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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Töten abgerichtet. Dennoch war Múria jedes Blutvergießen zuwider.
    Außerdem mochte sie die Zuversicht ihres Liebsten im Hinblick auf die eingeschränkte Kampftüchtigkeit des Grondvolks nicht teilen. Schekira hatte gesagt, die Ungeraden tauchten überall aus dem Boden auf. Womöglich würden die Gegner bald in hunderten oder sogar tausenden zu zählen sein. Konnte der klägliche Rest der Gemeinschaft des Lichts tatsächlich eine ganze Armee vom Einfall in die Klamm abhalten?
    In ihrem Geist wälzte Múria einen Plan, der ihr Angst machte, doch sie sah keinen anderen Ausweg. Die Waggs achteten weder ihr eigenes Leben noch dasjenige anderer. Deshalb musste sie, die gelehrige Schülerin der Sirilim, wagen, was wohl nie zuvor ein Mensch versucht hatte. Wenn sie es schaffte, konnte sie gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie würde sowohl dem Blutvergießen ein Ende bereiten als auch die Verfolgung der Jungen für längere Zeit unmöglich machen. Die Sache hatte nur einen Nachteil.
    Anschließend wäre sie mit ihren Gefährten auf dem Kitora gefangen.

 
    27
     
    WANDERER IN DER DUNKELHEIT
     
     
     
    Ergil plagten Gewissensbisse. Während er mit Popi den Berghang erklomm, bekannte er sich in vier Anklagepunkten schuldig. Erstens hatte er seine Freunde hintergangen, sie einfach im Stich gelassen, indem er ohne ein Wort davongeschlichen war. Zweitens hatte er ungefragt Tikos Ginkgonadel mitgenommen. Um die ging es auch in Anklage Nummer drei: Seine an Popi ausgesprochene Einladung zu einer Kletterpartie auf der Himmelsleiter des Kitoras konnte den Kleinen das Leben kosten. Dabei war sie nur ein aus Selbstsucht geborener Vorwand gewesen. Durch wessen Adern Sirilimblut floss, dem fügte schon die Nähe der Kristallnadel Qualen zu. Je länger aber der Knappe sie trug, desto später musste der große Held sich ihrer beißenden Kälte aussetzen. Jämmerlich!, dachte Ergil und rief sich die Nummer vier in den Sinn: Er mutete dem kleinen Kerl obendrein auch noch zu, den schweren Messingkompass zu schleppen. War er zu bereitwillig auf Popis Bitte eingegangen, ihm diese Aufgabe nicht zu entziehen, da er so zur Schonung der Kräfte des Königs und damit zum Gelingen des ganzen Unternehmens beitragen könne?
    Erstaunlicherweise war der Bauernjunge aus Elderland sehr zäh. Ohne einen Mucks stapfte er mit dem Öltuchbündel hinter seinem Herrn her. Ergils Ausrüstung war dagegen vergleichsweise leicht. Er trug seinen warmen Mantel und eine Pelzmütze. Außerdem gehörten Proviant und zwei gefüllte Wasserschläuche, beides in einem Rucksack verpackt, zu seinem Marschgepäck. Und natürlich hatte er Pfeil und Bogen mitgenommen, um keinen Ärger mit seinem Bruder zu bekommen. Für die Beleuchtung des Weges benutzte er ein kleines mit Glut gefülltes Tongefäß, das an einer Kette hing, die gerade lang genug war, um das durch Löcher sickernde Licht seine Beine umspielen zu lassen. Er hätte auch sein Himmelsfeuer entfachen können, hielt die Methode nach reiflicher Überlegung an diesem speziellen Ort dann aber doch für zu riskant.
    Der Boden unter seinen Sohlen war hart. Selten stießen die Füße gegen Steinchen und so gut wie nie knirschte unter ihnen Sand. Weil der schmale Pfad zunehmend steiler wurde, mussten die beiden Wanderer ständig auf der Hut sein, um nicht abzurutschen. Mit einem Mal rissen die Wolken auf und die Sicht wurde besser. Die zwei tasteten sich gerade auf einem schmalen Grat an einer fast senkrechten Felswand voran. Zu ihrer Linken war nichts außer einer unauslotbaren Tiefe. Popi pfiff durch die Zähne.
    Ergil drehte sich zu ihm um. Weil er das dringende Bedürfnis verspürte, etwas von seiner Schuld abzutragen, sagte er: »Zum Glück sind wir beide schwindelfrei, was?«
    »In dem Fall würde ich das eher Pech nennen«, antwortete der Schildknappe verhalten.
    »Ich nehme es dir nicht übel, wenn du lieber kehrtmachen möchtest, Popi.«
    »Mit Verlaub, mein König, aber das werde ich mitnichten tun.«
    »Fang bitte nicht wieder mit diesem gedrechselten Gerede an. Wir sind Freunde.« Ergil versuchte energisch zu klingen, was angesichts des auf ein Raunen beschränkten Wortwechsels nicht ganz einfach war.
    »Du bist mein Herr.«
    »Aber hoffentlich ein gut befreundeter Herr.«
    »Ja. Und diese Ehre schätze ich, Ergil. Deshalb werde ich dich und deinen Bruder auch nicht im Stich lassen.«
    »Du hast Nisrah vergessen.«
    »Nichts für ungut, aber mit dem Netzling fühle ich mich weniger

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