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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ergangen?«
    Die beiden Männer umarmten sich. Dabei war deutlich zu erkennen, dass der Ritter den Waldläufer um gut einen Kopf überragte, jedoch trotz Harnisch schmaler war.
    »Mach dir um uns keine Sorgen«, beendete Falgon das kurze Begrüßungsritual. »Der Große Alte hat schon mehr Stürme überdauert als diesen.«
    »Die Macht des Feindes nimmt täglich z u. Mittlerweile reicht sie bis an den Rand des Waldes.«
    »Ich hatte gehofft, König Borst, dieser störrische alte  Haudegen, würde ihm länger die Stirn bieten können.«
    »Borst sitzt nicht mehr auf dem Thron von Pandor. Sein  Vetter Entrin ist der neue König von Pandorien.«
    »Dieser verzärtelte Schwächling?«
    »Er ist nur eine Marionette. Auf die Gefahr, mich zu wiederholen: Der Feind ist wie eine dunkle Sturmwolke, deren Schatten sich mit jedem Jahr weiter über Mirad ausbreitet. Du tust gut daran, ihn nicht zu unt e rschätzen.«
    »Da sei unbesorgt. Auch im Wald ist diese ›Wolke‹ schon zu spüren. Aber hier trifft sie auf Widerstand, der mich hoffen lässt. Erst neulich…«
    Falgons Stimme war zuletzt immer leiser geworden und jetzt konnte Ergil überhaupt nichts mehr verstehen. Der andere, den der Waldläufer Triga genannt hatte, passte seine Lautstärke ebenfalls dem verschwörerischen Ton an. Nur ab und zu gelang es Ergil, einzelne Satzfetzen aufzuschnappen. Da war vom »Großkönig Wikander« die Rede, für den die beiden unüberhörbar wenig herzliche Gefühle hegten. Mit Wehmut erwähnten sie den Namen eines gewissen Torlund, der irgendwann früher einmal dem Bund der sechs Königreiche von Mirad vorgestanden haben musste. Ergil hätte allzu gerne gewusst, warum sich sein Ziehvater, ein einfacher Waldläufer, so sehr für das Treiben von Königen und die Geschicke ihrer Reiche interessierte. Hier, im Großen Alten, konnte es ihm doch ziemlich egal sein, ob die Herrscher draußen in der Welt Scheusale oder Menschen von Herzensgüte waren.
    Zu m Ä r ger des Lauschers ließen sich die beiden Männer jetzt im hohen Gras nieder, wodurch sie für ihn auch noch unsichtbar wurden. Sie hatten zuvor eine Wegzehrung aus ihren Taschen genommen, die sie jetzt zweifellos verspeisten. In seinem Versteck wurde dem Jungen schmerzlich bewusst, dass er ohne Proviant aufgebrochen war. Mit knurrendem Magen musste er darben, während Falgon und Triga es sich gut gehen ließen.
    Das Treffen der beiden dauerte weniger lang, als angesichts der herzlichen Begrüßung anzunehmen war. Unversehens tauchten wieder ihre Köpfe aus dem Gras auf und sie umarmten sich erneut.
    »Du hast bestimmt noch einen weiten Weg vor dir«, sagte  Triga.
    »Weit genug«, antwortete Falgon in der für ihn typischen  Einsilbigkeit.
    Der Fremde nickte lächelnd. »Torlund wusste schon, warum er dich auswählte. Du bist ein schlauer Fuchs. Pass auf dich auf. Und vor allem: Hüte unseren Schatz bis zum Tag der Entscheidung.«
    »Das überlass ruhig mir, Triga. Ich wünsche dir einen behütete n Ritt.«
    »Den werde ich haben. Leb wohl . « Der Ritter hob zum Abschied die Hand. Sodann drückte er die Fersen in die Weichen seines Pferdes und galoppierte davon.
    Ergil hätte fast den Abmarsch seines Ziehvaters verpasst, weil er verwirrt, wenn nicht gar fassungslos war. König Torlund hatte Falgon »ausgewählt«? Also war der Weißschopf doch mehr als ein gewöhnlicher Waldläufer, den es als jungen Burschen in die Welt hinausgezogen hatte, der auf seiner Jagd nach dem Glück nicht besonders erfolgreich gewesen war, worauf er sich im Alter eines elternlosen Kindes angenommen  hatte und mit diesem in die Abgeschiedenheit des Großen  Alten zurückgekehrt war…
    Ein leises Rascheln weckte Ergil aus seiner Verwunderung. Er musste sich beeilen, wenn er Falgon nicht verlieren wollte.
     
    Der Rückweg war nur unwesentlich schonender. Ergil hatte Mühe, nicht laut zu keuchen, während er Falgon im sicheren Abstand folgte. Der Alte war ausgeruht und vom Mittagsmahl gestärkt, aber er, Ergil, fühlte sich so leer wie ein ausgeweideter Grotan.
    Merkwürdiger Gedanke, grübelte er. Wann hatte sein Oheim je einen Schweineluchs erlegt…?
    Plötzlich erschrak Ergil. Falgon war verschwunden! So als hätte der Große Alte ihn jäh verschluckt.
    Der Junge blieb stehen und lauschte. Nirgends knackte oder raschelte es. Sein heftig pochendes Herz s c hien alles andere zu übertönen. In diesem Teil des Waldes kannte er sich nicht aus. Nie hatte er sich so weit von der Hütte entfernt. Er würde

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