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Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)

Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)

Titel: Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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antwortete der Zwerg aufgeregt. »Das ist Neptun, der Meeresgott.«
    »Na, dann sollten wir ihn mal begrüßen«, sagte Mira.
    »Ach«, murmelte der Zwerg kleinlaut. »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«
    »Ich dachte, er ist ein Freund von dir?«
    »Na ja, ich sagte, so was Ähnliches wie ein Freund«, erwiderte der Zwerg unbehaglich.
    »Denk an Najade«, sagte Mira aufmunternd und steckte den Zwerg in ihre Jacke zurück. Sie lief an dem belebten Gemüsemarkt vorbei zu dem Brunnen und sah sich Neptun genauer an.
    Die Brunnenfigur blickte weit über den Platz, als würde sie über ihn herrschen. Mira räusperte sich. »Guten Tag, Herr Neptun.«
    Doch die Brunnenfigur würdigte Mira keines Blickes. Ein leises Gekicher kam aber von den Meerjungfrauen.
    »Äh«, sagte Mira, »ich habe Ihnen einen Freund mitgebracht.« Sie vergewisserte sich, dass sie ganz allein am Brunnen stand, holte dann den Zwerg unter ihrer Jacke hervor und stellte ihn auf die steinerne Umrandung.
    Das Gekicher der Meerjungfrauen schwoll an.
    »Sieh mal, ein Zwerg!«, sagte die eine.
    »Und was für einer!«, sprach die andere.
    »Hübsches Kerlchen!«, sagte die dritte.
    »Findest du?«, fragte die erste und spuckte in hohem Bogen einen Wasserstrahl über den Zwerg. Der schüttelte sich. »Pah, ihr seid nichts gegen meine Najade.«
    »Najade?«, flüsterte die erste Nixe. »Wer ist denn das?«
    »Ein Maskaron, eine Nixe wie ihr«, brummte der Zwerg.
    »Ah!«, rief die dritte Meerjungfrau. »Schaut an, unser kleiner Freund ist verliebt!«
    »In einen Steinkopf!«
    Die drei Nixen kicherten.

    »Ruhe«, donnerte da plötzlich die dunkle Stimme des Meergottes über ihnen. »Ich kann mich so nicht konzentrieren!«
    Die Meerjungfrauen hörten sofort auf zu lachen und man konnte nur noch das Plätschern des Wassers vernehmen.
    »Also, wie ich schon sagte, ich wollte Ihnen einen alten Freund vorbeibringen«, bemerkte Mira schließlich zaghaft.
    Die Brunnenfigur ließ sich für einen Moment dazu herab, nach unten zu blicken.
    »Freund?«, dröhnte er. »Du meinst doch nicht etwa diesen Gipszwerg dort unten?«
    »Gipszwerg? Ich bin aus Stein!«, rief der Zwerg empört. Dabei wippte er vor Erregung so heftig auf und ab, dass Mira schon Angst hatte, er würde nach vorne fallen und kopfüber in das trübe Wasser kippen. »Mein Vater war der große Gilbert und meine Mutter die zerbrechliche Minerva. Sie hätten schon von ihnen hören müssen.«
    »Gips oder Stein, das ist mir einerlei«, erwiderte Neptun und gähnte. »Ich pflege mit keinem von beidem Umgang. «
    »Wieso nicht?«, fragte Mira.
    »Normalerweise sprechen Bronzefiguren wie ich nicht mit Figuren niederer Abstammung. Es ist einfach unter unserer Würde, verstehst du?«
    »Nein!«, sagte Mira.
    »Die einzigen Wesen, mit denen ich mich unterhalte, sind die Schwalben. Wenn sie sich auf meinen Kopf setzen, dann beauftrage ich sie, auf ihrem Flug Grüße und Botschaften an die anderen Figuren zu übermitteln. Auf diese Weise korrespondiere ich mit Persönlichkeiten aus ganz Europa!«
    Mira schien es, als hallte die Stimme der Bronzefigur über den ganzen Platz. Doch von den Passanten, die auf dem Gemüsemarkt einkauften, schien keiner sie gehört zu haben.
    »Wie du siehst, stehe ich leider nur in der Provinz«, fuhr Neptun fort, »aber durch die Schwalben weiß ich alles über die Welt. Einmal – vor ein paar Hundert Jahren – führte ich einen Dialog mit der Lord-Nelson-Statue in London. Leider endete er in einem Streit um die Größe Napoleons. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
    Die Brunnenfigur seufzte. »Dafür spiele ich seit fünfzig Jahren Schach mit meinem guten Freund Oceanus in Rom. Ah, Rom! Was mir die Schwalben von Rom erzählen! Die Figuren, die Brunnen! Es muss großartig sein!«
    »Aber dort sind auch lauter Steinfiguren!«, warf Mira ein.
    »Ja, aber die sind berühmt!«, wies sie Neptun zurecht. »Das ist etwas völlig anderes.«
    Mira sah, wie der Zwerg bei diesen Worten zitterte. Neptun schien davon nichts bemerkt zu haben.
    »Wenn die Schwalben im Herbst in den Süden fliegen, nehmen sie meinen Schachzug mit, und wenn sie im Frühjahr wieder auftauchen, dann haben sie Oceanus’ Gegenzug dabei.«
    »Und wie steht das Spiel?«, fragte Mira.
    »Nun, im Moment bin ich ein wenig in Bedrängnis«, antwortete Neptun ausweichend. »Deshalb möchte ich nun auch nicht mehr gestört werden. Ich muss schließlich über den nächsten Zug nachdenken.«
    »Wie lange

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