und starrte Hippolyt mit großen Augen an. »Man kann sich entscheiden zwischen schwarzer und weißer Magie?« Hippolyt lächelte. »Aber ja, man kann sich immer entscheiden!« Er nahm einen Suppenlöffel und gab einen Klecks Sahne in die Suppe.
    »Was die schwarzen Zauberer hier finden, ist der Geschmack ihrer Kindheit. Das, was sie verloren und aufgegeben haben. Insekten, Schnecken, Baumwipfel, die Gerüche. All das, was man nur als Tier sehen, fühlen und riechen kann.« Er würzte die Suppe nach.
    »Sie beneiden uns, glaube mir, sie beneiden uns zutiefst. Das ist der eigentliche Grund dafür, dass sie uns vernichten wollen. Nicht weil wir ein paar lächerliche magische Geheimnisse ausplaudern könnten, die ohnehin schon vergessen wurden. Nein, wir erinnern sie daran, was sie hätten sein können. Und das ertragen sie nicht. Sie leben in ihren Villen und sitzen in ihren schicken Büros, aber was würden sie geben für einen einzigen Flügelschlag? Dafür, den Wind zu spüren? Die Welt mit den Augen eines Tieres zu sehen! Gerüche zu riechen, die man als Mensch nur erahnt! Dinge zu schauen, von denen man nicht einmal träumen kann! Mit uns wollen sie auch diese nagende Sehnsucht vernichten. Denn wir spiegeln ihnen wider, was sie für Macht und Reichtum aufgegeben haben.«
    Zufrieden schleckte er den Löffel ab. »Eigentlich können sie einem leidtun.«
    »Aber«, fragte Mira verwirrt, »warum vertrauen Ihnen die schwarzen Zauberer? Wissen sie denn nicht, dass Sie zu der weißen Seite gehören?«
    Hippolyt lachte kurz auf. »Sie wissen es, aber sie brauchen mich, liebe Mira. Sie brauchen mich sehr. Nur wenn sie bei mir essen, erinnern sie sich, wie es war, zu klettern oder zu fliegen. Ich verkaufe keine

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