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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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wurde wieder streng. »Der Weg der Gerechtigkeit ist manchmal steinig, Bombo.«
    »Wer sagt mir denn, dass dieser Junge überhaupt der Prinz ist?«
    »Frag ihn doch selbst.«
    »Und woher weiß ich, ob er nicht flunkert? Ihr könnt mir ja nicht mal seinen Bruder zeigen.«
    Da war er wieder, dieser Vorwurf, der Ergils Ehrgefühl wie eine Ohrfeige traf. »Ich lüge nicht«, presste er zwischen den Z ä hnen hervor.
    »Nicht was einer sagt, ist er, sondern was er tut«
    Irritiert huschte Ergils Blick zu Múria, die wissend lächelte. Hatte Bombo diese Weisheit von ihr? Der Prinz holte tief Luft.
    »Also gut, Kapitän, ich will versuchen etwas zu tun, das Euch hoffentlich überzeugen wird.«
    Der kleine Mann deutete zum Hintereingang. »Nur zu. Ruft euren Bruder herbei und zeigt ihn mir.«
    »Dazu muss ich den Raum nicht verlassen. Er ist hier.«
    Was hast du vor?, japste es unvermittelt in Ergils Kopf.   
    Ich werde ihm meinen Bruder zeigen, antwortete er.
    Na klar! Nimm einfach das gläserne Schwert und schneid uns in zwei Hälften.
    Ich will mir ja nachher nicht von dir vorwerfen lassen, deinen  Stil kopiert zu haben. Meine Methode ist ein wenig subtiler.
    Wichtigtuer!
    Hast du eigentlich geschlafen, als Múria uns vorhin in der Zeit versteckte? Wozu ist sie unsere Meisterin, wenn wir nicht von ihr lernen? Mir ist da einiges aufgefallen…
    O nein! Ich verkrümel mich besser, während du dich zum  Narren machst.
    »Warum zieht Ihr so seltsame Grimassen?«, fragte Bombo unvermittelt.
    Ergil blinzelte benommen. »Ich… äh… habe gerade einen inneren Disput ausgetragen.«
    »Hört, hört! Der Knabe weiß sich auszudrücken. Wollt Ihr nicht endlich Euren Bruder rufen, Hoheit?« Die Anrede des Kapitäns klang ni c ht wirklich ehrerbietig.
    Der Prinz hob beschwichtigend die Hände. »Ja. Nur einen kleinen Moment noch. Behaltet mich genau im Auge. Ihr werdet Twikus möglicherweise nur für einen Moment sehen.«
    Bombos Blick wurde eher abschätziger als achtsamer.
    Ergil schloss die Augen, legte die Hände auf den Tisch und versuchte sich zu erinnern, was er unter dem Alkoven in der Stadt gefühlt hatte. Es musste ihm einfach gelingen. Twikus hatte es ja auch geschafft, den Eisenhut wiedererblühen zu lassen. Sein Bewusstsein begann die Geräusche aus der Gaststube auszusperren. Wie in einem Haus, in dem man nacheinander die Fensterläden schließt, kehrte in seinem Geist eine dunkle Stille ein. Von außen nach innen!, erinnerte ihn Twikus leise an Múrias Lektion. Danke, antwortete Er g il knapp, um sich gleich darauf nur noch tiefer in die Falten Mirads sinken zu lassen. Die Härchen auf seiner Haut schienen  sich in Fühler zu verwandeln – er spürte, wie ihm jedes einzelne Botschaften aus seiner Umgebung sandte. Von außen nach innen, wiederholte er und drang in seinen eigenen Körper vor. Mit einem Mal sah er treibende Schatten, die im Dunkel grünlich glommen und allmählich Gestalt annahmen: die Gefährten, der Kapitän und er selbst. Vanias Sohn. Der Letzte der Sirilim…?
    Plötzlich fühlte er e inen stechenden Schmerz im Finger. Sein Oberkörper ruckte nach vorn, in Richtung der Hand, auf der sich die kleine Eule niedergelassen und ihre Krallen in seine Finger getrieben hatte.
    »Ich fass es nicht!«, hauchte Bombo, als er mit einem Mal zwei Gestalt e n sah: Die erste war weit vorgebeugt, lag fast mit der Brust auf dem Tisch, und die zweite saß weiterhin kerzengerade auf dem Stuhl. Irgendwo mussten die zwei Körper verschmelzen, aber die Tischkante ließ nicht erkennen, wo.
    Auch die anderen am Tisch konnten die seltsame Vision erblicken, die, wie vorausgesagt, nur einen kurzen Moment anhielt. Von den übrigen Gästen bemerkte wohl niemand die unheimlich anmutende Zweiteilung des jungen Mannes, der selbst in der Schankstube seine schwarze Filzmütze aufbehalt e n hatte und von dem sie nur den steifen Rücken sahen.
    Ergil öffnete die Augen, richtete sich langsam wieder auf und blinzelte verdutzt das Käuzchen an. Es hockte jetzt auf der Tischplatte, neben dem blutenden Finger.
    »Hat’s sehr wehgetan?«, flüsterte Schekira.
    »Gerade genug«, murmelte er.
    »Wer hat da eben gesprochen?«, stieß Bombo hervor.
    Múria lächelte geheimnisvoll. »Ihr müsst nicht alles wissen, Kapitän! Es reicht, wenn Ihr das Geheimnis der Thronfolger vo n Soodlan d kennt.«   
    »Geheimnis? Ich habe doppelt g esehen. Das ist alles. Eigentlich kein Wunder – man sollte das Bier genießen, anstatt es

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