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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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flüsterte ihm etwas zu. Gehorsam trat es unter dem erstarrten Wellenkamm hervor.
    Twikus war zu benommen, um sich der Gefahr bewusst zu sein, die immer noch von den kristallisierten Ischschsch ausgehen mochte. In seinen Ohren summte ein Bienenschwarm. Falgons ernste Stimme drang nur gedämpft hindurch.
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Der Weg zum Südtor ist uns jedenfalls versperrt«, sprach Dormund unwirsch aus, was der Waffenmeister offenbar dachte.
    Allmählich klärte sich Twikus’ Verstand. Er vernahm aufgeregte Stimmen aus den umstehenden Häusern. Hier und da bemerkte er auch schon Lichter hinter den stoffverhangenen Fenstern. In Kürze würden die ersten Köpfe neugieriger Nachbarn erscheinen. Er drehte sich zu der erstarrten Welle um und murmelte: »Vielleicht zerspringt der eingebeulte Damm ja jeden Moment wie vorhin der Panzer, in dem ich gest e ckt hatte.«
    »Dazu sind die Ischschsch hier zu kompakt«, widersprach Falgon. »Einige von ihnen haben sich ganz bewusst geopfert, um uns am Durchkommen zu hindern.«
    Dormund deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Ist euch schon aufgefallen, dass sie die Gasse auf der anderen Seit e geräum t haben?«
    Alle wandten sich um. Es stimmte. Zwischen den sich windenden Fassaden führte ein schlammiger Pfad nach Westen. Die lebendige Flut war verschwunden.
    »Ob sie uns zum Nordtor abdrängen wollen?«, grübelte  Falgon.
     
    »Um uns dem Sindran in die Fänge zu treiben?« Twikus tastete nach seinem Langbogen, der am Sattel hing.
    »Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Der graue Jäger hätte uns schon früher haben können.«
    »Aber was wollen die Ischschsch dann?«
    Dormund, der bis eben B o rkes Hals getätschelt hatte, weil sein Brauner immer noch nervös auf der Stelle tänzelte, hielt unvermittelt inne. »Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.«
    Falgon nickte. »Ja, wir lassen uns auf ihr Spiel ein. Wird sowieso höchste Zeit, dass wir von hi e r verschwinden.«
    Der Weg nach Süden war also versperrt. Auch in den Gassen, die zum Osttor führten, gab es kein Durchkommen. Die Ischschsch ließen sich lieber von Himmelsfeuer in eine leblose, harte, weiße Masse verwandeln, als sich seiner Macht zu beugen. Inzwischen verstopften ihre kristallinen Überreste fünf Straßen der Stadt.
    Hinzu kam eine neue Gefahr. Das Zischen der Ischschsch sorgte zunehmend für Aufregung unter der Einwohnerschaft. Die Angst vor den Formlosen war freilich größer als die Neugierde und bisher hatte niemand gewagt, die Fliehenden aufzuhalten. Aber das konnte sich schnell ändern. Die Gefährten hatten gerade auf einem Platz Halt gemacht, um sich zu beraten, als Twikus lautes Glockengeläut vernahm.
    Dormund strich sich über den Kopf. »Das kommt aus den Quartieren der Stadtwache. Jemand hat Alarm geschlagen. In Kürze wird die Stadt von Soldaten nur so wimmeln.«
    »Von Männern, die alle Wikanders Befehl unterstehen«, knurrte Falgon. Sein bärtiges Gesicht wirkte im Licht der Fackel wie versteinert. »Als hätte man nur auf das Fauchen der Formlosen gewartet. Ich brauche eine schnelle Antwort, mein Freund: Wo würde man eine kleine Gruppe Flüchtiger zuletzt vermuten?«
     
    »Warum fragst du mich danach? Du kennst die Antwort.«
    »Ich hatte gehofft, dir würde ein weniger verzweifelter Plan einfallen.«
    »Was habt ihr vor?«, fragte Twikus.
    »Wir müssen zum Westtor hinaus«, antwortete Falgon.
    »Aber da ist doch nur…«
    »Der tiefste Abgrund von Mirad. Ich weiß. Es gibt allerdings einen schmalen Streifen zwischen der Dinganschlucht und der Mauer. Der Abfall der Stadt und sogar die Leichen von hingerichteten Verbrechern werden dorthin gebracht und unter Zugabe von Schwefel verbrannt. Tag und Nacht liegt ein Übelkeit erregender Geruch über diesem Ort. Gehenna – das is t s e it alters sein Name. Der Rauch wird uns verbergen, wenn wir auf diesem Pfad Fungor umgehen, um in den Großen Alten z u entkommen.«
    Dormund nickte bestätigend. »Selbst die Ischschsch haben uns den Weg zum Westtor bisher nicht versperrt. Alle werden denken, wir wären zum nördlichen Ausgang geflohen. Ich finde, Falgons Idee klingt vernünftig.«
    Von wegen! Da ist etwas faul. Ich kann es riechen,  protestierten Ergils Gedanken.
    Du hast ja nur die Hosen gestrichen voll, gab Twikus zurück, obwohl auch ihm nicht ganz wohl bei der ganzen Sache war.
    Das ist eine Falle!
    Für dich ist doch alles, was nicht wie ein Federbett aussieht, ein Hinterhalt.
    »Was sagt Ergil dazu?«, fragte

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