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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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herunterzog. Falgon und Dormund gerieten sich über die nichtigsten Dinge in die Haare. Twikus und Ergil erging es kaum besser,   nur trugen sie ihre Streitgespräche im Stillen aus. Etwas musste geschehen, bevor sie sich alle zerfleischten.
    In dieser finstersten Stunde der Gemeinschaft wurde die Elvenprinzessin zu einem Licht der ganz besonderen Art. Sie begann zu   singen.   Mehr   noch als   sein   Bruder   fragte   sich   Ergil, ob es am Widerhall der Höhlenwände lag, dass ihre reine, hohe Stimme so voll und…   groß   klang. Manchmal, wenn sie auf der Schulter der Prinzen so herzergreifend sang, kam es ihnen vor, als   säßen sie   neben   einem   wunderschö n en Mädchen, das diese Melodien   nur   für   ihre   »Retter«   erklingen   ließ.   Schon   früher, bei der Verabschiedung Schekiras durch ihr Volk im Großen Alten, hatte Ergil Ähnliches empfunden. Vielleicht webten die Waldelven ja tatsächlich eine Kraft in ihre Lieder, d i e   ihre   Winzigkeit ausglich und sie zu einem starken Volk machte.
    Abgesehen von den bezaubernden Klängen bewegten die Floßfahrer   aber   auch   die   Inhalte   der   Lieder.   Nicht   selten begann Schekira eine Geschichte mit Gesang, setzte sie dann aber   erzählend   fort.   Dabei   schöpfte   sie   sowohl   aus   den Märchen ihres Volkes wie auch aus den Überlieferungen der Waldbolde, Wurzelgnome, Sirilim und Menschen. Keiner der drei Männer hatte bisher gewusst, dass die Waldelven über einen so reichen Sagenschatz verfügten. Schekir a s   mal   fröhlicher, mal trauriger Vortrag wirkte ansteckend und auch Falgon   und   Dormund   förderten   bald   Perlen   erfundener   oder  wahrer Geschichten aus dem Muschelhaus ihres Gedächtnisses hervor. Hin und wieder gesellten sich sogar Plitsch und Platsch zum Kreis der Erzähler und steuerten ein paar Lieder und Fabeln   der   Flussgolder   bei.
    Wer kann schon wissen, ob die Gemeinschaft der sechs, die aus vier verschiedenen Geschlechtern Mirads stammten, nicht zerbrochen wäre, wenn die lebensweise Elvin nicht mit ihrer kindlichen Unbekümmertheit ein um die andere Geschichte zu Gehör gebracht oder ihre Gefährten zum Erzählen anstiftet hätte.   So   jedenfalls   erreichten   sie   gestärkter   als   zuvor   nach einer Reise von – wie die Chronistin von Mirad feststellen würde – acht Tagen   d as   Ende   des   Tunnels.  
    Das Floß gewann auf eine fast beängstigende Weise an Fahrt. Die letzte Kerze war im pfeifenden Luftzug längst erloschen und Ergil fehlte der Mut, seinen gläsernen Gurt zu öffnen und ihm die Gestalt eines leuchtenden Schwerts zu geben.   Dem Geräusch nach schossen sie durch eine enge Röhre, die im Vergleich zu der großzügig dimensionierten Wasserstraße der vergangenen Tage nur mehr eine schmale Gasse war. Die Pferde   ließen   sich   kaum   noch   beruhigen.   Hoffentlich   wurde die Decke nicht noch tiefer.
    »Keine   Sorge«,   sagte   Schekira   von   Ergils   Schulter   her.
    »Plitsch und Platsch haben mir versichert, dass alles gut gehen wird.   Ihr   könntet   ein   wenig   nass   werden,   aber   sonst…«
    »Ich sehe Licht!«, rief Dormund und seiner Stimme war anzuhören, welche Än g ste von ihm abfielen.
    »Das   muss   der   Ausgang   sein.   Haltet   euch   fest!«,   mahnte  Falgon die Gefährten.
    Das Floß wurde schneller und das Licht am Ende des Tunnels immer heller.
    »Das gefällt mir nicht«, meldete sich unvermittelt wieder die tiefe Stimme des Waffenmeisters.
    Ergil war es auch schon aufgefallen. »Das Licht ist zu grün.«
    »Un d z u tief.«
    »Weil es unter der Wasseroberfläche liegt«, jammerte  Dormund. Jetzt hatte auch er es bemerkt.
    Plitsch sprang auf den Aussichtsbimsstein am Bug. »Alle mal herhören. Holt noch einmal tief Luft. Wir tauchen jetzt gleich unter.«
    »Wir tun was?«, japste der Schmied.
    »Hat Schekira von Gandim - zafaroth, Tochter des formidablen Dormas, euch nicht gesagt, dass es nass wird?«
    »Ja, schon, aber sie erwähnte mit keinem Wort eine  Unterw asserfahrt.«
    »Das ist dann wohl unsere Schuld. Platsch meinte, wir sollten euch nicht unnötig beunruhigen, da ihr dem nassen Element so distanziert gegenübersteht. Habt keine Sorge, die Krebse halten euch und eure Tiere am Floß fest. Wir wollen ja niemanden verlieren. Geht einfach offen und unvoreingenommen an diese Erfahrung heran. Ihr werdet euer grünes Wunder

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