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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Linie gewesen, die sich von unten in sein Gesichtsfeld und n a ch einigen Richtungswechseln und Schleifen wieder hinausbewegte – die Spur des dunklen Wurms blieb in der Samenwolke hängen. Bald kroch ein weiterer heran, kreuzte sich mit der Fährte des ersten und trug nicht unwesentlich zur Unübersichtlichkeit des Must e rs bei. Jetzt glitten aus allen Richtungen neue Riesenschlangen durch das lichte Samengewölk und bildeten ein wirres Geflecht, das Twikus schwindeln ließ. Das chaotische Schlingenwerk begann sich zu drehen, erst langsam, dann immer schneller…
    Plötzlich fuhr er aus seinem Moosbett hoch. Er hatte geträumt. Wieder einmal. Leise seufzte er. Warum mussten ihn nachts nur immer solche beängstigenden Visionen heimsuchen?
    Ein schwerer süßlicher Duft hing in der Luft. Tausendmal angenehmer als Múrias Blutsaugertinktur, dachte der Prinz und gähnte. Seine Glieder fühlten sich bleiern an. Bevor er die Wache übernahm, brauchte er dringend noch eine Mütze Schlaf. Er neigte sich zurück, um sich wieder aufs Lager sinken zu lassen. Dabei streifte sein Blick den Mond, der inz w ischen ein gutes Stück weitergewandert war. Plötzlich verharrte Twikus mitten in der Bewegung.
    Der Nachthimmel war voll von schwebenden Samenflocken. Jetzt, wo er genauer hinsah, entdeckte er Unmengen davon.
    Sie schienen sich im Mondlicht zu sammeln und es dabei einzufangen. Fahl schimmernd wirbelten sie wie  Schneegestöber durch die Luft. Nur langsamer. Beinahe so, als schlichen sie aufeinander zu.
    Im Schatten der Bäume, wo die Gefährten sich in ihre Decken gewickelt hatten, war von alldem nichts zu bemerke n. Wäre da nicht der Traum gewesen, hätte sich Twikus wohl dem Gefühl der Mattigkeit ergeben, so aber ließen ihm die schwärmenden Flöckchen keine Ruhe. Er wollte sie sich genauer ansehen. Leise schälte er sich aus seiner Decke, um die anderen nicht zu wecken. Seine Hand langte nach Pfeilköcher und Bogen, die nachts immer griffbereit neben seinem Kopf lagen. Als er sich mit den Waffen aufrichtete, fühlte er einen Schwindel. So ähnlich musste es Ergil vor einem Monat im Goldenen Anker ergangen sein, nachdem e r zum ersten Mal Bier getrunken hatte. Die Augen des Prinzen suchten nach Jonnin; dem Stand des Mondes nach hatte er Kapitän Bombo wohl längst abgelöst.
    Der junge Seemann saß in der Nähe des Wassers auf dem Boden, den Rücken an einen Felsen gelehnt. Seine Beine waren angewinkelt, die Unterarme auf die Knie gestützt und der Kopf vornübergesunken.
    Jonnin schlief.
    Kein Wunder bei der kräftezehrenden Ruderei, dachte Twikus. Er tastete mit der Zehenspitze nach dem gläsernen Schwert, das irgendwo unter der Decke liegen musste, und fand es auch, aber als er sich danach bückte, schüttelte ihn abermals der Schwindel. Fast wäre er nach vorne gekippt, womöglich noch auf den Kapitän, der dort irgendwo in der Dunkelheit vor sich hin schnarchte. Nur indem Twikus sich ras c h wieder aufrichtete, konnte er die Havarie verhindern. Was war das nur? Hatte Múria die falschen Kräuter in die Suppe getan?
    Twikus schüttelte den Kopf, um ihn klar zu bekommen. Er wagte noch einen zaghaften Versuch, sich nach dem Schwert  zu bücken, schwankte aber sofort wieder. Dann eben nicht, dachte er. Es würde auch ohne gehen. Und Angst vor Dieben brauchte er hier wohl auch keine zu haben. Er spannte den Bogen und hängte ihn sich über die Schulter, um seinen Wachdienst anzutreten. Sollte Jonnin ruhig schlafen. Er hatte sich die Ruhe verdient, so hart wie Bombo ihn immer rannahm.
    Dormunds Schnarchen übertönte die meisten Geräusche. Wie ein Storch stakste der Prinz über die schlafenden Gefährten hinweg. Dabei packte ihn einmal mehr der Schwindel und er taumelte einige Schritte nach links. Dadurch wanderte der Mond über die Gestalt des zusammengesunkenen Seemanns. Infolgedessen wurde etwas sichtbar, das Twikus im Dunkel der Nacht bisher nicht bemerkt hatte. Überrascht blieb er stehen.
    Jonnin war von einer strahlenden Aura umgeben.
    Zuerst konnte sich Twikus das seltsame Phänomen nicht erklären, aber dann sah er eines der Samenbällchen mitten auf dem Kopf des Seemanns landen. Und liegen bleiben. An dieser Stelle hatte der silberne Strahlenkranz jetzt eine kl e ine Ausbuchtung. Eine zweite Flocke wehte heran und setzte sich mitten auf Jonnins Nase. Wieder wurde seine Aura ein bisschen größer.
    Wie gebannt verfolgte Twikus das Spiel der flaumigen Kugeln. Fast glaubte er, sie würden magnetisch von dem

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