Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)
skrupelloser Zauberer entpuppt hatte, war der Nachbarin Miranda in Gestalt einer Katze zugelaufen, die es sich eine Weile auf den seidenen Kissen neben dem goldenen Fressnapf bequem gemacht hatte, um ein Auge auf Mira zu haben.
»Aber ich bin mir sicher, du brennst schon darauf, Mitzi kennenzulernen!«, sagte Frau Fingerhut schließlich und warf Tante Lisbeth einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Mitzi?«, fragte Mira.
»Meine neue Katze«, verkündete Frau Fingerhut strahlend.
Mira überlegte, ob diesmal wieder ein Zauberer hinter der neuen Katze steckte. Frau Fingerhut schien ja verwandelte Zauberer geradezu magisch anzuziehen.
»Ich bin schon sehr gespannt auf Mitzi«, sagte sie laut.
Die Nachbarin lächelte zufrieden.
»Dann komm doch nachher vorbei. Ich habe noch etwas selbst gebackenen Apfelkuchen und wir könnten dann zusammen etwas für deine Tante basteln!«
»Basteln?«, rief Tante Lisbeth erschrocken.
Frau Fingerhut drehte sich zu ihr um.
»Ja, ich wollte dir doch noch einen zweiten Gipspierrot schenken. Diese eine Figur im Wohnzimmer sieht doch ein wenig einsam aus, findest du nicht?«
»Ich weiß nicht recht, Erna«, sagte Tante Lisbeth und nestelte verlegen an ihrem Haarknoten.
Wenig später stand Mira auf der Terrasse vor Frau Fingerhuts Garten und sah sich nach einer Katze um. Obwohl die beiden Gärten nur eine Mauer trennte, hatte sie das Gefühl, sich in einer ganz anderen Welt zu befinden. So ordentlich zurechtgestutzt und aufgeräumt Tante Lisbeths Garten war, so unordentlich und wild wucherte es bei Erna Fingerhut. Große Farne wuchsen unter einer mächtigen Blautanne. Neben der Terrasse befanden sich Beete mit Astern, Sonnenblumen und Lobelien, auf der anderen Seite rankten Bohnen und rote Tomaten an straff gespannten Seilen nach oben.
Der Rasen war übersät mit Brennnesseln und Löwenzahn und eine rostige Wäschestange stakte daraus hervor. Ein Kopfkissenüberzug flatterte an der Leine, daneben stand ein Korb mit nasser Wäsche. Gartenhandschuhe lagen neben einem großen Blumentopf, der zur Hälfte mit Erde aus einem umgekippten Plastiksack befüllt war, und eine Gartenschere steckte in der Erde neben dem Rosenbeet.
Voller Verwunderung betrachtete Mira die Fülle an kleinen Figuren, die zwischen den Pflanzen steckten.
Zierliche Elfen räkelten sich in den großen fleischigen Blättern der Gummibäume und knollennasige Tonköpfe lagen in den Gemüsebeeten. Ein Steinlöwe, der seine rechte Pfote auf ein Wappen stützte, stierte melancholisch vor sich hin, und bunte bemalte Blumentöpfe formten ein Männchen, das mit hängenden Armen zu Mira emporsah.
Da! Endlich entdeckte Mira die Katze. Sie war klein, mit schwarzen und braunen Flecken und hüpfte gerade von einem Ast der Blautanne herunter, um zwei Schmetterlinge zu fangen, die über das hohe feuchte Gras schwebten.
Mira ging langsam auf die Katze zu. Die Katze drehte sich zu ihr und die Schmetterlinge flogen davon.
»Kannst du mit mir sprechen?«, dachte Mira. Doch sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte keinen Gedanken der Katze lesen. Das Tier fauchte nur kurz und verschwand dann hinter der großen Hecke.
Mira zuckte mit den Achseln. Sie hatte sich getäuscht. Mitzi schien doch nur eine ganz gewöhnliche Katze zu sein. »Schade«, dachte sie. Zu gerne hätte sie jetzt mit einem Zauberer gesprochen. Vielleicht hätte der ihr helfen können, Miranda zu finden.
Da hörte sie hinter der großen grünen Regentonne neben der Terrasse ein Geräusch, das sie hochfahren ließ.
Tock. Es klopfte gegen die Blechwand. Tock, tock. Erst einmal leise, dann zweimal und diesmal schon wesentlich lauter.
»Hallo! Hörst du mich? Ich bin hier!!«
Mira sah sich verwundert um.
»Hier, hinter der Regentonne!«
Die Regentonne war randvoll mit Wasser und von Mücken umschwirrt. Vorsichtig trat Mira näher und stieß dann einen leisen Schrei aus. Ein grauer Gartenzwerg stand in einer Pfütze unter der Regenrinne und wackelte hin und her, sodass er mit seiner Zipfelmütze gegen die Tonne schlug.
»Was machst du denn hier«, rief Mira verblüfft.
»Na, ich ramme meinen Kopf gegen die Tonne. Schließlich habe ich ja nichts Besseres zu tun.«
Er unterbrach sich kurz, denn ein Regentropfen landete von der Dachrinne auf seiner Schulter und zerplatzte in feine Tröpfchen. »Siehst du! Wenn das so weitergeht, dann werde ich nämlich vom Wasser an der rechten Schulter ganz durchlöchert.«
Mira sah nach oben. Ein weiterer dicker Tropfen löste sich
Weitere Kostenlose Bücher