Mirad 01 - Das gespiegelte Herz
Verehrung des Großkönigs irgendwie zweifelhaft erscheint.«
»In einem hat Triga Recht gehabt: Wikanders Einfluss wächst unaufhaltsam. Ich wüsste zu gerne, wem er diese Macht verdankt. Wenn er heute die Formlosen lenkt, wer kann ihm morgen noch widerstehen?«
»Es wird immer welche geben, die dem Bösen trotzen. Ich jedenfalls werde mir lieber jeden e i nzelnen Knochen im Leibe brechen lassen, als mein Knie vor ihm zu beugen.«
»Deine Treue ehrt dich, Meister Dormund. Trotzdem mache ich mir Sorgen um dich. Was, wenn Triga dich doch erkannt hat? Es würde zu seiner Falschheit passen, dir nichts anzutun, um dich in Sicherheit zu wiegen. So hätte er in aller Ruhe beobachten können, wer in deiner Schmiede ein und aus geht.«
»Das ist mir klar. Manchmal höre ich das Rauschen des Windes und denke: Jetzt kommen die Ischschsch und holen mich. Aber dann mache ich mir wieder Mut und sage:
›Vielleicht gibt es da etwas in meinem Haus, das sie nicht mögen … ‹«
Falgons Brauen hoben sich. »Jetzt hast du mich neugierig gemacht. Was könnte das sein?«
»Ein Gegenstand, den die Ischschsch möglicherweise mehr verabscheuen als alles andere auf der Welt. Er wurde mir vor nun fast siebzehn Jahren auf der Sooderburg anvertraut. Bitte verzeiht mir, wenn ich ihn Euch gegenüber nie erwähnt habe. Es ist kein Mangel an Vertrauen. Ich durfte nicht darüber sprechen. Königin Vania hat mich zu absolutem Stillschweigen verpflichtet.« Dormund warf Ergil einen scheuen Blick zu.
»Ein Gefühl sagt mir jedoch, dass mein Schwur bald erfüllt sein wird. Kommt bitte mit in die Schmiede. Ich will Euch zeigen, was den Formlosen einen solchen Respekt einflößt . «
Die Beschreibung der Ischschsch hatte Ergil eingeschüchtert. Allzu gerne folgte er dem Schmied zu jenem geheimnisvollen Etwas, das vor ihnen schützen konnte. Hinzu kam die Neugierde. Der Gegenstand stammte von seiner Mutter!
Während er sich Falgon anschloss, wanderte seine Hand zu der silbernen Halskette.
Der Schmied führte die Besucher durch ein Tor in einen Holzschuppen, der angefüllt war mit Werkzeugen, Wagenrädern, Jochstangen, landwirtschaftlichen Geräten sowie allerhand Rätselhaftigkeiten aus Schmi e deeisen, von denen die kleineren in offenen Kisten lagerten und die größeren fast jede noch verbliebene freie Stelle einnahmen. Am anderen Ende des Raumes befand sich eine weitere Tür, groß genug, um von einem Pferd durchschritten zu werden, der Eingang z u r Schmiede.
Dormunds Wirkungsstätte war ein Glutofen. Schon beim Eintreten brach Ergil der Schweiß aus. Unruhig bewegte sich das Käuzchen auf seiner Schulter. Spätestens jetzt war ihm klar, warum das Gesicht des Hausherren bei der Begrüßung so geglänzt ha t te.
Das Innere der Schmiede mochte an die fünfzehn Schritte lang und etwa zehn breit sein. Boden und Wände bestanden aus rotbraunen Backsteinen. Das Dachgebälk war rußgeschwärzt. In der Mitte des Raumes befand sich ein gemauertes Geviert, Kohlen glühten o r angerot in dem tischhohen Becken. Darüber hing eine kupferne Esse wie eine riesige Glocke unter der Decke. Linker Hand entdeckte Ergil in der Wand eine eiserne Klappe. Die Ziegelsteine drum herum waren ebenfalls schwarz vor Ruß. Vermutlich befand sich dahinter eine weitere Feuerstelle. Sowohl vor dem Schmelzofen in der Wand als auch unter dem Kohlenbecken gab es große Blasebalge, die über Seilzüge betätigt werden konnten. Außerdem standen mehrere Ambosse herum, hier und da lehnten oder hingen Zangen und Schaufeln, in einer Ecke lagen eine Reihe von Gussformen aus Metall. Unweit davon standen Forken, Dreschflegel, Sicheln und anderes Gerät in einem Gestell. Auf einem Eisenständer nahe der Glut reihten sich zahlreiche vorgeformte Hufeisen.
»Als ich Euer Klopf e n hörte, war ich gerade beim Herumprobieren, wie so oft, wenn das Tagwerk vollbracht ist und mir das Rätsel nicht aus dem Kopf gehen will.« Dormund deutete auf einen Tisch, der Ergil bisher nicht aufgefallen war, weil er genau hinter der Feuerstelle stand. Genau genommen handelte es sich um einen schwarzen Steinwürfel, etwas niedriger und im Durchmesser auch kleiner als das Kohlenbecken. Darauf glitzerten zwei Gegenstände, deren Zweck sich weder dem Jungen noch dem alten Mann erschloss. Sie traten näher an den Block heran. Falgons Augen wurden groß.
»Aber das ist doch…!« Sein Mund blieb offen stehen und er brachte kein Wort mehr hervor.
Der Schmied nickte lächelnd. »In den Liedern der
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