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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Niemand vermag…«
    »Du kannst es«, unterbrach die Elvin ihn erneut. »Nein, ihr beide könnt es. Denn ihr habt das Gespür, das alles durchdringt, den Sinn für Zeit und Raum. Die Wankelmut ist direkt unter uns. Sie bringt euch auf die andere Seite des Dingangrabens, an die Gestade des Fendenspund. Vergeudet nicht euer Leben. Die Stadtwache wird jeden Augenblick hier sein.«
    Falgon, der den Vorschlag der Elvin gehört hatte, warf ein:
    »Kein Mensch vermag den Rhythmus der tanzenden Steinnadeln zu deuten, aber in euren Adern fließt das Blut eines älteren Geschlechts. Twikus und Ergil, wenn ihr euch zutraut, die Brücke Wankelmut zu überqueren, dann werden wir euch folgen. Im Königreich Yogobo wären wir fürs Erste vor den Nachstellungen eures Oheims sicher.«
    Twikus ging in sich. In solchen Dingen warst du schon immer besser als ich, Ergil. Was meinst du?
    Lass es bleiben.
    Mir wäre auch lieber, i c h könnte einfach ein paar Pfeile abschießen. Aber es sind zu viele Gegner. Sie werden den Oheim und Dormund töten. Willst du das?
    Nein.
    Dann lass uns über die Brücke gehen. Gemeinsam schaffen wir es.
    Das ist nicht sicher.
    Kira glaubt an uns.
    »Twikus! Ergil! Ihr müsst eine Entscheidung treffen«, drängte sich Falgon in das Gewitter aus hin- und herzuckenden Gedankenblitzen.
    »Ihr schafft es«, sagte Schekira, als habe sie Twikus’ letzte  Worte gehört.
    Also gut, lenkte Ergil ein.
    Twikus hob die Hand, die den Lan g bogen hielt, über den  Kopf und schüttelte sie. »Auf zur Brücke Wankelmut!« Ungläubiges Staunen sorgte sowohl bei den Bogenschützen  auf als auch bei den Berittenen unterhalb der Mauer für einen Moment des Zögerns. Die Befehle des Großkönigs – lieber lebend als tot, aber Letzteres sei auch in Ordnung – boten einen gewissen Spielraum, in dem der offenbar geplante Freitod der Gejagten eine schwer einzuordnende Größe darstellte. Bald fiel einigen Hauptleuten der wie mit dem Lineal gezogene Kurs der Fliehenden a u f. Diese Wahnsinnigen hielten auf die Wankelmut zu. Wenn sie über die launische Brücke entkamen, dann würden Köpfe rollen. So weit wollte man es nun doch nicht kommen lassen.
    »Die Stadtwache hat die Verfolgung aufgenommen«, rief  Dormund von hinten.
    »Sie haben mehr Zutrauen in unsere Fähigkeiten als mein Bruder«, erwiderte Twikus, wobei er seine eigenen Zweifel wohlweislich unerwähnt ließ.
    »Gib nicht so an«, kam postwendend die Ermahnung von seiner Schulter.
    »Ohne mein Zureden würden wir immer noch unter der  Maue r stehen.«
    Schekira blieb unerbittlich. »Prahlerei! Konzentriert euch lieber auf die Brücke. Selbst für euch dürfte ihr Schwanken schwer zu durchschauen sein. Ein wenig Licht könnte auch nicht schaden.«
    Während sie im Galopp durch den Unrat der Gehen n a preschten und lediglich um größere Abfallhaufen und schwelende Schwefelbrände Haken schlugen, steckte Twikus seinen Jagdbogen in die Sattelschlaufe zurück und öffnete den gläsernen Gürtel, der sich gleich darauf in ein Schwert verwandelte.
    »Halt!«, schrie Falgon, die Linke hochgestreckt, mit der
    Rechten hart am Zügel seines Rappen zerrend.
    Die Warnung kam gerade noch rechtzeitig für Twikus und Dormund, um ihre Tiere zum Stehen zu bringen, denn der Abhang wurde kurz vor der Schlucht gefährlich steil.
    »Ste i gt ab. Wir müssen die Pferde führen«, sagte der
    Waldläufer.
    Twikus war dankbar für diese unmissverständliche Anweisung. Er ließ sich aus dem Sattel gleiten. Ein Blick zurück zeigte ihm, dass der Vorsprung zu den Verfolgern nicht allzu groß war. Bald würden sie in Schussweite kommen. Eilig näherte er sich, Feuerwinds Zügel wie eine Rettungsleine um die Hand geschlungen, dem Rand der Schlucht. Obwohl ihm große Höhen gewöhnlich nichts ausmachten, schreckte er doch vor der schwarzen Leere zu seinen Füßen zurück.
    »W o is t di e Brücke?«
    Falgon streckte den Arm aus. »Da.«
    Mit leisem Rauschen schwang ein Felsplateau auf sie zu. Twikus stand mit offenem Mund da, weil er nicht fassen konnte, was er sah. Das grüne Strahlen des Schwertes wurde heller, eine Antwort auf se i nen unbewussten Wunsch nach mehr Licht. Im nächsten Moment wünschte er, Zijjajim wäre weniger gefällig gewesen.
    Aus dem schier bodenlosen Abgrund ragte eine Stafette von spitzen steinernen Nadeln empor. Sie glichen gigantischen Schilfrohren, die sich sanft im Wind wiegten. Aber da war kein Wind. Sie bewegten sich auch nicht im Gleichklang, sondern  jede

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