Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
hätte, wären doch seine Behauptungen nicht widerlegt. Der Ewige hat nämlich Myriaden anderer Söhne, die sich womöglich hä t ten fragen können, ob an den Vorwürfen nicht doch etwas dran ist. Deshalb hat er Zeit eingeräumt, um die Streitfragen ein für alle Mal zu beantworten.«
    »Und wo in diesem Ringen zwischen Gut und Böse steht der  Äonenschläfer?«
    »Auf der Seite des Lichts selbstverständlich. Aber ich denke, du wolltest eigentlich fragen: ›Was ist deine Bestimmung,  Olam?‹ Nur fehlte dir der Mut, diese vertrauliche Frage zu stellen, nicht wahr, mein Bruder?«
    Um dem forschenden Blick des Äonenschläfers zu entkommen, verlegte sich Ergil auf die Betrachtung der Intarsienornamente in der Tischplatte.
    »Meine Aufgabe ist die eines Vermittlers zwischen den Welten«, fuhr der Gastgeber schmunzelnd fort. »Melech - Arez will in dem ›Ringkampf‹, wie du es ganz richtig nennst, um jeden Preis gewinnen. Er versucht, so etwas wie eine freie Wahl zwischen Licht und Finsternis gar nicht erst zuzulassen. Mit seiner übernatürlichen Macht könnte er leicht jeden aus dem Weg räumen, der gegen ihn Stellung bezieht, aber das lässt sein Vater nicht zu. De r -de r - tut - was - ihm - gefällt sorgt für ein Gleichgewicht, in dem der freie Wille jedes Einzelnen darüber entscheiden kann, auf welcher Seite er stehen möchte…«
    »Der… freie Wille?« Ergils Blick huschte nach rechts, wo er ein wissendes Lächeln auf Múrias Gesicht be m erkte.
    »Wie mir scheint, habt ihr schon über diese wichtigste Form der Freiheit gesprochen«, sagte Olam. »In meinem Leben dreht sich so ziemlich alles um sie. Obwohl ich mindestens fünftausend Jahre davon verschlafen habe. Auch jetzt, in diesem Moment, ist da s so.«
    »Aber…«
    »Ich weiß, was du sagen willst, Ergil. Zugegeben, für euch sehe ich ziemlich wach aus.« Olam ließ seinen Blick in die Runde schweifen. »Das kommt euch aber nur so vor, meine Freunde. In Wirklichkeit träume ich dies alles nur.«
    »Willst du damit sagen, uns gehe es genauso?«, entfuhr es dem Prinzen.
    Der Herr des Schmetterlingspalastes schüttelte den Kopf.
    »Nein, ihr seid wach. Ich weiß, das ist schwer zu begreifen. Obwohl ihr mich berühren und fühlen könnt, bin ich doch nur  ein Traumbild meiner irdischen Wirklichkeit. Das ist die einzige Möglichkeit für mich, um zu den anderen sechs Welten zu reisen und den bedrängten Dienern des Lichts mit Rat und Trost zur Seite zu stehen.«
    »Und dieses… Zelt hier«, Ergil ließ seine Rechte einen  Bogen beschr e iben, »ist das etwa auch nur Illusion?«
    »Ja und nein. Wie du ganz richtig bemerkt hast, besteht es aus giftigen Faltern, die jeden böswilligen Eindringling töten können. Aber der Palast der Schmetterlinge ist auf Mirad nur in der Neumondnacht real. Danach kehrt er samt der Insel und dem Sternenpfad ins Zwischenreich der Träume zurück, bis ich in einer anderen Welt um Hilfe gerufen werde.«
    »Bestimmst du selbst, wie lange du schläfst?«
    »Ich kann nur den Zeitpunkt wählen, an dem ich wieder zum Träumer werde, a ber das Erwachen liegt in der Hand Dessen- der- tut - wa s - ihm - gefällt. Manchmal muss erst eine neue Ära der Menschheitsgeschichte anbrechen – daher der Name Äonenschläfer. Mein Vater ruft mich immer, wenn das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse ins Wanken gerä t.«
    »Un d wa s tus t d u dann?«
    »Die Nacht würde nicht ausreichen, diese Frage zu beantworten, Ergil. Gewöhnlich suche ich andere Träumer, Menschen mit reinem Herzen, die für das Licht kämpfen, um die Balance wiederherzustellen. Einige haben sich zunächst schwer getan mit dem Gedanken, ihr irdisches Dasein aufzugeben, um möglicherweise der Retter einer fremden Welt zu werden. Das ist der Grund, weshalb ich mich als
    ›Vermittler‹ bezeichne. – Doch damit genug von mir. Widmen wir uns den Gründen, die euch zu mir g eführ t haben.«
    »Wenn du erlaubst, Olam, möchte ich die Ereignisse beschreiben, weil ich sie von Anfang an miterlebt habe«, sagte Múria.   
    »Das ist ein guter Vorschlag, Inimai. So kommt Ergil auch endlich dazu, etwas von den köstlichen Speisen zu genießen.«
    Mit seiner Erwiderung hatte Olam es erneut geschafft, sie aus dem Konzept zu bringen. Schuldbewusst blickte sie auf die fremdartige Frucht in ihrer Hand, legte das angebissene Stück sehr vorsichtig auf ihren Teller, räusperte sich und begann sodann mit ihrem Bericht. Sie schlug einen Bogen von der blutigen Machtergreifung

Weitere Kostenlose Bücher