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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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über die neunte Kammer ein wenig mehr verraten.«
    Tiko sah mit einem Mal verwirrt aus. »Leider habe ich alles gesagt, was ich über das Versteck der Ginkgonadel weiß.«
    Der Mazar und sein General tauschten über den Tisch hinweg einen beredten Blick.
    »Gibt es ein Problem?«, fragte Falgon freiheraus.
    »Mehrere«, antwortete Oramas. »Erstens ist diese Kammer von innen verschlossen und zweitens liegt auf ihr ein Fluch. General Koichi, habt Ihr den genauen Wortlaut noch im Sinn?«
    Der Gefragte nickte. »Er lautet: ›Der Kammer Pforte ist der Tod. Ihm muss sich jeder stellen, ob er sie schließen oder öffnen mag.‹«
    Múria hatte nicht gerade vor Begeisterung gejubelt, als Ergil die Absicht äußerte, sich die neunte Kammer näher anzusehen. Die Herrin der Seeigelwarte war beileibe keine ängstliche Natur, die sich von magischen Bannsprüchen einschüchtern ließ, aber im vorliegenden Fall rechnete sie trotzdem mit unliebsamen Überraschungen. Schon die Vorstellung, eine Schatzkammer von innen verschließen zu lassen und damit das Leben eines Hüters zu opfern, war ihr zuwider. Wer konnte schon wissen, welche Todesfallen das Gemach noch zu bieten hatte?
    »Wir müssen Kaguan und das Schwert finden, und du weißt genauso gut wie ich, dass uns dies ohne die Ginkgonadel kaum gelingen wird«, hatte Ergil ihre eher lahmen Einwände abgewehrt.
    »Du hast vergessen, die Prinzessin zu erwähnen«, fügte Múria ernst hinzu.
    Er wich ihrem prüfenden Blick aus und murmelte: »Ja, natürlich auch die Prinzessin.«
    Inzwischen befand sich die ganze Gruppe auf dem Weg zur Schatzkammer. Tiko hatte die Versorgung seiner Wunden sogar ein weiteres Mal hinausgeschoben. Seine Begründung klang selbstbewusst.
    »Die Ginkgonadel ist der Obhut der Herrscher von Susan nur anvertraut, aber sie gehört den Nachkommen Tarins. Ich bin ihr rechtmäßiger Erbe. Deshalb möchte ich auch dabei sein, wenn die neunte Kammer geöffnet wird.«
    Koichi und sein Adjutant führten die Prozession an, um den hinter ihnen gehenden Mazar – wovor auch immer – zu schützen. Es folgte die Gemeinschaft des Lichts, an der Spitze Ergil und Múria. Sechs oder sieben Leibgardisten bildeten die Nachhut. Die Wendeltreppe schien sich ewig in die Tiefen des Alten Palastes zu schrauben.
    Als man ihr Ende schließlich doch erreichte, durchsuchten die Wächter zunächst das ganze Gewölbe. Unterdessen gab der General einige ergänzende Einblicke in das Grauen, das sich vor wenigen Stunden im Vorraum zur Kammer der Kronjuwelen abgespielt hatte. Die Leichen der Hüter waren mittlerweile abtransportiert worden, aber die Blutflecke am Boden noch nicht ganz getrocknet.
    Nachdem die Gewölbe für sicher erklärt worden war, zogen sich die Soldaten zurück. Der General führte die Besucher in einen von Fackeln erleuchteten Gang, den der Begründer der susanischen Herrscherdynastie in weiser Voraussicht auf die künftigen Reichtümer seines Geschlechts tief in den Fels hatte graben lassen. Links und rechts gewahrte Ergil eisenbeschlagene Türen. Bald wurde die Beschaffenheit der Wände grober und er kam sich vor wie in einem Bergwerksstollen. Nach etwa zweihundert Schritten erreichten sie die letzte Fackel. Hauptmann Masake nahm sie aus der Halterung. Ergil meinte, sie hätten ihr Ziel erreicht, aber Koichi klärte das Missverständnis auf.
    »Hier beginnt der uralte Teil der Schatzkammer, der nie erneuert wurde.« Er deutete in das Dunkel, das jenseits des Fackelscheins lag.
    Nach ungefähr fünfzig Schritten blieb der General abermals stehen, wandte sich nach rechts und sagte mit ehrfurchtsvoll gedämpfter Stimme: »Und hier seht Ihr die Pforte zur neunten Kammer.«
    Zunächst einmal erkannte Ergil gar nichts. Im flackernden Licht schien die Tunnelwand so massiv wie überall. Erst als er ganz dicht an den Fels herantrat, entdeckte er eine haarfeine Fuge.
    »Die Tür ist aus Stein«, staunte er.
    An seiner Seite stand Oramas und nickte. »Sie aufzubrechen würde uns mindestens einen Tag kosten. Die Zeit, die wir bräuchten, um ein paar Freiwillige für diese Arbeit zu finden, nicht eingerechnet – niemand möchte sich gerne dem Tod stellen.«
    »Ihr spielt auf den Fluch an?«, fragte Ergil. »Ich hatte den Eindruck, er sei nicht allgemein bekannt.«
    »Ist er auch nicht. Jedenfalls nicht in allen Einzelheiten. Aber um diese alten Gelasse ranken sich vielerlei Sagen. Die meisten sind hinreichend schauerlich, um sogar ausgesprochen gierige Diebe fern zu

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