Mirad 02 - Der König im König
dem Sprung.
Hält sie uns für Stümper?, beschwerte sich Twikus in Gedanken. Er klang überdreht.
Das letzte Mal haben wir einen ganzen Schneehügel mitgeschleppt, erinnerte ihn Ergil.
Ohne den Matsch wären wir geröstet worden.
Ja, ja. Und du hast das alles vorhergesehen. – Nisrah, kann’s losgehen?
Schwafelt ihr noch lang, wird mir angst und bang, kicherte der Netzling.
Aus dem Bewusstsein der vier entstand schnell ein festes Tau, das sich unter Twikus’ Führung über dem Fluss entrollte. Rasend schnell folgten sie dem Lauf des Bans bis zu seiner Mündung im Nimmermeer.
Du bist übers Ziel hinausgeschossen, beschwerte sich Ergil.
Ich wollte mir nur einen Überblick verschaffen. Warte einen Moment…
Der suchende Geist des jungen Königs wanderte einige Meilen zurück. Einem Vogel gleich schwebte er über anmutig geschwungene, bunt glasierte Ziegeldächer hinweg, ließ die Palastgärten mit den mächtigen Prunkbauten hinter sich und gelangte schließlich in das Viertel im Südwesten Silmaos, das Dormund ihnen genau beschrieben hatte. Der Landeplatz lag nur einen guten Steinwurf vom südlichen Flussufer entfernt.
Da ist das Geviert!, meldete Twikus. Kannst du den Rauch sehen, der da ein Stückchen weiter unten aufsteigt?
Ja. Ungefähr dort müssten wir die Bartarin finden, antwortete Ergil.
Das sieht mir aber nicht nach einem normalen Schmiedefeuer aus.
Du machst mir Angst, Twikus.
Dann lass uns springen, bevor dir die Knie weich werden.
Der Kesselflicker Takamo, der mit seiner fahrbaren Werkstatt am Rande des viereckigen Platzes stand, ließ vor Schreck den eben reparierten Topf fallen, als vor seinen Augen fünf schneeweiße Hirsche auf einer Art Holzfloß erschienen. Die Tiere waren gesattelt. Auf ihren Rücken saßen Reiter: vier Männer und eine Frau. Takamo fand seine Entdeckung aufregend genug, um in Ohnmacht zu fallen.
Twikus ließ seinen Blick über den gepflasterten Platz schweifen. Die Morgensonne warf ein schmeichelndes Licht auf die rissigen Fassaden der alten Häuser. Unweit bemerkte er einen Karren voller Töpfe und Pfannen, neben dem ein offenbar bewusstloser Mann fortgeschrittenen Alters lag. Dahinter stand eine Menschentraube. Die meisten Bewohner Silmaos hatten glattes schwarzes Haar, mandelförmige Augen und bronzefarbene Haut. Einige Personen zeigten mit ausgestreckten Armen aufgeregt zu ihnen herüber.
»Die Schmiede liegt in dieser Richtung«, sagte Dormund und deutete auf eine Gasse, in der hektisches Treiben herrschte. Unzählige Leute rannten vor ihnen davon…
Nein, berichtigte sich Twikus. Diese Menschen flohen nicht vor den Fremden, sondern sie liefen aufgeregt zu jener Stelle, die er und Ergil schon zuvor mit der Alten Gabe gesehen hatten. Von dort stieg über den blau glasierten Ziegeldächern schwarzer Rauch auf.
»Das gefällt mir nicht«, brummte Falgon.
Múria warf ihm einen Seitenblick zu, bevor sie Dormund fragte: »Kannst du sagen, ob der Qualm von der Waffenschmiede kommt?«
»Nicht mit Sicherheit. Aber möglich wäre es.«
Falgon zog seinen Eisenholzspeer aus der Sattelhalterung. »Warum stehen wir dann noch hier rum?«
Er spornte sein Krodibo so ungestüm an, dass es mit einem großen Satz von den Decksplanken sprang, die Twikus und Ergil sicherheitshalber mitgenommen hatten, um nicht versehentlich irgendwelche Körperteile zurückzulassen. Die anderen Gefährten folgten dem Waffenmeister dichtauf.
»Kira, flieg bitte voraus und erkunde die Lage«, rief Twikus dem Eisvogel auf Schneewolkes Geweih zu.
»Bin schon unterwegs«, antwortete die Elvin und schwirrte davon.
Falgon und Dormund preschten voran. Um die Menschenansammlung in der Gasse zum Ausweichen zu bewegen, stießen sie ein heulendes Geschrei aus. Köpfe flogen herum. Viele bemerkten die gehörnten Tiere und ihre bleichgesichtigen Reiter erst jetzt. Nicht wenige glaubten an eine Heimsuchung böser Geister und rannten kreischend fort. Andere blieben starr vor Schreck stehen und gaben den Krodibos dadurch Gelegenheit, ihre unglaubliche Wendigkeit unter Beweis zu stellen.
Angstvolle Gesichter rauschten an Twikus vorüber. Binnen kurzem hatten sie die schmale Gasse durchquert und bogen nach rechts ab, direkt auf die Rauchsäule zu.
Susans berühmteste Waffenschmiede befand sich in einer breiten Straße. An ihrem Ende konnte man den Fluss sehen. Der schwarze Qualm stieg vom letzten Grundstück auf der linken Seite auf. Dormund drehte sich im Sattel um.
»Die Schmiede
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