Mira und der weiße Drache (German Edition)
erwiderte Miranda. Die Hexe Fa nickte. »Genau den. Er ist verzaubert.«
Miranda sah die Hexe zweifelnd an. Die Hexe Fa nahm noch einen Schluck aus der feinen Kaffeetasse und fuhr fort: »Mit diesem Spiegel kann ich sehen, wer in die Kugel blickt. Und eines Tages sah ich darin Hippolyt, der mich beobachten wollte.«
»Er hat also nicht nur die schwarzen Zauberer ausgespäht, sondern auch Sie!«, stellte Mira erstaunt fest. Die Hexe Fa lachte ein tiefes, gurgelndes Lachen.
»Ja, aber im Gegensatz zur schwarzen Hexe konnte ich ihn dabei sehen.« Sie atmete tief durch.
»Und ich war so dumm, ihm zu vertrauen! Nie hätte ich gedacht, dass er die Kugeln selbst benutzen würde. Seit ich das wusste, war er mir nicht mehr geheuer. Und heute Abend juckte mein Knie ganz besonders heftig.« »Ihr Knie?«, fragte Mira verwirrt. Die alte Hexe Fa winkte ab. »Nicht so wichtig. Ich flog jedenfalls zum Blauen Pfau und verwandelte mich auf dem Platz vor dem Restaurant. Und ratet mal, wer mir entgegenkam?«
»Etwa Hippolyt?«, fragte Miranda und kuschelte sich tiefer in ihre Decke. Die Hexe Fa nickte. »Er schleppte einen großen Koffer mit sich herum und sah sehr gehetzt aus. Außerdem schien er alles andere als erfreut, mich zu sehen, so freundlich wie er mich gegrüßt hat.«
Die Hexe Fa goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein.
»Ich frage mich immer noch, was er in dem großen Koffer hatte.« Mira dachte nach. »Die Kugeln!«, rief sie plötzlich. »Sicher hat er die Kugeln mitgenommen!« Die Hexe Fa starrte Mira an. »Du hast recht!« Dann verdüsterte sich ihr Gesichtsausdruck. »Das ist keine gute Nachricht. Die Kugeln sind sehr alt und wertvoll. Sie verleihen ihrem Besitzer große Macht.«
»Er konnte damit die schwarze Hexe beobachten, ohne dass sie es gemerkt hat«, überlegte Mira laut. Die Hexe Fa lachte trocken. »Seht ihr, es gibt ein paar Dinge, von denen hat sogar die schwarze Hexe keine Ahnung.«
Eine kleine Pause entstand, in der jeder seinen Gedanken nachhing. Es war ruhig in Tante Lisbeths Wohnzimmer, nur der Regen trommelte sacht gegen die Fensterscheibe.
»Aber woher kannte der Drache die schwarze Hexe?«, fragte Mira. »Er nannte sie auch bei einem anderen Namen.«
Mira überlegte kurz »Irgendetwas mit Ara...«
»Arachonda?«, fragte die Hexe Fa und stellte klirrend ihre Tasse auf den filigranen Unterteller, sodass der restliche Kaffee herausschwappte. Mira nickte heftig. »Genau!«
Die Hexe Fa sah gedankenverloren zum Fenster, auf dem das Wasser in schmalen Spuren hinunterrann. »Ich wusste, dass Pia Fraus nicht ihr richtiger Name ist«, murmelte sie nach einer Weile.
Mira sah die Hexe gespannt an. » Pia Fraus ist Lateinisch und heißt übersetzt Der Fromme Betrug «, erklärte die Hexe.
»Aber wer ist dann Arachonda?«, fragte Mira.
»Arachonda war eine mächtige Zauberin, die zu Zeiten Cyrils gelebt hatte.«
»Dann ist die schwarze Hexe ja sehr alt«, rief Mira. Die Hexe Fa nickte. »Älter, als wir es uns vorstellen können«, sagte sie langsam.
Für einen Moment sah Mira wieder die traurigen Augen der Hexe vor sich. »Der Drache vernichtete sich lieber selbst, als in ihre Hände zu fallen.«
Miranda seufzte und sah eine Weile schweigend auf ihre Fußspitzen. »Und all die Geheimnisse, auf die wir hofften, sind auch verschwunden. Früher oder später werden wir jetzt den Kampf gegen die schwarzen Zauberer verlieren.«
Die Hexe Fa wiegte den Kopf und sah Miranda lange an.
»Der Drache hat das getan, was er für richtig hielt. Außerdem sollten wir nicht immer an irgendwelche Geheimnisse denken, von denen wir nicht wissen, ob wir sie erfahren und ob sie dann auch nützlich für uns sind. Das hindert uns nur daran, jetzt das Richtige zu tun.« »Und was ist das Richtige?«, fragte Miranda neugierig von ihrem Platz auf dem Sofa aus.
Die Hexe Fa stand auf und rieb sich ihren wunden Rücken.
»Die weißen Zauberer müssen sich wieder auf ihre Stärken besinnen. Sie müssen wieder versuchen, das Gute in der Welt zu mehren, statt sich ängstlich vor den schwarzen Zauberern zu verkriechen oder sich als Haustiere einen gemütlichen Tag zu machen!«, antwortete sie und Mira staunte über den grimmigen Ausdruck in ihrem Gesicht.
»Wir haben es uns viel zu lange bequem gemacht«, fuhr die Hexe fort und schenkte sich noch eine weitere Tasse Kaffee ein. »Ich glaube, wir sollten nicht warten, bis irgendein Buch aus alten Zeiten erscheint. Wir sollten jetzt etwas tun und wieder anfangen zu
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