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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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erklärte
    Múria.
    »Und wie kommen sie zu diesem komischen Namen?«
    Darauf wusste Schekira eine Antwort. Sie saß auf dem T isch in einem ausgehöhlten Brotkanten und benutzte diesen als Schaukelstuhl. »Die Gliedmaßen der Waggs sind ziemlich willkürlich. Manche haben zwei Köpfe, andere fünf Arme oder dre i Beine.«
    »Aber wenn sie zwei Köpfe haben, dann sollten sie doch eher  ›die G eraden ‹ heißen , oder?«
    Die Herrin der Seeigelwarte war bemüht, das Gespräch auf das eigentliche Thema zurückzuführen. »Sogar unter dem Grondfolk sind Doppelköpfige eher selten anzutreffen. Da aber der Verstand des Menschen sich allzu gern auf das Abartige konzentriert und das Normale aussiebt, hielt man wohl die Dreibeiner und Fünfarmigen für geeignetere Namengeber. Viel wichtiger als deren Anatomie ist allerdings die Frage, ob ihre Pläne die unsrigen vereiteln können. Was meint ihr?« Sie ließ ihren Blick in die Runde schweifen.
    »Das gefällt mir nicht«, brummte Falgon.
    »Ist ja mal was ganz Neues, mein Lieber«, sagte Múria schmunzelnd.
    »Weiß jemand von euch, ob das Grondfolk Schiffe hat?«, brachte Dormund einen eher praktischen Gesichtspunkt in die Diskussion ein.
    »Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Sie verbringen die meiste Zeit ihres Lebens unter den Bergen von Harim - zedojim. Was wissen die Elven darüber, kleine Schwester?«
    Schekira ließ den Brotkanten nach vorn kippen, um ihre nackten Füßchen auf den Tisch zu stellen. »Meine Mutter sagte einmal, sie seien so wasserscheu wie Katzen.«
    »Das wäre wenigstens ein Hoffnungsschimmer.«
    »Und wenn sie uns mit Brandpfeilen beschießen?«, gab
    Dormund zu bedenken. Bombo nickte zustimmend.
    »Dann müssen wir das Feuer löschen. Das wäre dann ja wohl dein Spezialgebiet«, sagte Falgon.
    Die Beratung zog sich noch eine ganze Weile hin. Von den Salbacken aus den Weststeppen sei derzeit wohl nichts zu befürchten, meinte der Kapitän. Sie trieben zwar im Grenzland ihr Unwesen, aber an den Ufern des Groterspunds waren sie bisher noch nicht gesichtet worden. Und die Gerüchte von Flederfischen, die ihre natürliche Scheu vor Menschen verloren hätten und Schiffe angriffen, konnten nicht erhärtet werden. Am Ende fasste Bombo die Erkenntnisse des Tages mit knappen Worten zusammen.
    »Wir müssen wachsam sein und den Weg zu den Oberläufen des Groterspunds hinter uns bringen, solange er noch offen ist. Die Lage könnte sich schneller ändern, als uns lieb sein mag.
    Ich hoffe nur, das Schicksal Mirads wird nicht durch eine Wendung besiegelt, die in dieser Runde noch niemand erwähnt hat.«
    »Was meint Ihr?«, fragte Ergil.
    »Die Ungeraden könnten an uns vorbei ins Stromland einfallen und es besetzen. Dann würde der Sternenspiegel für uns zu einer Falle werd e n.«   
    Die Meerschaumkönigin sei kein Glühwürmchen. In ihrer Knappheit ähnelten Bombos Erklärungen oft denjenigen des Schmieds, aber meistens waren sie sehr viel vertrackter. In diesem Fall lag es aber nicht an der für Ergil und Twikus oft recht verwirrenden Seemannssprache, sondern an einer anderen Eigenheit des Kommandanten. Seine Mitteilungen hatten manchmal etwas Orakelhaftes oder Vielsinniges, das erst durch die richtige Deutung Sinn bekam. Den Groterspund bei Nacht zu befahren, sei zu gefährlich, erläut e rte der Kapitän sein Wortbild. Deshalb müsse man sich, Eile hin oder her, weiter auf das Tageslicht beschränken. Es sei Herbst und die Nächte würden länger. Nicht gut für rastlose Naturen.
    Das Etmal – so nannte der Kapitän die von Mittag zu Mittag zurückg e legte Strecke – war kürzer, als alle Beteiligten es sich wünschten. An guten Tagen schafften sie ungefähr einhundertzwanzig Meilen, an schlechten weniger als hundert. In der dunklen Zeit zwischen den Dämmerungen lag die Seskwin gewöhnlich auf der Leeseite einer Insel oder an sonstigen gut geschützten Plätzen. Mit dem ersten Licht des neuen Morgens wurde der Anker gelichtet. Von den offenen Steppen im Westen wehte eine frische Brise herüber, die sogar noch für genügend Schubkraft sorgte, als der Schoner nach vier Tagen auf südwestlichen Kurs schwenkte. Seitdem segelte er fast ständig am Wind.
    Je weiter die Gefährten sich vom Herzogtum Bolk entfernten, desto seltener bekamen sie andere Schiffe zu sehen. Auch die Besiedelung beiderseits des Flusses wurde dünner. Das Land glich einer Tafel, auf der man bis in die Unendlichkeit sehen konnte. Zumindest kam es den Prinzen so vor, wenn der

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