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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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entsetzt seine Waffe fallen. Er taumelte und keuchte. Als er sich den Helm vom Kopf riss, zerfi e l das Eisen zu Staub. Der Junge erblickte ein uraltes Gesicht.
    Triga!
    Wieder war es nur ein Wort, das durch seinen Geist hallte, aber es öffnete ihm ein weites Tor. Erinnerungen strömten auf ihn ein, als würde ihm in einem einzigen Augenblick zum vergange n en Leben ein weiteres hinzugeschenkt. Ja, das war Triga, der Vagabund im schäbigen Harnisch, der fahrende Ritter, der sich vor vier Jahren mit dem Oheim auf einer Waldlichtung getroffen hatte. Damals schienen sie Freunde zu sein. Kein Wunder, dass Falgon ihn einen Verräter geschimpft hatte.
    Zwar hatte der Stich des silbernen Domes das Schreien des Jungen entfacht, aber wie eine angeblasene Flamme faucht und braust, so ließ die Verzweiflung über den Tod des väterlichen Freundes es jetzt emporlodern. Und in dem Maße, wie der Klagelaut immer schriller wurde, alterte Triga. Bald spannte sich seine schrumplige Haut wie Wachstuch um den Schädel. Seine starrenden Augen vertrockneten wie Quallen am Strand. Zuletzt brach der Krieger in sich zusammen gleich einer Fig u r aus Sand.
    Twikus verstummte. Schekira! Diesmal waren es seine eigenen Gedanken, die den Namen formten, der aus einer fremden Erinnerung stammte.
    Bist du noch da?, fragte er in sich hinein.
    Wo soll ich denn sonst sein?, entgegnete der Plagegeist. Hast du gewusst, was der Silberdorn anrichten kann?
    Nein, habe ich nicht. Das Elvenschwert ist übrigens aus  Satim, nicht aus Silber.
    Bist wohl ein ganz Schlauer, was?
    Ist nicht besonders schwer, klüger zu sein als du.
    Twikus wollte gerade eine gepfefferte Antwort denken, als er ganz in der Nähe ein Stöhnen hörte. Mit Schrecken starrte er auf den Berg aus Staub und verrotteten Rüstungsüberresten,  der einmal der tollkühne Triga gewesen war. In dem Haufen ließ sich kein Lebenszeichen entdecken.
    Das muss der Oheim sein ! , gellte es plötzlich durch seinen  Geist. Schnell, wir müssen zu ihm!
    Twikus hatte mit einem Mal das Gefühl, seine Füße würden sich selbstständig machen. Sie drängten ihn zu dem im Sand liegenden Körper. He, was soll das?, beschwerte er sich. Das sind me i n e Beine.
    Die Antwort aus seinem Innern kam sofort: Darüber sprechen wir noch. Lass uns zuerst nach Falgon sehen.
    Der Junge drückte sich an der Felswand entlang, um Trigas Überresten nicht zu nahe zu kommen. Aus den Augenwinkeln nahm er eine rege Betriebs a mkeit wahr. Als er sich endlich von dem Häuflein Rost und Staub losreißen konnte, bemerkte er etliche Krieger auf der Flucht. Offenbar hatte der Anblick ihres vorzeitig vergreisten Anführers sie hinreichend eingeschüchtert, um sich allen Ballasts zu entledigen und panisch davonzurennen. Da flogen Helme, Schilde, Speere und Schwerter ins Laub, alles, was man sich im Laufen vom Leibe reißen konnte, um das Tempo zu erhöhen.
    Endlich hatte Twikus seinen Ziehvater erreicht und ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. Falgon lag auf der Seite, weil der Speer nichts anderes zuließ.
    »Oheim , d u lebst!« Falgon keuchte nur.
    Ein Schauer ließ Twikus erzittern. Als Jäger schreckte ihn weniger das viele Blut, aber seinen Ziehvater von einem Speer durchbohrt vor sich liegen zu sehen, war fast mehr, als er ertragen konnte. Falgons Atem rasselte. Aus seinem Mund kam schaumiges Blut. Das vom Schwert abgelenkte Wurfgeschoss hatte zwar sein Herz verfehlt, aber offenbar die Lunge verletzt.
     
    Der Junge überlegte, wie er Falgon das Atmen erleichtern konnte. Den Speer einfach herauszuziehen, wagte er nicht. Also grub er mit bloßen Händen eine Kuhle in den Sand und drehte den Verletzten so auf den Rücken, dass sich die Speerspitze in das Loch senkte. Gleichzeitig hielt er den schwarzen S c haft so ruhig wie möglich, um den Druck auf die Wunde zu verringern. Trotzdem stöhnte Falgon vor Schmerz auf.
    »Entschuldige, Oheim!«
    Der Alte bewegte die Lippen, aber Twikus konnte nichts verstehen. Er beuge sich vor und brachte sein Ohr ganz nahe a n Falg o ns Mund. Endlich hörte er die schwache Stimme.
    »Ich… ich muss dir etwas sagen, mein Sohn.«
    Twikus’ Blick verschleierte sich, weil er die Tränen nicht länger zurückhalten konnte. Wann hatte Falgon ihn je seinen Sohn genannt? Der Junge schüttelte heftig den Kopf. »Du darfst deine Kräfte nicht verschwenden, Oheim. Ich werde dich pflegen. Du wirst wieder gesund.«
    »Nein…« Falgon schloss die Augen, sammelte Kraft. »Nein, Twikus. Es ist zu

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