Mirad 01 - Das gespiegelte Herz
im günstigsten Fall tagelang umherirren, bis er wieder nach Hause fand, und im schlimmsten… Daran mochte er lieber nicht denken. Immerhin bestand die Hoffnung, einem Waldbold zu begegnen. Unglücklicherweise waren die aber fast so scheu wie Elven und es würde womöglich eine Ewigkeit vergehen, bis er einen der kleinen Pilzfäller nach dem Weg fragen konnte.
Ergils Hand spielte nervös mit dem silbrigen Dorn. Er war versucht, das Elvenschwert aus der Scheide zu ziehen und sich in den Finger zu pieken.
»Nein«, flüsterte er und schüttelte den Kopf. Das hier war keine echte Notlage, sondern bestenfalls eine knifflige Geschicklichkeitsübung, mit der er allein klarkommen musste.
Er überlegte, in welcher Richtung die Blockhütte lag. Am Vormittag waren sie nach Nordwesten gelaufen. Ergil legte den Kopf in den Nacken und bemühte sich den Stand der Sonne über den Baumkronen zu erkennen, was ihm nur unbefriedigend gelang. Deshalb lief er zu einem nahe stehenden Woollsii - Baum, dessen Stamm aufgrund ausladender Brettwurzeln im Querschnitt wie ein vierzackiger Stern aussah. Und weil jede Himmelsrichtung in der ihr eigenen Weise die runzlige, graubraune Rinde des Riesen bearbeitete, eignete sich der Woollsii - Baum besonders gut als natürlicher Kompass. Die Nordseite des »Sternes« war mit Moos bewachsen. Ergil peilte eine Rottanne an, die in südöstlicher Richtung stand, und setzte sich wieder in Bewegung.
Etwa eine halbe Stunde lang hangelte er sich so von einem Orientierungspunkt zum nächsten. Allmählich erwachte in ihm der Ehrgeiz, auch ohne die Befragung von Waldbolden oder Wurzelgnomen nach Hause zu finden. Auf ein Wiedersehen mit Scheki r a oder anderen Elven wagte er ohnehin nicht zu hoffen.
Die Gedanken an die traurige kleine Prinzessin mussten ihn für einen Moment abgelenkt haben, denn sonst wäre seinen wachsamen Sinnen gewiss aufgefallen, dass er beobachtet wurde. Unvermittelt knackte e s übe r ihm . E r ris s de n Kopf hoch, sah gerade noch einen massigen Leib auf sich zustürzen, versuchte auszuweichen, aber es war bereits zu spät. Mit Wucht wurde er zu Boden gerissen.
»Du hast wieder mal geträumt, gib’s zu.«
»Ja , Oheim.«
Der Waldläufer schn a ubte. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst vorsichtig sein! Der Große Alte ist kein Spielplatz. Wenn ich ein Tarpun gewesen wäre…«
»Den hätte ich bestimmt bemerkt.«
»Das sagst du jetzt nur.« Falgon gab den Jungen wieder frei, indem er sich zur Se i te wälzte. Während er sich vom Waldboden aufrappelte, lag ein gequälter Ausdruck auf seinem Gesicht. »Allmählich werde ich für den praktischen Teil deiner Ausbildun g z u alt.«
»So wie du durch den Wald jagst, glaube ich das kaum…« Ergil klappte hörbar den Mund zu und riss erschrocken die Augen auf. Hatte Falgon bemerkt, was ihm da eben herausgerutscht war?
Scheinbar teilnahmslos Blätter und kleine Zweige aus seinen Kleidern zupfend, brummte der Alte: »Wie lange folgst du mir schon?«
Er hat es bemerkt Ergil saß noch im Laub, sonst wären seine wachsweichen Knie wohl unter ihm zusammengeklappt. Er öffnete zwar wieder den Mund, brachte aber keine Antwort heraus.
»Versuchst du gerade einen Frosch nachzuahmen?« Falgons Ton wurde strenger.
»Äh … nein , aber…«
»Ic h ha t te schon auf der Lichtung das Gefühl, beobachtet zu werden. Das bist du gewesen, stimmt’s?«
»Hm…«
»Has t d u mic h belauscht?«
»Nich t direkt…«
»Aber du hast den Ritter gesehen.«
»Nur einen Vagabunden den in schäbiger Rüstung.«
»Die Zeiten da draußen sind nicht gerade glänzend, Ergil, da ist es auch für einen redlichen Mann nicht immer leicht, ein sauberes Wams zu behalten.«
»We r is t de r Ritter?«
»Das brauchst du nicht zu wissen. Was hast du von unserem Gespräc h mitgehört?«
»Fas t nichts.«
»Ergil! Mir ist klar, dass du ein Recht auf die Wahrheit hast. Zwischen Triga und mir wurde nichts besprochen, das du nicht ohnehin irgendwann erfahren wirst. Aber nicht heute. Du bist noch nicht so weit. Es könnte dir mehr schaden als nützen. Deswegen musst du mir sagen, was du mitbekomme n hast.«
Der Junge ließ den Kopf hängen und murmelte: »Nur Namen: Torlund, Wikander. Den Ersten scheint ihr zu mögen, den andere n nicht.«
»Un d sonst?«
»König Torlund hat dich für etwas ausgewählt, aber ich konnte nicht verstehen, was das für e i n e Aufgab e war.«
»Ich werde De m - der - tu t - was - ihm - gefällt heute Nacht Dank
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