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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Breitschwert zu Boden.
    »Nein!«, schrie Twikus, als der Mann mit dem geflügelten Helm ein drittes Mal ausholte, um seinen Gegner endgültig niederzustrecken, aber da fiel Falgon schon von allein.
    »Zurück!«, befahl der Anführer und setzte dem Jungen die  Schwertspitze an den Hals.
    Twikus wurde vom Druck der Klinge unbarmherzig in Richtung der Felsen gedrängt. Sein von Tränen verschleierter Blick lag auf Falgons reglosem Leib. Ebenso verschwommen waren die Bilder in seinem Traum gewesen…
    Ohnmächtige Wut stieg in ihm auf, ein Gefühl, das die bis dahin schon empfundene Verzweiflung zu einer Feuersbrunst anfachte, die alles in ihm zu verzehren drohte. Er haderte mit sich selbst, weil er den Ausgang der Ereignisse irgendwie vorhergesehen und sie trotzdem nicht abzuwenden vermocht hatte. Seine grimmige Anklage machte auch vor Falgon nicht Halt, dem das Ausmaß der Bedrohung offenbar schon lange bekannt gewesen war, der aber seinen Zögling darüber in Unwissenheit gelassen hatte. Dann richtete sich der glühende Zorn des Jungen gegen den Träger des Drachenhelms.
    »Du hast Falgon getötet!«, schrie Twikus.
    Ein blechernes Lachen drang aus dem Kopfschutz des anderen. »Das ist der Sinn der Übung, deshalb kämpft man ja.«
     
    »Es war kein Kampf, sondern Mord!«
    »Lassen wir den höchsten Richter der sechs Reiche darüber entscheiden.«
    »Das kannst du gerne tun, wenn es dir gelingt, diesen Wald lebend zu verlassen.«
    »Wollt Ihr mir drohen? Ha! Da bekomme ich ja das große  Zittern. Ich werde Euch in Ketten legen.«
    »Lieber sterbe ich, als dass ich mit dir gehe.«
    Der Ritter zuckte die Achseln. »Mir auch recht. Ich werde dem Großkönig sagen, Ihr hättet Euch bei der Flucht den Hals gebrochen.«
    Twikus wich noch ein weiteres Stück zurück und stieß mit dem Rücken gegen den Felsen. Er wusste nicht, ob der andere nur drohte, aber das war ihm auch egal. Er würde sich nicht verschleppen und Falgons Leichnam hier verrotten lassen. Aber was sollte er tun? An den Bogen des Oheims kam er nicht heran und allein mit den Pfeilen im Köcher würde er gegen diesen erfahrenen Kämpfer nicht viel ausrichten können. Im Kopf des Jungen begann sich einmal mehr alles zu drehen. Es musste einen Ausweg geben!
    Dorn!
    Das Wort blitzte wie Wetterleuchten durch seinen Kopf. Meldete sich da wieder der Störenfried, der sich zwischenzeitlich ebenso unerwartet zurückgezogen hatte wie er zuvor aufgetaucht war? Twikus wusste sofort, was die Stimme meinte.
    Ehe die Klinge des Behelmten ihn wieder einzuholen vermochte, zog er das silberne Elvenschwert aus der Scheide und stach sich die nadelfeine Spitze in den Handballen. Der erste Blutstropfen war noch nicht in den Sand gefallen, als Twikus einen spitzen Schmerzensschrei ausstieß.
     
    Das seltsame Verhalten des Jungen gab dem Angreifer zunächst nur Rätsel auf. Verwundert ließ er das Schwert sinken und schüttelte den Kopf.
    Twikus kam es so vor, als tobe der Wildbach vor Wut über Falgons Tod, denn er hörte unvermittelt ein starkes Rauschen, das jeden anderen Laut übertönte. Es kam nur von dem Blut, das durch seine Ohren toste. Er blickte von dem Elvenschwert auf, das in seiner Hand steckte, und während er immer noch schrie wie am Spieß, sah er alles merkwürdig klar: den reglosen Körper des Oheims, die Schrammen und Beulen auf dem Brustpanzer des Anführers, sogar die Augen der anderen Krieger, die sich mittlerweile aus der Deckung gewagt hatten und das Geschehen verfolgten. Nur wenige Male hatte sein Herz seit dem Stich geschl a gen, als sich alles um ihn herum zu bewegen begann. Es war kein Schwindel, der seine Umgebung in Drehung versetzte, auch kein Hin- und Herschwanken. Vielmehr taumelte er durch die Zeit: Blumen in den Felsspalten öffneten und schlossen sich schneller als e i n Wimpernschlag; Blätter rieselten von den Bäumen wie Schnee und gleich darauf trieben die Zweige so schnell neue Knospen, als wären diese nur aufquellende Regentropfen in einem Sommergewitter; der Himmel flackerte wie eine Kerzenflamme, weil Sonne und Mond wie vom Katapult geschleudert darüber hinwegjagten.
    Als Twikus sich wieder dem Mann mit dem Drachenhelm zuwandte, bemerkte er auf dessen Harnisch zahlreiche rotbraune Punkte, die ihm zuvor nicht aufgefallen waren. Auch auf Helm und Schwert blühten die Rostflecken wie Aussatz. Sie blieben nicht lange klein, sondern wuchsen rasch, vereinigten sich und breiteten sich so über das ganze Metall aus. Der Krieger ließ

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