Mira und die verwunschenen Kugeln (German Edition)
plötzlich ein.
Corrado machte einen Satz. »Du hast recht! Wie entsetzlich! Man konnte ihm noch nie trauen! Aber ich weiß doch gar nicht, wo wir hin sollen! Wir können nicht mehr zum Zirkus!«
»Geht zur Hexe Fa!«, dachte Mira plötzlich. »Ihr Haus liegt an den Bahngleisen hinter dem Eichenwald. Ihr könnt es eigentlich nicht verfehlen.«
»Ich weiß nicht recht, ob wir dort willkommen sind«, sagte Corrado zweifelnd.
»Das Haus steht leer. Die Hexe Fa ist verschwunden«, erklärte Rabeus. Corrado senkte den Kopf. »Sie haben selbst die Hexe Fa erwischt?«
Rabeus räusperte sich. »Das wissen wir nicht. Vielleicht könnt ihr etwas herausfinden.«
Corrado sprang aufgeregt auf und ab. »Das tun wir, versprochen! Ich hole Milena und dann brechen wir auf!«
»Geht schnell!«, dachte Rabeus. »Verschwindet noch heute Nacht!« Corrado nickte. »Ich danke euch!«, sagte er und hüpfte eilig davon in Richtung der Boxen.
»Das war eine gute Idee von dir«, sagte Rabeus leise.
Mira wurde ein bisschen rot. »Vielleicht finden sie ja tatsächlich was über die Hexe Fa heraus.«
Rabeus nickte, dann fuhr er sich ratlos mit seiner Hand über das müde Gesicht. Im Hintergrund zuckte ein Blitz und tauchte die Kinder für ein paar Sekunden in gleißendes Licht. »Ich weiß nicht, wie wir die Kugeln jetzt finden sollen«, sagte er resigniert.
»Ich glaube, erst müssen wir Miranda wiederfinden!«, erwiderte Mira.
Rabeus starrte auf seine schmutzigen Zehen. »Ich höre mich mal um. Vielleicht hat sie jemand gesehen.«
Mira spürte, wie sich ein schwerer Klumpen in ihrem Magen zusammenballte.
»Sobald ich was weiß, komme ich zu dir!«, sagte Rabeus.
Mira nickte und die beiden Kinder verabschiedeten sich traurig.
Als Mira heimlief, klatschten endlich dicke Regentropfen auf das heiße Pflaster. Mira spürte sie wie winzige Nadelstiche auf ihrer Haut. In ihrem Zimmer legte sie sich todmüde ins Bett. Bevor sie endlich einschlief, hörte sie noch lange auf das Grollen des Donners und auf den Regen, den der Wind wütend gegen ihr Fenster peitschte.
11. Kapitel
in dem Mira eine unverhoffte Begegnung hinter der Regentonne hat
Als Mira am nächsten Morgen aufwachte, deutete nichts darauf hin, dass in der Nacht zuvor fast die Welt untergegangen wäre. Die Luft war angenehm abgekühlt und wehte ihr ins Gesicht, als sie den Vorhang beiseiteschob und das Fenster öffnete.
Als sie in den hellen, wolkenlosen Himmel sah, hatte sie für einen Moment den ganzen gestrigen Tag vergessen. Doch als sie das Fenster wieder schloss, drohte sie plötzlich der Kummer zu überschwemmen. Was war nur mit Miranda geschehen? Und wann würde Rabeus wieder zu ihr kommen?
Unten in der Küche lief Musik, und Tante Lisbeth, die sicher schon seit dem Morgengrauen wach war, klapperte mit dem Geschirr. Mira sah auf den Wecker. Es war schon spät.
Jeans und T-Shirt, die sie gestern Nacht auf den Stuhl geworfen hatte, waren schon trocken, wenn auch ziemlich zerknittert. Mira zog sich an und ging nach unten. Als sie vor der Küchentür stand, konnte sie die Stimme ihrer Tante vernehmen.
»Du weißt, es ist schwierig mit Kindern, vor allem wenn sie bald in die Pubertät kommen.«
»Ach, man muss einfach nur wissen, wie man richtig mit Kindern in diesem Alter umgeht. Du musst sie für etwas begeistern!«, entgegnete eine hohe weibliche Stimme.
Mira spitzte die Ohren. Das war doch Frau Fingerhut, Tante Lisbeths Nachbarin.
Sie fasste sich ein Herz und drückte die Klinke nach unten. »Guten Morgen«, sagte sie betont fröhlich. Tante Lisbeth zuckte zusammen und hätte um ein Haar den Stapel Teller fallen lassen, den sie gerade in den Küchenschrank einräumte.
»Ah, Mira, du bist schon wach?«
Mira nickte und setzte sich. »Ist ja schon halb zehn.«
»Schön, dass du mal wieder hier bist!«, sagte Frau Fingerhut und lächelte Mira an. Die Nachbarin trug diesmal ein grasgrünes Kleid mit leuchtend roten Mohnblumen, das sich über ihren fülligen Körper spannte.
»Geht es dir gut?«
»Ja, ganz prima.«
»Dir werde ich nie vergessen, wie sehr du mir bei der Suche nach meinem armen Kantapper geholfen hast.«
Mira lächelte zurück. »Aber das habe ich doch gern getan.«
Ein Schatten zog sich über das Gesicht der Nachbarin. »Es hat sich nie jemand auf den Steckbrief gemeldet.« Sie seufzte. »Und dann war Maunzi auch noch weg.« Mira vermied es, Frau Fingerhut in die Augen zu blicken. Nachdem sich ihr verhätschelter Kater Kantapper als
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