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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Unterricht einmal an Deck stattfand und sie an ihrer gestrengen Lehrerin vorbei einen Blick in die Ferne wagen konnten. Am achten Tag nach Bolk kam vom Krähennest auf dem Fockmast ein Ruf, der alle aufschreckte.   
    »Feuer!«
    Die Ereignislosigkeit der bisherigen Reise hatte an Bord für eine gewisse Lethargie gesorgt, die nun mit einem Schlag ihr Ende fand.
    »Wo ?«, brüllte der Kapitän vom Oberdeck zum Ausguck hinauf.
    »Steuerbord«, antwortete die Wache.
    Bombo spähte. »Ich sehe nichts«, gab er nach einer Weile zurück. »Wo denn?«
    »Na, dort drüben, ziemlich weit weg, die Rauchfahne«, erwiderte der Seemann, ein ziemlich junger, grobschlächtiger Bursche, dessen strohblonde Haare aussahen wie schießender Spargel.
    »Dieser Kerl kostet mich noch den letzten Nerv«, brummelte der kleine Kommandant, stemmte seine Fäuste in die Seiten und schrie zurück: »Wie oft habe ich euch Schnarchnasen schon gesagt, ihr sollt genaue Meldungen machen. Beim Allmächtigen! Wenn du ›Feuer!‹ brüllst, Jonnin, denken alle gleich, das Schiff brennt.«
    »Tut mir Leid«, sagte die Wache kleinlaut.
    »Besser wäre, du merkst es dir.« Der Seemann im Mast schwieg.
    »Verstehe gar nicht, warum unserer Elvenprinzessin nichts aufgefalle n ist.«
    »Vermutlich, weil sie unter Deck bei unserem wissbegierigen Smutje ist«, bemerkte Permund. »Jedenfalls habe ich die Prinzessin da zuletzt gesehen. Sie dröselt ihm gerade den Stammbaum des führenden Adels g eschlechts der Flussgolder vom südlichen Fendenspund auf.«
    Der Kapitän schüttelte sich. »Dann muss sie noch in der  Kombüse festhängen. Ollebart ist nicht sehr helle.«
    »Wir sollten dafür sorgen, dass die Elvin so wie alle hier ihre  Pflicht tut, Kapitän.«  
    B ombo wandte sich mürrisch dem Steuermann zu. »Ich erbitte mir etwas mehr Respekt gegenüber unseren Gästen, Permund! Schekira ist die Tochter eines Königs. Außerdem sollte man ihre aufmunternden Gespräche in unserer Lage nicht unterschätzen.«
    »Trotzdem wäre e s besser…«
    »Ja doch, Permund! Ich rede mit ihr.«
    »Mehr wollte ich ja nicht.«
    Die Leichtigkeit, mit der sich der Kommandant und sein Stellvertreter von der dunklen Rauchsäule am Horizont abgewandt hatten, behagte Ergil nicht. Er war mit Múria von achtern um die Hütte gekommen, in der sich Bombos Kajüte befand. Mit dem Finger nach Westen deutend, sagte er: »Da scheint mehr als nur ein Haus zu brennen. Die Qualmfahne am Himmel ist ziemlich groß.«
    »Zum Glück ist das Dorf mindestens zwanzig Meilen entfernt«, e r widerte der Kapitän.
    »Glück?«, empörte sich der Prinz. »Da verlieren vielleicht Menschen ihr Heim und ihre ganze Habe. Oder sogar ihr Leben. Wie könnt Ihr da von Glück sprechen?«
    Bombo wandte ihm das Gesicht zu. »Wäre es Euch lieber, Hoheit, wenn die Salb a cken unser Schiff in Brand schössen?«
    Ergil musste seinen Speichel hinunterwürgen, bevor er zu einer Antwort fähig war. »Die Steppenmänner?«
    »Ja, was denkt Ihr denn, was da draußen geschieht? Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Steppenleute so we i t nach Osten vorwagen würden – ich hatte nur gehofft, sie hätten’s weniger eilig und kämen uns nicht in die Quere. Bei meinem Bart, dieses Feuer ist kein Zufall. Dazu gehen im Stromland einfach zu viele Häuser in Flammen auf. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Wikander die Salbacken gekauft hat. Sie sollen uns zermürben. Das Brandschatzen ist eine altbewährte Taktik. Ihr könnt mir glauben, ich spreche aus Erfahrung.«
     
    In Bombos Erwiderung lag eine Bitternis, die Ergil den Mut zu weiteren Fragen raubte. Er d r ehte sich um und verzog sich wieder hinter die Poop – die Hütte mit der Kapitänskajüte – auf dem Achterdeck. Kurz darauf kreuzte auch seine Lehrerin auf.
    »Alles in Ordnung, Ergil?«
    »Ich bin Twikus. Ergil hat sich in die Schmollecke verzogen. Warum war Bombo mit einem Mal so… verdrießlich?«
    »Der Anblick von Feuer löst meistens diese Reaktion bei ihm aus.«
    »Was genau ist damals passiert, Múria? Als sein Kontor abbrannte, meine ich.«
    Sie lächelte traurig. »Das ist nicht meine Geschichte, Twikus. Warte, bis Bom b o si e di r erzählt.«
    Er blickte auf die sauber geschrubbten Deckplanken. Von dem Anschauungsunterricht, den ihm Múria zuvor gegeben hatte, waren nur noch ein paar feuchte Stellen zu sehen.
    »Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte sie.
    Twikus war überzeugt, dass sie das sehr genau wusste. Vor dem »Feuer! « - Schrei

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