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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Menschen ist es als Himmelsfeuer bekannt. Ich finde, der Name gibt nur unvollkommen wieder, welch machtvollen Klang ihm die Sirilim in ihrer Sprache eingewoben haben: Zijjajim ! Ja, Herr Falgon, es ist das gläserne Schwert von Jazzar - siril. Oder vielmehr das, was von ihm noch übrig ist.«
    Ergil hielt die Luft an. Er war Vanias Sohn und damit ein Nachkomme jenes legendären Königs der Sirilim, der sein Volk auf der Suche nach einer neuen Heimat vor Äonen ins Herzland von Mirad geführt hatte. Jazzar der Weise nannte das riesige Waldgebiet, das er für die Schönen in Besitz nahm, Bilath - berdeor, de n »Grüne n Gürtel«.
    War es die Hitze, die Ergil den Schweiß aus sämtlichen Poren trieb, oder die überraschende Erkenntnis, hier einen Gegenstand vor Augen zu haben, der ihn mit seinen frühesten Wurzeln verband? Er hätte das merkwürdige Ding für alles Mögliche gehalten, aber bestimmt nicht für ein Schwert. Am ehesten glich es noch einem gläsernen, lose aufgerollten  Gürtel. Daneben lag etwas – ein wenig länger als seine Faust breit war, aber an der dicksten Stelle nur so schmal wie Zeige- und Mitt e lfinger zusammen –, das für ihn wie eine Blumenknospe aussah. Nach außen hin verjüngten sich die eng aneinander geschmiegten, silbrig schimmernden Blätter zunächst, um dann jedoch auf der einen Seite in einer Art Knolle und auf der anderen in einem flachen gezahnten Abschlussstück zu enden.
    Dormund griff nach der durchsichtigen Schnecke. Zu Ergils Verwunderung war das Band nicht starr wie Glas, sondern tatsächlich so biegsam wie ein lederner Leibriemen. Während der Schmied es dem Jungen entgegenstreckte, e n trollte es sich auf seinen schwieligen Handflächen, bis es rechts und links lose herabbaumelte. »Hier, Ihr dürft es Euch anschauen.«
    Ergil beugte sich vor, wagte aber nicht das flache Band zu berühren.
    »Nur zu, junger Herr. Die Schneide ist zwar dünner als das feinste Susanpapier, aber in ihrem jetzigen Zustand so weich wi e ei n Regenwurm.«
    Jetzt wusste Ergil, woran ihn dieses angebliche Schwert erinnerte: an einen riesigen, flachen, durchscheinenden Wurm oder eine Schlange. »Warum ist es so weich?«, fragte er und zog sich vorsichtshalber einen halben Schritt zurück.
    »Weil ich weder ein Sirilo noch sein rechtmäßiger Besitzer bin.«
    »Und der Griff fehlt auch.«
    »Insoweit als das ursprüngliche Griffstück verschollen ist, stimme ich Euch zu. Aber ich habe nach Königin Vanias Angaben ein neues angefertigt.« Der Schmied deutete mit dem Kinn auf die metallene Blumenknospe.
    »Das soll ein Schwertgriff sein? Ich habe es für irgendein ausgefallenes Schmuckstück gehalten.«
    »Nicht ohne Grund. Seht her.« Dormund legte das g l äserne Schwert wieder auf den schwarzen Block und nahm die Knospe zur Hand. Während er sie beim gezahnten Endstück festhielt, zog er an der zwiebelförmigen Knolle auf der anderen Seite. Mit einem leisen Klicken sprang die schimmernde Blüte auf. Jetzt war a us der Zwiebelknolle ein Knauf geworden, der den Abschluss eines schlanken, mit rotbraunem Lederband und silbernem Draht umwickelten Griffes bildete.
    Das Käuzchen hatte sich erschrocken und flatterte nervös mit den Flügeln. Ergil drehte den Kopf zur Seite und murmelte seiner kleinen Begleiterin zu: »Dir geht es vermutlich genauso wie mir.« Er hoffte, von Schekira verstanden zu werden, ohne ihre wahre Natur vor dem Schmied zu enthüllen. Ihm war sofort die Ähnlichkeit des Griffstücks mit jenem anderen aufgef a llen, das an einer Satimkette in filigraner Winzigkeit unter seinem Hemd baumelte – die Verwandtschaft zwischen Elven und Sirilim zeigte sich offenbar in vielen Dingen. Sein linker Zeigefinger strich beruhigend über den gepunkteten Bauch des Eulenvogels, während er an Dormund die Frage richtete : »Waru m ha t Himmelsfeuer nicht als Ganzes die viertausenddreihundert Jahre überdauert, seit Jazzar - siril sein Volk ins Herzland führte? War der ursprüngliche Griff aus Hol z un d is t vermodert?«
    Es war Falgon, der darauf antwortete. »Nein. Jazzar der Weise hat den Griff mit Bedacht von dem Schwertblatt getrennt, damit nicht ein Unwürdiger Zijjajims Macht entfesselt.« Der einstige Waffenmeister von Soodland deutete auf die Zacken am flachen Ende über den geöffneten Blüt e nblättern. »Siehst du diese kleinen Zähne hier? Sie sind am Rand breiter als innen, ganz ähnlich wie die Zinken, die ein Schreiner in Holzbretter sägt, um das eine fest mit dem anderen zu

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