Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Wikanders bis in die Gegenwart. Die Zuspitzung der Lage in jüngster Vergangenheit nahm in ihren Schilderungen den größten Raum ein. Dabei erwähnte sie nicht nur die beunruhigenden Veränderungen in der Natur, die Träume der Prinzen von der schwarzen Lohe über der Sooderburg, die zunehmenden Gewalttätigkeiten im Herzland oder die Nachrichten von dem riesigen Waggheer, das sich im Süden sammelte.
    Es gebe auch Anlass zur Hoffnung, sagte Múria mit fester Stimme. Torlunds Erben hätten – allen Angriffen Wikanders zum Trotz – überlebt. Ihre Erinnerungen kehrten zurück, langsam zwar, aber mit ihnen erwache auch eine Macht, die selbst Wikander fürchten müsse. Die Gemeinschaft sei letztlich zum Sternenspiegel aufgebrochen, erklärte die Herrin der Seeigelwarte, weil der Großkönig offenbar einen gefährlichen Helfer habe. Der labyrinthische Palast mochte ja noch sein eigener Einfall sein, aber der Bann, mit dem er seine Insel umgeben habe, speise sich aus höheren Mächten. Und wie viel mehr noch dieses Dunkle, Kalte, das unter der Festung lauere.
    »Wir hofften, du würdest uns sagen, wie wir die Wächter bezwingen können«, schloss Múria ihre Ausführungen.
    Olam bezeigte ihr durch ein Nicken, dass er sie verstanden hatte, und wandte sich erneut den Zwillingen zu, die – versammelt auf einem Sitzkissen – rechts neben ihm kauerten.
    »Wie es scheint, liegt des Rätsels Lösung in eurem Traum verborgen, Ergil und Twikus. Eure Unterweiserin erwähnte  eine ›schwarze Lohe‹. B i tte erzählt mir genau, was ihr gesehen habt.«
    Soll ich?, fragte Twikus.
    Meinetwegen, antwortete Ergil und schloss die Augen.
    Ein kurzer Schauer durchlief ihren gemeinsamen Körper. Als die langen hellen Wimpern sich wieder hoben, sah Olam für einen Moment nur pupillenlose, weiße Augen.
    »Ich bin Twikus«, sagte ebender und blickte jetzt wieder normal.
    Olam begrüßte den Gast mit einer kleinen Verneigung, kam aber sogleich wieder zur Sache. »Hattest du allein diesen Lohentraum?«
    »Nein, aber meiner war vielleicht eine Spur heftiger.«
    »Dann lass mich bitte hören.«
    Twikus berichtete von seinem Rundflug über die Sooderburg, die Gefühle, die er dabei empfunden hatte, und das dramatische Ende.
    »Hat der Fahnenmast dein Herz durchbohrt?«, fragte Olam. Wie zuvor sein Bruder sah auch Twikus für einen Augenblick
    in Múrias – abermals – wissend lächelndes Gesicht. »Eher nicht«, antwortete er dann dem Herrn des Schmetterlingspalastes.
    »Wa s sol l da s heißen?«
    »Ich bin vor dem Zusammenprall aufgewacht.«
    »Ah! Ich verstehe.« Olam nickte langsam und schien gar nicht mehr damit aufhören zu wollen, bis er schließlich doch wieder zu sprechen begann.
    »Ich soll euch also die Natur der geheimnisvollen Wächter offen legen.« Seine Stimme war jetzt sehr leise. »Nun, ich kann euch nicht sagen, wie sie aussehen, und das spielt für euch wohl auch keine entscheidende Rolle, denn wie die kluge Inimai schon richtig erkannte, stammen sie nicht von dieser  Welt. Auf Mirad können sie jede Gestalt annehmen, die ihnen angemessen erscheint.«
    »Angemessen wo f ür?«, fragte Múria.
    Olam sah sie mitfühlend an. »Um euch in Angst und  Schrecken zu versetzen, schöne Inimai.«
    »Ist das ihre einzige Waffe?«, schnaubte Twikus.
    Die dunklen Augen des Weisen wanderten wieder zum Prinzen und seine Stimme wurde gleichermaßen beschwörend wie auch geheimnisvoll. »Unterschätzt nie diese Macht, meine Brüder! Die tapfersten Männer sind schon an ihr zerbrochen. Die Herzen ganzer Völker sind zu schwarzem Eis erstarrt: kalt und ohne Hoffnungsschimmer. So lässt mich der Ewige eure nächtliche Vision deuten. Nehmt den Traum als Warnung. Nicht um zu verzagen, sondern um euch gegen den Feind zu wappnen. Denn wenn ich die Namen jener Wächter auch nicht kenne, ist eines doch wohl sicher: Ihre Stärke liegt allein in eurer Furcht.«
    »Ich fürchte mich vor nichts und niemandem«, brummte  Falgon. Er saß neben Múria.
    »Tatsächlich?«, entgegnete der Äonenschläfer. »Und wie empfändest du, wenn jemand Inimais Leben bedrohte?«
    Alle Achtung!, staunte Ergil im Stillen. Die Herzensbeziehung der beiden so schne l l zu erkennen, verlangt ein waches Auge.
    Nun mach aber mal halblang, widersprach Twikus. Wir haben’s doch auch ganz schnell bemerkt.
    Falgon senkte das Haupt und räumte beschämt ein: »Du hast Recht, weiser Olam. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ihr etwas zustoße.«
    Dankbar ergriff Múria seine

Weitere Kostenlose Bücher